Ein Arbeitnehmer darf das Arbeitsverhältnis nicht allein deshalb fristlos kündigen, weil er seine Urlaubsabgeltung nach langer Krankheit retten will. Copyright by ake1150/fotolia.
Ein Arbeitnehmer darf das Arbeitsverhältnis nicht allein deshalb fristlos kündigen, weil er seine Urlaubsabgeltung nach langer Krankheit retten will. Copyright by ake1150/fotolia.

Wenn ein Arbeitnehmer die ordentliche Kündigung nicht spätestens zu Ende März ausgesprochen hat, erlischt der Anspruch auf Auszahlung des Urlaubs für die Vorjahre. Eine fristlose Kündigung ist nicht nur deshalb möglich, um den Verfall zu verhindern.
 

Frist zur ordentlichen Eigenkündigung versäumt

Ein ehemaliger Beschäftigter eines Gartenbauunternehmens hatte auf Urlaubsabgeltung geklagt. Er war seit September 2015 durchgehend arbeitsunfähig und kündigte das Arbeitsverhältnis am 15. März 2018 fristlos. Seine ehemalige Arbeitgeberin bestand auf Einhaltung der ordentlichen tariflichen Kündigungsfrist. Dies wäre der 15. April 2018.
 
Die Arbeitgeberin zahlte daher den Urlaub für das Jahr 2017 und anteilig für 2018 aus, nicht jedoch den Urlaub für 2016. Dieser sei verfallen. Daraufhin klagte der Arbeitnehmer auf Vergütung des Urlaubs.
 
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Übertragung von Urlaubsansprüchen) verfällt der Urlaub bei dauerhafter Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers spätestens nach 15 Monaten. Damit verfällt der Anspruch für das Jahr 2016 am 31. März 2018. Ein Anspruch auf Auszahlung besteht nur, wenn das Arbeitsverhältnis vor diesem Tag beendet ist.
 
Da die ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis erst zum 15. April beenden würde, wäre der Anspruch schon erloschen und könnte nicht mehr abgegolten werden. Dies wäre nur möglich, wenn das Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung beendet wäre.
 

Arbeitsgericht verneint wichtigen Grund

Für eine fristlose Kündigung braucht aber auch der Arbeitnehmer einen wichtigen Grund. Das heißt, es dürfte ihm nicht zuzumuten sein, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzuführen.
 
Einen solchen wichtigen Grund sah das Arbeitsgericht Siegburg im vorliegenden Fall jedoch nicht: Der Kläger habe kein überwiegendes Interesse an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Auch wenn er ein anerkennenswertes finanzielles Interesse habe, weil sonst die Urlaubsabgeltung für das Jahr 2016 erloschen sei.
 
Allerdings habe es der Kläger selbst in der Hand gehabt, das Arbeitsverhältnis fristgerecht zu beenden und so seinen Abgeltungsanspruch zu retten. Das Versäumnis liege also auf Seiten des Klägers, was nicht zu Lasten der Beklagten gehen könne.
 
Der Kläger hat noch die Möglichkeit, gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln einzulegen.

Pressemitteilung des Arbeitsgericht Siegburg
 

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Das sagen wir dazu:

„Selbst Schuld“ – so kann man das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg zusammenfassen. Und so ganz unrecht haben die Richterinnen und Richter dabei nicht, denn tatsächlich hätte der Kläger problemlos ordentlich kündigen können. Dies hat er versäumt.

Rechtzeitig kündigen

Zu Recht liegen die Maßstäbe an einen wichtigen Grund, der eine fristlose Kündigung rechtfertigt, sehr hoch. Denn das Arbeitsverhältnis wird sofort beendet. Wer fristlose kündigt, egal ob Arbeitgeber oder Arbeitnehmer, der ist der Meinung, es sei ihm nicht zuzumuten, das Arbeitsverhältnis auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist weiterzuführen.

Das Arbeitsgericht lässt richtigerweise nicht jedes finanzielle Interesse genügen. Auch wenn dies im Fall für den Arbeitnehmer ungünstig ist, die Hürden gelten für beide Seiten. Von daher schützt eine enge Auslegung des Begriffs „wichtiger Grund“ auch die Arbeitnehmer.

Für Betroffene heißt das: Sie sollten sich frühzeitig qualifizierten Rechtsrat einholen, um teure Fristversäumnisse zu vermeiden. Für Mitglieder der DGB Gewerkschaften ist diese Rechtsberatung im Mitgliedsbeitrag enthalten.

Rechtliche Grundlagen

§ 626 Abs. 1 BGB

Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.