Das Arbeitsrecht gilt grundsätzlich auch in Zeiten der Krise. Viele Gesetze enthalten bereits Ausnahmen für Notsituationen. Das gilt auch für das Arbeitszeitgesetz (Arbeitszeitgesetz vom 6. Juni 1994 (BGBl. I S. 1170, 1171), das zuletzt durch Artikel 8 u. Artikel 11 Absatz 2 Satz 2 des Gesetzes vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 575) geändert worden ist).
Ausnahmen bestätigen die Regel, auch im Arbeitszeitrecht
Grundsätzlich dürfen Arbeitnehmer täglich nur acht Stunden arbeiten. Sie dürfen ausnahmsweise bis zu zehn Stunden am Tag tätig sein, wenn sie innerhalb eines halben Jahres im Schnitt nicht mehr als acht Stunden am Tag arbeiten. Zwischen zwei Arbeitsschichten muss es eine Ruhezeit von mindestens elf Stunden geben.
An Sonn- und Feiertagen dürfen Arbeitnehmer nicht beschäftigt werden. Das gilt nur dann nicht, wenn es wichtige Arbeiten gibt, die nicht an Werktagen vorgenommen werden können. Das betrifft eine Reihe von Tätigkeiten etwa in Krankenhäusern, bei Rettungsdiensten aber auch beim Rundfunk, in Verkehrsbetrieben, bei Produktionsarbeiten, die nicht unterbrochen werden können usw. (§ 10 Arbeitszeitgesetz).
Einige Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes können auch durch einen Tarifvertrag oder in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung geändert werden (§ 7 ArbZG).
In außergewöhnlichen Fällen kann vom Arbeitszeitgesetz zu Lasten der Beschäftigten abgewichen werden
Es gibt im Gesetz auch eine Vorschrift, die „außergewöhnliche Fälle“ berücksichtigt (§ 14 ArbZG). Das sind Fälle, die unabhängig vom Willen der Betroffenen eintreten und deren Folgen nicht auf andere Weise zu beseitigen sind, besonders wenn Rohstoffe oder Lebensmittel zu verderben oder Arbeitsergebnisse zu misslingen drohen. Aber auch in diesen Fällen darf die Arbeitszeit 48 Stunden wöchentlich im Durchschnitt von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen nicht überschreiten.
Mit dem am 27.März 2020 beschlossenen Sozialschutz-Paket (Gesetz für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung und zum Einsatzund zur Absicherung sozialer Dienstleister aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2(Sozialschutz-Paket)vom 27. März 2020, BGBl. 2020 Teil I Nr. 1, S. 575) hat der Gesetzgeber einen Absatz in § 14 ArbZG eingeführt, mit dem das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) in außergewöhnlichen Notfällen mit bundesweiten Auswirkungen für Tätigkeiten der Arbeitnehmer Ausnahmen zulassen kann. Der Bundesrat braucht der Verordnung nicht zustimmen (Art. 80 Abs. 2 GG). Die Vorschrift soll am 1. Januar 2021 wieder außer Kraft treten.
Für systemrelevante Berufe kann das BMAS jetzt befristet durch einfache Verordnung das Arbeitszeitgesetz aussetzen
Das Gesetz nimmt dabei ausdrücklich Bezug auf epidemische Lagen von nationaler Tragweite nach § 5 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes ( Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG, vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 27.März 2020 (BGBl. I S. 587) geändert worden ist") . Die Corona-Pandemie ist also offensichtlich aus Sicht der Bundesregierung nicht nur ein außergewöhnlicher Fall, sondern so bedrohlich, dass im Grunde ein ganzes Schutzgesetz durch eine einfache Rechtsverordnung vorübergehend für eine große Zahl von Beschäftigten außer Kraft gesetzt werden kann.
Nach der Gesetzesbegründung soll die Regelung soll dazu beitragen, im Notfall sicherzustellen, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, das Gesundheitswesen und die pflegerischen Versorgung, die Daseinsvorsorge oder die Versorgung der Bevölkerung mit existentiellen Gütern aufrecht erhalten bleibt.
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Rechtliche Grundlagen
Außergewöhnliche Fälle
(1) Von den §§ 3 bis 5, 6 Abs. 2, §§ 7, 9 bis 11 darf abgewichen werden bei vorübergehenden Arbeiten in Notfällen und in außergewöhnlichen Fällen, die unabhängig vom Willen der Betroffenen eintreten und deren Folgen nicht auf andere Weise zu beseitigen sind, besonders wenn Rohstoffe oder Lebensmittel zu verderben oder Arbeitsergebnisse zu misslingen drohen.
(2) Von den §§ 3 bis 5, 6 Abs. 2, §§ 7, 11 Abs. 1 bis 3 und § 12 darf ferner abgewichen werden,
1. wenn eine verhältnismäßig geringe Zahl von Arbeitnehmern vorübergehend mit Arbeiten beschäftigt wird, deren Nichterledigung das Ergebnis der Arbeiten gefährden oder einen unverhältnismäßigen Schaden zur Folge haben würden,
2. bei Forschung und Lehre, bei unaufschiebbaren Vor- und Abschlussarbeiten sowie bei unaufschiebbaren Arbeiten zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen oder zur Behandlung und Pflege von Tieren an einzelnen Tagen,
wenn dem Arbeitgeber andere Vorkehrungen nicht zugemutet werden können.
(3) Wird von den Befugnissen nach Absatz 1 oder 2 Gebrauch gemacht, darf die Arbeitszeit 48 Stunden wöchentlich im Durchschnitt von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen nicht überschreiten.
(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit ohne Zustimmung des Bundesrates in außergewöhnlichen Notfällen mit bundesweiten Auswirkungen, insbesondere in epidemischen Lagen von nationaler Tragweite nach § 5 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes, für Tätigkeiten der Arbeitnehmer für einen befristeten Zeitraum Ausnahmen zulassen, die über die in diesem Gesetz und in den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen sowie in Tarifverträgen vorgesehenen Ausnahmen hinausgehen. Diese Tätigkeiten müssen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, des Gesundheitswesens und der pflegerischen Versorgung, der Daseinsvorsorge oder zur Versorgung der Bevölkerung mit existenziellen Gütern notwendig sein. In der Rechtsverordnung sind die notwendigen Bedingungen zum Schutz der in Satz 1 genannten Arbeitnehmer zu bestimmen.