Liebe kennt keine Grenzen – das gilt aber nicht für alle Menschen. Copyright by kaentian/Adobe Stock
Liebe kennt keine Grenzen – das gilt aber nicht für alle Menschen. Copyright by kaentian/Adobe Stock

Die Geschichte der Liebesbeziehung einer Justizbeamtin zu einem Häftling ist vielfach Thema in spannenden Filmen. Dieses Thema reizt insbesondere deshalb, weil aufgrund der Aufsichtsfunktion der Justizbeamtin engere Bindungen zu Inhaftierten schwerwiegende Folgen für die Sicherheit des Gefängnisses, der Mitarbeiter und auch der Bevölkerung haben können.
 
Dennoch geschieht es immer wieder, dass sich eine Beamtin im Gefängnis in einen Inhaftierten verliebt. Diese Situation war nun auch Gegenstand einer Disziplinarklage beim Verwaltungsgericht Trier.
 

Beamtin unterhielt mehrere Monate eine Liebesbeziehung zu einem Häftling

Die Beamten unterhielt über mehrere Monate eine Liebesbeziehung zu einem Gefangenen. Viele Briefe wurden ausgetauscht. Dabei kam es auch zum regen Austausch sexueller Fantasien. Die Briefen enthielten auch den Wunsch nach einer gemeinsamen Zukunft.
 
Die Betroffenen teilten der Gefängnisleitung diese Beziehung nicht mit. Erst bei einer Postkontrolle des Häftlings offenbarte sich der Umfang der Gemeinsamkeiten. Das Land Rheinland-Pfalz erhob daraufhin Disziplinarklage gegen die Beamtin.

Die Beamtin verstieß gegen die Kernpflichten ihres Beamtenverhältnisses

In seinem Urteil führt das Gericht aus, die Beamtin habe gegen ihre Kernpflicht als Bedienstete im Strafvollzug verstoßen. Dort gelte nämlich ein Zurückhaltungsgebot und außerdem eine Melde-und Offenbarungspflicht.
 
Sie müsse sich im Dienstverhältnis zurückhalten. Eine Liebesbeziehung zu einem Gefangenen mit umfangreichem Briefverkehr dürfe sie dabei nicht eingehen.
 
Sie habe des Weiteren gegen die Pflicht verstoßen, ihr Verhältnis zu melden bzw. zu offenbaren. Dies hätte sie der Anstaltsleitung mitteilen müssen.
 

Beamtin ist untragbar für den öffentlichen Dienst

Aufgrund dieses Dienstvergehens sei die Beamten untragbar für den öffentlichen Dienst. Sie habe im Kernbereich ihrer Dienstpflichten versagt. Der Beamtin werden eigensinnige Motive vorgeworfen. Sie habe damit eine Gefährdungslage für den Strafvollzug geschaffen. Sie habe auch alle anderen Kollegen schwer hintergangen. Die Vertrauensbasis aus Sicht des Dienstherrn und auch aus Sicht der Allgemeinheit sei damit nicht mehr gegeben.
 
Die Beamtin hatte dem Gefangenen pornographische Aufnahmen von sich und auch Bilder ihres Hauses und Grundstücks überlassen. Damit habe sie sich erpressbar gemacht. Der Gefangene sei zwischenzeitlich zwar verlegt und das Disziplinarverfahren gegen die Beamtin eingeleitet worden, sie habe jedoch weiterhin Kontakt zu dem Inhaftierten gesucht.
 

Die Beamtin blieb weiter uneinsichtig

Auch im Termin zur mündlichen Verhandlung der Disziplinarklage war die Justizbeamten wohl noch uneinsichtig, nun erpressbar zu sein. Dies brachte das Gericht zur Annahme, dass Vertrauen in eine ordnungsgemäße Dienstverrichtung in der Zukunft sei nachhaltig zerstört.
 
Die Beamtin wurde daher aus dem Dienst entlassen.
 
Der Rechtsstreit ist mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Trier noch nicht abgeschlossen. Das Verfahren ist derzeit beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz unter dem Aktenzeichen 3 A 11024/19 anhängig.
 
Verwaltungsgericht Trier, Urteil vom 18. April 2019 – 3 K 5369/18.TR

OVG Münster (Disziplinarsenat), Urteil vom 05.12.2018 - 3d A 931/14.O

Das sagen wir dazu:

Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Trier ist nicht neu. Schon im Dezember 2018 hatte das Oberverwaltungsgericht Münster zu dieser Frage entschieden. Die Entscheidungen sind auch durchaus nachvollziehbar, selbst wenn es den Staat unmittelbar an sich nichts angeht, wer zu wem eine Liebesbeziehung unterhält.

In Justizvollzugsanstalten geht es jedoch darum, das von Gerichten ausgesprochene Recht umzusetzen und auch zu bewahren. Jedwede Möglichkeit rechtskräftige Entscheidungen zu missachten oder auszusetzen muss bereits von vornherein ausgeschlossen bleiben.

Justizbeamte sind Aufsichtspersonen in den jeweiligen Gefängnissen. Sie müssen zwingend so viel Distanz zu den Inhaftierten behalten, dass ihre Stellung nicht ausgenutzt werden kann bzw. sie  nicht angreifbar werden. Bei einer persönlichen Nähe zu einem Insassen ist das jedoch nicht mehr sichergestellt. Es besteht die Gefahr, dass sich die betroffene Person zu Handlungen verleiten lässt, die von der Rechtsordnung nicht gedeckt sind. Dies wiederum birgt eine drohende Gefährdung anderer in sich.

Dem ist der das Persönlichkeitsrechts jedes Einzelnen entgegenzuhalten. Schließlich darf man sich grundsätzlich verlieben, in wen man will. Das geht die Rechtsordnung an sich nichts an.

Mit Übernahme in das Beamtenverhältnis unterwerfen sich jedoch auch Justizbeamte den Treuepflichten aus diesem Beamtenverhältnis. Diese Pflichten sind zwingend. Die Liebe einer Justizbeamtin zu einem Inhaftierten und der allgemeine Schutz des Persönlichkeitsrechts dieser Justizbeamten können dabei nicht dazu geeignet sein, deren Treuepflicht gegenüber ihren Dienstherrn auszusetzen.

Rechtliche Grundlagen

Disziplinarklage § 40 LDG Rh-Pf

Landesdisziplinargesetz
(LDG)
Vom 2. März 1998
§ 40

Erhebung der Disziplinarklage

(1) Wird das Disziplinarverfahren nicht durch Einstellung oder durch Erlaß einer Disziplinarverfügung abgeschlossen, ist vor dem Verwaltungsgericht Disziplinarklage ( § 61 ) mit dem Ziel der Zurückstufung, der Entfernung aus dem Dienst oder der Aberkennung des Ruhegehalts zu erheben.

(2) Die Disziplinarklage wird bei Beamten durch die oberste Dienstbehörde, bei Ruhestandsbeamten durch den nach § 14 Abs. 2 Satz 1 zuständigen Dienstvorgesetzten erhoben. Die oberste Dienstbehörde kann ihre Befugnis nach Satz 1 durch Rechtsverordnung auf nachgeordnete Behörden und Einrichtungen übertragen. § 22 Abs. 1 Satz 2 sowie Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.