Der Sturm auf das Kapitol in Washington kann für die Beteiligten auch arbeitsrechtliche Konsequenzen haben. Copyright by Adobe Stock/ Andrea Izzotti
Der Sturm auf das Kapitol in Washington kann für die Beteiligten auch arbeitsrechtliche Konsequenzen haben. Copyright by Adobe Stock/ Andrea Izzotti

Die Bilder gingen um die Welt: Aufgestachelt vom abgewählten Präsidenten Donald Trump, dringt ein bunter Haufen getreuer Anhänger ins Kapitol ein, während dort dessen Niederlage auch formell besiegelt werden soll. Neben dem allgegenwärtigen Büffelmann lassen sich immer mehr Teilnehmer konkret individualisieren  - und zur Verantwortung ziehen.
 

Mit Firmenausweis auf der Barrikade

So erkannte ein Direktmarketing-Unternehmen aus dem Bundesstaat Maryland seinen Mitarbeiter auf den Bildern unter anderem daran, dass er während der Erstürmung seinen Firmenausweis gut sichtbar um den Hals trug. Das Unternehmen reagierte prompt und sprach eine fristlose Kündigung aus.
 
Das Unternehmen begründete seinen Schritt damit, der Beschäftigte habe durch sein schädliches Verhalten die Gesundheit und Sicherheit anderer gefährdet und könne deshalb nicht mehr beschäftigt werden. Im Übrigen unterstütze man aber das Recht aller Mitarbeitenden auf die friedliche und rechtmäßige Ausübung der freien Meinungsäußerung.
 
Unabhängig davon, ob man diese Begründung letztlich als überzeugend erachtet, dürfte der Arbeitgeber auch in Deutschland gute Chancen haben, die fristlose Kündigung vor Gericht verteidigen zu können.
 

Kündigung berechtigt, wenn Arbeitnehmer den Ruf des Unternehmens schädigt

Dabei kann der Arbeitgeber eine Kündigung nur ausnahmsweise mit einem Verhalten des Arbeitnehmers in der Freizeit begründen. Denn was der Arbeitnehmer in seiner Freizeit tut, geht den Arbeitgeber erstmal nichts an.
 
Eine Kündigung wegen außerdienstlichem Fehlverhaltens ist deshalb nur dann möglich, wenn ein Bezug zu arbeitsvertraglichen Pflichten oder zur Tätigkeit des Arbeitnehmers besteht und dadurch berechtigte Interessen des Arbeitgebers oder anderer Arbeitnehmer verletzt werden (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Juni 2013  - 2 AZR 583/12).
 
So hat das Bundesarbeitsgericht im Jahr 2011 die außerordentliche Kündigung eines Mitarbeiters für rechtmäßig erachtet, der wegen Zuhälterei und Körperverletzung verurteilt worden war. Entscheidend war für das BAG aber nicht die Tat an sich, sondern die Tatsache, dass der Mitarbeiter im Prozess und auch vor den Medien zu Protokoll gegeben hatte, er habe den zusätzlichen Verdienst benötigt, um seine Familie zu ernähren, weil sein Gehalt dafür nicht ausreiche. Auf diese Weise habe er seinen Arbeitgeber für sein strafbares Tun „mitverantwortlich“ gemacht und damit deren Integritätsinteresse erheblich verletzt.
 

Vorsicht insbesondere bei öffentlichen Äußerungen

Das Landesarbeitsgericht Nürnberg hatte sich mit der fristlosen Kündigung eines Straßenbahn- und Omnibusfahrer der örtlichen Verkehrsbetriebe zu befassen, der bei der Demonstration einer rechtsgerichteten Partei als Redner aufgetreten war und dabei sichtbar seinen Dienstausweis getragen hatte. Das Gericht wies die Klage allerdings ab, da es den erforderlichen Vorsatz nicht als bewiesen ansah. Zudem habe es einer vorherigen Abmahnung bedurft Loyalitätspflicht besteht auch außerdienstlich.
Das Landesarbeitsgericht Sachsen erklärte die fristlose Kündigung eines Straßenbahnfahrers für wirksam, der auf seinem Facebookprofil menschenverachtenden Inhalt geteilt hatte. Der Straßenbahnfahrer hatte in dem Profil nicht nur seine Tätigkeit und seinen Arbeitgeber benannt, sondern auch ein Bild von sich in Dienstkleidung veröffentlicht Menschenverachtender Facebook-Post rechtfertigt außerordentliche Kündigung.
Ebenfalls wirksam war die fristlose Kündigung eines Bergbaumechanikers, der auf Facebook einen Bericht über den Brand in einer Asylunterkunft in menschenverachtender Weise kommentiert hatte. Auch in diesem Fall war der Arbeitgeber im Profil genannt Bergbaukonzern setzt bei Mitarbeitern nicht auf “braun“.
 

Den Arbeitgeber aus dem Spiel lassen

Auch für das oben genannte US-Unternehmen dürfte es vor allem von Bedeutung gewesen sein, dass der Mitarbeiter durch das Tragen seines Dienstausweises einen Bezug seiner Tat zu dem Unternehmen hergestellt hat. Solche Publicity kann kein Unternehmen brauchen.
 
Wer sich also sehenden Auges ins Unrecht setzt, sollte wenigstens darauf achten, keinen Bezug zu seinem Arbeitgeber herzustellen. Denn sonst droht neben der  - im Fall des Sturm auf das Kapitol wahrscheinlich empfindlichen  - Strafe auch arbeitsrechtliches Ungemach.
 

Außerdienstliches Verhalten nur ausnahmsweise kündigungsrelevant

Dagegen reicht es nicht aus, wenn lediglich ein loser Bezug zum Arbeitsverhältnis besteht. So hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf die Kündigung eines Chemielaboranten für unwirksam erklärt, der in seiner Privatwohnung erhebliche Mengen Sprengstoff gelagert hatte Chemielabor im Homeoffice?
Selbst der Autoverkäufer, der unter Alkoholeinfluss und ohne Fahrerlaubnis mit einem nicht im Straßenverkehr zugelassenen Quad durch die Innenstadt fuhr, und dabei mit überhöhter Geschwindigkeit mehrere rote Ampeln überfuhr, liefert nicht zwingend einen Grund zur fristlosen Kündigung. Im Verfahren einigte man sich auf eine ordentliche Kündigung »Aus« eines Autoverkäufers
 
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Kündigung wegen einer Straftat in der Freizeit

Rechtliche Grundlagen

§241 II BGB

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.