Wann zahlt die Deutsche Krankenkasse eine Krankenbehandlung im Ausland?
Wann zahlt die Deutsche Krankenkasse eine Krankenbehandlung im Ausland?


Im Oktober 2014 war bei dem 51-jährigen, krankenversichert bei der AOK, in Deutschland eine Tumorerkrankung festgestellt worden. Er unterrichtete seine Krankenkasse, diese Erkrankung in seinem Geburtsland Türkei behandeln lassen zu wollen. Obwohl ihm die AOK mitteilte, dass die dafür entstehenden Kosten nicht übernommen würden, ließ der Versicherte kurze Zeit später wie geplant den Eingriff in der Türkei vornehmen.
 

Widerspruch und Klage mit dem gewerkschaftlichen Rechtsschutz

 
Seinen Antrag auf Übernahme der Behandlungskosten in Höhe von zirka 20.000,- Euro lehnte die AOK ab. Mit einem weiteren Bescheid verweigerte die Krankenkasse auch die Übernahme der vom Versicherten verauslagten Kosten für die ebenfalls in der Türkei durchgeführte Nachbehandlung.
 
Das Widerspruchsverfahren blieb erfolglos. Mit Rechtsschutz seiner Gewerkschaft IG Metall klagte er mit Hilfe des Dortmunder Büros der DGB Rechtsschutz GmbH gegen die Ablehnung.
 

Wann zahlt die Krankenkasse Behandlungen in der Türkei?

 
Ohne Erfolg!
Das Sozialgericht (SG) Dortmund betonte, dass Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung als Sachleistungen und deshalb grundsätzlich im Inland erbracht werden. Eine Ausnahme hiervon regelt Artikel 12 Absatz 1b) des Deutsch-Türkischen-Abkommens über Soziale Sicherheit. Danach besteht ein Leistungsgrund für sofort notwendige Sachleistung, also notwendige Behandlung, wenn der Versicherungsfall, also die Erkrankung, während eines vorübergehenden Aufenthaltes in der Türkei eintritt.
 

Sozialgericht Dortmund weist die Klage ab

 
Diese Voraussetzung lag aber nicht vor. Die Erkrankung des IG Metallers war nicht während eines Türkeiaufenthaltes eingetreten, sondern in Deutschland festgestellt worden. Der Versicherte hatte sich erst daraufhin zur Tumorentfernung und später zur Nachbehandlung extra in die Türkei begeben. Eine besondere Dringlichkeit für die Auslandsbehandlung vermochten die Sozialrichter auch nicht zu erkennen. Schließlich wäre eine Behandlung in Deutschland auch ohne weiteres möglich gewesen.
 
Der Versicherte ist an den Folgen seiner Erkrankung verstorben und hat das abweisende Urteil nicht mehr erlebt.
 
 
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Das Urteil vom Sozialgericht Dortmund kann hier im Volltext nachgelesen werden.


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Urteil-Krankenkassenleistungen

Rechtliche Grundlagen

§ 13 SGB V Abs. 4 und von Artikel 12 I b Deutsch-Türkischen-Abkommens über Soziale Sicherheit

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung

§ 13 Kostenerstattung

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

Artikel 12 Deutsch‐türkisches Abkommen über die soziale Sicherheit

(1) Artikel 4a gilt für eine Person,
b) bei der Versicherungsfall während des vorüber gehenden Aufenthalts im Gebiet
der anderen Vertragsparteien eingetreten ist, nur, wenn sie wegen ihres Zustandes sofort Leistungen benötigt, (…)