Einer Abmahnung fehlt es an der Warnfunktion, wenn weitere Verspätungen danach lange keine Konsequenzen haben. Copyright by bakhtiarzein/Fotolia
Einer Abmahnung fehlt es an der Warnfunktion, wenn weitere Verspätungen danach lange keine Konsequenzen haben. Copyright by bakhtiarzein/Fotolia

Zugegeben: Pünktlichkeit gehörte nicht zu den Stärken des 35-jährigen Maschinenbedieners. Bereits ein halbes Jahr nach Beschäftigungsbeginn erteilte der Chef die erste Abmahnung wegen häufiger Verspätungen. Dies nahm der Arbeitnehmer allerdings offenbar nicht so wirklich ernst. Er verspätete sich weiterhin.

Chef erteilt „letzte Abmahnung“

Prompt erhielt er keine zwei Monate später die zweite Abmahnung. Der Chef wurde deutlich und bezeichnete sein Schreiben ausdrücklich als „letzte Abmahnung“. Wörtlich schrieb er: „Wir teilen Ihnen mit, dass wir Ihr Verhalten nicht hinnehmen und sprechen Ihnen hiermit eine letzte Abmahnung aus. Im Falle einer weiteren derartigen oder ähnlichen Verletzung Ihrer arbeitsvertraglichen Pflichten werden wir Ihr Arbeitsverhältnis kündigen.“
 
Der Beschäftigte schien beeindruckt und kam nun eine Zeit lang pünktlich zur Arbeit.
 

Weitere Verspätungen trotz Abmahnung

Von Dauer war dies allerdings nicht. Er verspätete sich im Laufe des nächsten Jahres nach und nach weitere 70-mal. Meistens kam er geringfügig zu spät, nur wenige Minuten.
 
Dann platzte dem Chef der Kragen.
 

Fristlose Kündigung wegen häufiger Verspätung

Er kündigte fristlos und berief sich im anschließenden Kündigungsschutzprozess darauf, dass er das Fehlverhalten des Maschinenbedieners ja immerhin schon zwei Mal abgemahnt habe.
 
Der Gekündigte konnte die Vielzahl der ihm vorgeworfenen Verspätungen nicht widerlegen.

Abmahnung ohne Warnfunktion

Sein Prozessvertreter vom Hagener Büro der DGB Rechtsschutz GmbH holte jedoch ein anderes Ass für den Metaller aus dem Ärmel:
Zwar sei das Fehlverhalten mehrfach, auch einschlägig, abgemahnt worden. Es fehle jedoch die für eine Abmahnung wesentliche Warnfunktion. Immerhin habe der Arbeitgeber nach der „letzten Abmahnung“ weitere 70 Pflichtverstöße geduldet, bevor er reagiert habe. Damit habe er zu erkennen gegeben, dass er die Verspätungen quasi akzeptiere, er es jedenfalls mit seinem Verlangen nach Pünktlichkeit offenbar so ernst nicht nehme.

Arbeitsgericht Iserlohn hält Kündigung für unwirksam

Das Arbeitsgericht Iserlohn folgte dieser Argumentation und hielt die Kündigung für unwirksam. Da das Arbeitsverhältnis aber belastet war, schlug es einen großzügigen Abfindungsvergleich vor, dem der Metaller nicht widerstehen konnte. Auch der Arbeitgeber akzeptierte zähneknirschend.
 
Merke: Nicht jedes vertragliche Fehlverhalten führt zur Kündigung, wenn der Arbeitgeber nicht in der Lage ist, die richtigen Konsequenzen hieraus zu ziehen.
 
 
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