Die Stühle der Beklagtenseite blieben im Termin leer. Für das Dienstleistungsunternehmen Besselmann erschien niemand.
Die Stühle der Beklagtenseite blieben im Termin leer. Für das Dienstleistungsunternehmen Besselmann erschien niemand.


Ein solches Versäumnisurteil spricht dem Kläger die Vergütung wie beantragt zu. Das ist natürlich auch ein Erfolg. Allerdings ist Inhalt der Entscheidung nur, dass zu zahlen ist, weil die Gegenseite säumig war, also nicht im Termin anwesend. Das Gericht setzt sich nicht rechtlich damit auseinander, ob und warum der Anspruch auf Vergütung für Umkleide- und Wegezeiten besteht.
 
Damit fehlt es weiterhin an einer grundsätzlichen Entscheidung, auf die sich andere betroffene Arbeitnehmer*innen sich berufen könnten. 
 

Grundsätzliche Entscheidung über Vergütungsanspruch verhindert

 
Zwar ist noch ein Einspruch der Arbeitgeberseite gegen das Versäumnisurteil möglich. Dann würde das Verfahren beim Arbeitsgericht fortgeführt. Damit ist aber nicht zu rechnen. Denn der Prozessbevollmächtigte der Fa. Besselmann teilte einige Tage vor dem Termin mit, er werde nicht auftreten und die Klägerseite möge ein Versäumnisurteil beantragen.
 
Auch eine Möglichkeit, ein Grundsatzurteil zu verhindern! Etwas anderes lässt sich hier nicht vermuten. Denn mit dem Versäumnisurteil erhält der Kläger Vergütung für arbeitstäglich 26 Minuten. Das Gericht hatte erkennen lassen, dass es mangels anderer Möglichkeiten schätzen und von 20 Minuten pro Arbeitstag ausgehen würde. Warum also sollte hier Geld verschenkt werden, wenn nicht aus dem Grund, dass es andernfalls noch viel teurer werden würde?
 
Die Fa. Besselmann hatte lange Zeit davon gesprochen, auch an einer Lösung für die Zukunft interessiert zu sein. Davon wollte sie dann aber nichts mehr wissen und zog sich zunächst aus der Affäre, indem sie die geringe Klagesumme bezahlte. Dabei ging es nur um Zeiträume aus dem Jahr 2014. Weiter ging es im Rechtsstreit dann mit den Vergütungsansprüchen ab 2015, die das Gericht jetzt durch Versäumnisurteil zugesprochen hat.
 

Klarstellung zu einem Zeitungsbericht 

 
In einem Artikel der regionalen Presse in Ostwestfalen ist folgendes zu lesen:

Nicht richtig ist dem Tönnies-Sprecher zufolge auch der vom DGB-Vertreter geschilderte Sachverhalt, das Unternehmen habe einem Gutachter in einer juristischen Auseinandersetzung um die Anerkennung von Umkleidezeit als Arbeitszeit den Zugang zum Betrieb verweigert. Vielstädte: „Das Gericht hat entschieden, dass ein Gutachten nicht zu erstellen war.“


Zeitungsartikel: Tönnies weist Caritas-Kritik zurück

Ein klares Nein unsererseits zu dieser Art der Darstellung! Das Gericht hatte einen Sachverständigen bestellt, um die Dauer der Umkleide- und Wegezeiten im Einsatzbetrieb Tönnies zu ermitteln. Da das Unternehmen seine Verpflichtung, einen solchen Sachverständigen in den Betrieb zu lassen, in Frage stellte, gab es eine gerichtliche Entscheidung dazu. Diese lautete: Die Fa. Tönnies ist nicht verpflichtet, den vom Gericht bestellten Gutachter in den Betrieb zu lassen. Das ist nun doch etwas anderes, als eine Entscheidung, dass ein Gutachten nicht zu erstellen ist.  
 
Wir hoffen, dass sich weiterhin gewerkschaftlich organisierte Betroffene finden, so dass wir diesen Kampf für sie und für alle betroffenen Arbeitnehmer*innen weiterführen können.


Links:

Lesen Sie die ganze Geschichte:


Tönnis blockiert Rechtsstreit wegen Wege- und Umkleidezeiten

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