Jobcenter verlangt Autokauf und mindert die Leistungen per Sanktion
Jobcenter verlangt Autokauf und mindert die Leistungen per Sanktion

Eine abenteuerliche Begründung hatte das Jobcenter Hagen für seinen Minderungsbescheid. Mit diesem hatte es gegen einen 36-jährigen Leistungsempfänger eine 30%ige Leistungskürzung für drei Monate verhängt. Der Arbeitslose konnte eine ihm angebotene Tätigkeit nicht annehmen, weil er kein Auto hatte. Das war jedoch für die Stelle im Sicherheitsdienst mit wechselnden Einsatzorten zwingend erforderlich.

Das Sicherheitsunternehmen wollte auf die Dienste des Arbeitslosen nicht verzichten und erklärte sich bereit, ihm ein Auto zu besorgen. Der Haken an der Sache: Der Hartz IV- Empfänger hätte den Kaufpreis dafür zahlen und in Raten abstottern müssen.

Leistungskürzung nach Ablehnung des Jobs

Der Arbeitslose lehnte dankend ab. Völlig ungeklärt waren nämlich unter anderem die Kosten, die damit auf ihn zukamen und die er bei dem angebotenen, ohnehin nicht üppigen Stundenlohn von 9,35 Euro sicherlich auch nicht hätte tragen können.

Das Jobcenter Hagen fackelte nicht lange und verhängte für drei Monate eine 30%ige Leistungskürzung. Begründung: Der Arbeitslose habe eine ihm angebotene zumutbare Stelle abgelehnt. Deshalb sei der Regelbedarf nach § 20 SGB II zu mindern.

Klage vor dem Sozialgericht mit Hilfe des DGB Rechtsschutzes

Mit Rechtsschutz seiner Gewerkschaft Ver.di bekam er Hilfe von Rechtsschutzsekretär Martin Kühtz vom Hagener Büro der DGB Rechtsschutz GmbH. Da das Widerspruchsverfahren erfolglos geblieben war, erhob Kühtz Klage beim Sozialgericht (SG) Dortmund.

Immer noch verblieb das Hagener Jobcenter hartnäckig bei seiner Meinung: Immerhin habe doch das Sicherheitsunternehmen den Autokauf schon vorfinanziert und einen Pkw besorgt. Der Arbeitslose hätte nur noch das Darlehn von seinem Lohn zurückzahlen müssen. Und das sei ihm ja wohl zumutbar gewesen!

Anerkenntnis vor dem Sozialgericht

Für diese Begründung hat Rechtsschutzsekretär Kühtz kein Verständnis: “Das Jobcenter vermittelt Menschen in Arbeit, damit sie ihren Lebensunterhalt selbst sicherstellen, und nicht, damit sie Kredite abtragen können.“

Das Sozialgericht Dortmund konnte er überzeugen. Auch die Richter hielten die Stellenabsage des Hartz IV-Empfängers nicht für sanktionswürdig. Auf ihren Rat hin gab das Jobcenter Hagen ein Anerkenntnis ab und hob den Minderungsbescheid auf. Der Arbeitslose erhielt die Gelddifferenz als Nachzahlung.

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Das sagen wir dazu:

 

Rechtsschutzsekretär Martin Kühtz: “Das Jobcenter vermittelt Menschen in Arbeit, damit sie ihren Lebensunterhalt selbst sicherstellen, und nicht, damit sie Kredite abtragen können.“