Die Bundesnotbremse führt unter anderem eine Pflicht zum Home-Office und zur Testung ein. Copyright by Adobe Stock/nmann77
Die Bundesnotbremse führt unter anderem eine Pflicht zum Home-Office und zur Testung ein. Copyright by Adobe Stock/nmann77

Die sogenannte „Bundesnotbremse“ sieht eine Reihe von Verschärfungen bestehender Regelungen vor, um die Corona Pandemie zu bekämpfen. Die neuen Regeln betreffen auch die Beschäftigten.
 

Ich muss bis 22:00 Uhr arbeiten, darf ich jetzt nicht mehr nach Hause?

Ein heiß diskutierter Aspekt der Notbremse sind die Ausgangsbeschränkungen. Nach dem Infektionsschutzgesetz darf man sich zwischen 22:00 Uhr und 5:00 Uhr des Folgetages nicht außerhalb seiner Wohnung aufhalten.
 
Ein Problem ist das beispielsweise für Beschäftigte, die in Spätschicht arbeiten und kaum vor 22:00 Uhr zu Hause sind. Ein ähnliches Problem haben Beschäftigte in Nachtschicht, die in dieser Zeit zur Arbeit bzw. nach Hause fahren wollen.
 
Das Infektionsschutzgesetz trägt diesem Umstand allerdings Rechnung. Die Berufsausübung ist von der Beschränkung ausdrücklich ausgenommen. Hierzu gehört auch der Weg von und zur Arbeit.


Muss ich mich im Betrieb auf Corona testen lassen?

Auch die neuen Regeln sehen keine Testpflicht für Beschäftigte vor. Sie verpflichten lediglich den Arbeitgeber, den Beschäftigten mindestens zweimal in der Woche einen Coronatest anzubieten. Zuvor war dies nur einmal in der Woche vorgeschrieben.
 
Das Testangebot erstreckt sich allerdings nicht auf Beschäftigte, die ausschließlich im Home-Office arbeiten. Der Arbeitgeber kann die Pflicht, regelmäßige Tests anzubieten also dadurch umgehen, dass er Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verstärkt das Arbeiten im Home-Office anbietet. Eine solche „Umgehung“ dürfte im Sinne Pandemiebekämpfung gewollt sein.
 
Da die geänderte Corona-Arbeitsschutzverordnung verpflichtende Testungen für Beschäftigte nicht vorsieht, dürften auch alle Maßnahmen rechtswidrig sein, die auf eine faktische Testpflicht hinauslaufen. Der Arbeitgeber darf also den Zugang zu seinem Betrieb nicht davon abhängig machen, dass ein negatives Testergebnis vorliegt. Die Beschäftigten behalten daher ihren Anspruch auf Entgelt.
 

Muss ich jetzt zu Hause arbeiten?

Schon nach bisheriger Rechtslage waren Arbeitgeber verpflichtet, ihren Beschäftigten das Arbeiten von Zuhause aus anzubieten, soweit die Arbeit ihrer Natur nach Zuhause erledigt werden kann. Diese Pflicht entfällt nur, wenn zwingende betriebliche Gründe entgegenstehen.
 
Neu ist nun, dass die Beschäftigten verpflichtet sind, dieses Angebot auch anzunehmen. Mit der Neufassung des Infektionsschutzgesetzes führt der Gesetzgeber damit praktisch eine Pflicht zum Home-Office ein.
 
Die Beschäftigten müssen das Angebot aber dann nicht annehmen, wenn sich sie hierfür Gründe haben, etwa weil ihre Wohnung nicht dafür geeignet ist oder sie nicht über die entsprechende technische Ausstattung verfügen.
 

Ist das überhaupt rechtens?

Eine Pflicht zum Home-Office ist rechtlich in hohem Maße problematisch. Denn die Beschäftigten sind dadurch verpflichtet, ihrem Arbeitgeber private Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Dies geht deutlich über das hinaus, was im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses typischerweise geschuldet ist.
 
Praktisch dürfte die Frage allerdings von geringer Relevanz sein, die Pflicht zum Home-Office nicht besteht, wenn der Beschäftigte Gründe vorbringen kann. Denn wer nicht im Home-Office arbeiten will, wird im Regelfall seine Gründe haben, und sei es nur, dass man Privates und Berufliches nicht zu sehr miteinander vermischen will.
 
Was in Gestalt einer gesetzlichen Pflicht daherkommt, entpuppt sich als lediglich verstärkte Bitte, die Möglichkeit zu nutzen, durch Home-Office seine Kontakte zu reduzieren.
 
Außerdem werden die Änderungen im Infektionsschutzgesetz derzeit am Bundesverfassungsgericht auf ihre Verfassungsmäßigkeit geprüft. Man darf gespannt sein, wie das Gericht entscheidet.
 

Ich bin schon geimpft, was gilt für mich?

Eine Unterscheidung zwischen geimpften und nicht geimpften Personen sieht weder das Infektionsschutzgesetz, noch die Corona-Arbeitsschutzverordnung vor. Das ist insofern problematisch, als geimpfte Personen nicht nur geschützt, sondern nach neueren Erkenntnissen wohl auch nicht mehr ansteckend sind.
 
Gleichwohl haben auch geimpfte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf regelmäßige Coronatests. Sie werden von diesem Anspruch eher keinen Gebrauch machen. Da es jedoch keine Pflicht gibt, sich testen zu lassen, stellt die Regelung auch keine unzulässige Benachteiligung Geimpfter Personen dar.
 
Auch den geimpften Personen muss der Arbeitgeber das Angebot zum Home-Office machen. Zur Ablehnung dieses Angebotes dürfte es wohl ausreichen, auf seinen im Status hinzuweisen.
 

Wie lange gilt das nun?

Sowohl die neue Regelung des Infektionsschutzgesetzes, als auch die Corona-Arbeitsschutzverordnung sind befristet bis Ende Juni 2021. Ob die Regelungen verlängert werden, dürfte wesentlich vom Infektionsgeschehen abhängen.
 
Weitere Voraussetzung ist das Vorliegen einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite. Sollte diese entfallen, würden auch die entsprechenden Regelungen Außerkrafttreten. Hiermit ist nach Lage der Dinge aber vor Fristablauf nicht zu rechnen.
 
Der Inzidenzwert hat auf keine der beiden Regelungen eine Auswirkung, sie gelten unabhängig von den Infektionszahlen des Robert-Koch-Instituts.
 
Links

Homeoffice in Corona-Zeiten

Corona - Pflichten zum Gesundheitsschutz für Arbeitgeber

Ausgangssperre wegen Corona

DGB: Corona-Schutzmaßnahmen im Arbeitsleben

Rechtliche Grundlagen

§ 28 b InfSG, § 5 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung

§ 5 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung

§ 5 Tests in Bezug auf einen direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-2
(1) Zur Minderung des betrieblichen SARS-CoV-2-Infektionsrisikos hat der Arbeitgeber Beschäftigten, soweit diese nicht ausschließlich in ihrer Wohnung arbeiten, mindestens zweimal pro Kalenderwoche einen Test in Bezug auf einen direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-2 anzubieten.

(2) Nachweise über die Beschaffung von Tests nach Absatz 1 oder Vereinbarungen mit Dritten über die Testung der Beschäftigten sind vom Arbeitgeber bis zum 30. Juni 2021 aufzubewahren.

§ 28 b InfSG

(1) Überschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die durch das Robert Koch-Institut veröffentlichte Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen (Sieben-Tage-Inzidenz) den Schwellenwert von 100, so gelten dort ab dem übernächsten Tag die folgenden Maßnahmen:
[…]
2. der Aufenthalt von Personen außerhalb einer Wohnung oder einer Unterkunft und dem jeweils dazugehörigen befriedeten Besitztum ist von 22 Uhr bis 5 Uhr des Folgetags untersagt; dies gilt nicht für Aufenthalte, die folgenden Zwecken dienen:
[…]
b) der Berufsausübung im Sinne des Artikels 12 Absatz 1 des Grundgesetzes, soweit diese nicht gesondert eingeschränkt ist, der Ausübung des Dienstes oder des Mandats, der Berichterstattung durch Vertreterinnen und Vertreter von Presse, Rundfunk, Film und anderer Medien,

[…]

(7)
Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Die Beschäftigten haben dieses Angebot anzunehmen, soweit ihrerseits keine Gründe
entgegenstehen.

[…]

(10) Diese Vorschrift gilt nur für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Absatz 1 Satz 1 durch den Deutschen Bundestag, längstens jedoch bis zum Ablauf des 30. Juni 2021.