Ein Arbeitnehmer erhielt die fristlose Kündigung, weil er in der Kantine bei einer Mitarbeiterin aus Kamerun einen "Negerkuss" bestellt hatte.
Ein Arbeitnehmer erhielt die fristlose Kündigung, weil er in der Kantine bei einer Mitarbeiterin aus Kamerun einen "Negerkuss" bestellt hatte.

Das Arbeitsgericht gab dem Mitarbeiter des Reiseveranstalters Thomas Cook Recht, der sich gegen eine fristlose Kündigung gewehrt hatte.

„Negerkuss“ bestellt - bei Schwarzafrikanerin

Der Mitarbeiter, der im mittleren Management des Unternehmens tätig ist, hatte sich in der Betriebskantine einen „Negerkuss“, also eine mit Schokoglasur überzogene Schaumwaffel, bestellt. Ungünstig für ihn: Die Bedienung war eine aus Kamerun stammende Frau.

Der Arbeitgeber sprach daraufhin die Kündigung aus: Der Arbeitnehmer habe die betroffene Frau schon mehrfach in ähnlicher Weise provoziert. Als multikulturelles Unternehmen könne man sich ein solches Verhalten nicht bieten lassen.

Das Arbeitsgericht Frankfurt überzeugte diese Argumentation nicht: Die Kündigung sei unverhältnismäßig und daher unwirksam. Der Mitarbeiter hätte zuvor abgemahnt werden müssen. Abzuwarten bleibt, ob Thomas Cook in Berufung geht.

Anmerkung

Der Fall ist hochemotional - juristisch aber letztlich eindeutig: Für eine fristlose Kündigung reicht der geschilderte Fall nicht. Das Gericht konnte davon ausgehen, dass es der erste Vorfall dieser Art war, eine Abmahnung hätte ausgereicht. Ansonsten kommt es, wie so oft im zwischenmenschlichen Bereich, auf die Zwischentöne an: Wer, wie der Autor selbst, mit der alten Terminologie aufgewachsen ist, mag sich mit dem vergleichsweise sperrigen Begriff „Schokokuss“ schwer tun. Vielleicht hat er nur aus alter Gewohnheit einen „Negerkuss“ bestellen, wahrscheinlich nachdem er als Hauptgericht ein „Zigeunerschnitzel“ gegessen hat. Anders wäre es sicher zu beurteilen, wenn er, augenzwinkernd und explizit betonend, bei der Bedienung aus Kamerun einen „Neger-Kuss“ geordert hätte. Hier kann schon die Betonung den Unterschied ausmachen zwischen profaner Bestellung und sexueller Belästigung. Nachdem das Arbeitsgericht für letzteres wohl keine hinreichenden Anhaltspunkte sah, war die Kündigung unwirksam. Sollte es tatsächlich, wie die unterlegene Beklagte vorträgt, bereits mehrere ähnliche Vorfälle gegeben haben, hätte sie dies konkret beweisen und wohl auch vorher abmahnen müssen. Vor diesem Hintergrund sollte Thomas Cook lieber seine Mitarbeiter in respektvollem und diskriminierungsfreiem Umgang schulen, statt mit Hilfe von unhaltbaren Kündigungen Exempel zu statuieren.


Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Frankfurt zum Urteil vom 13. Juli 2016, Az. 15 Ca 1744/16


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Rechtliche Grundlagen

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

§ 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.