Wer aufsteigen will, muss gut beurteilt sein. Copyright by Adobe Stock/Mykyta
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Der Fall war wie so oft: Eine Beamtin wollte, dass ihr Dienstherr sie befördert. Er zog eine Konkurrentin vor. Die Beamtin konnte sich anschließend in einem Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht nicht durchsetzen. Nun untersagte jedoch das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg dem Dienstherrn, die Stelle zu besetzen.
 

Die Beamtin erkrankte während ihrer Abordnung dienstunfähig

Die Beteiligten stritten im Verfahren vor allem darum, ob die dienstlichen Beurteilungen der Beamtin und deren Konkurrentinnen frei von rechtlichen Fehlern war, denn diese waren Grundlage der Beförderungsentscheidung. Die Beamtin war während des Beurteilungszeitraum für etwa vier Monate zu einem anderen Dienstherrn abgeordnet. Dort erkrankte sie jedoch über vier Monate dienstunfähig und ging ihrer Arbeit während dieser Zeit nicht nach. In der Beurteilung hieß es dazu, sie sei „nicht im Einsatz“ gewesen.
 
Die Beamtin äußerte im gerichtlichen Verfahren, die Beurteilungen ihrer Konkurrentinnen seien fehlerhaft. Das Gesamturteil einer Konkurrentin sei nicht nachvollziehbar begründet gewesen. Bei einer anderen Konkurrentin fänden sich nur formelhafte Begründungen. Diese seien ohne inhaltlichen Aussagewert. Die Beamtin halte statt dessen eine gesonderte und einzelfallbezogene Begründung für notwendig.
 

Die Beamtin hatte ihre eigene Beurteilung nicht angegriffen

Das Verwaltungsgericht wies den Antrag der Beamtin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurück. Sie sei gegen ihre eigene dienstliche Beurteilung rechtlich nicht vorgegangen, heißt es in dem gerichtlichen Beschluss. Die Beurteilungen der Konkurrentinnen seien im Übrigen nachvollziehbar.
 
Das OVG wertete die Rechtslage demgegenüber völlig anders. Richter und Beamte seien keineswegs dazu verpflichtet, ihre dienstlichen Beurteilungen anzugreifen, wenn sie damit nicht einverstanden sind. Einwendungen gegen Beurteilungen könnten auch im verwaltungsgerichtlichen „Konkurrentenstreit“ geltend gemacht werden. Das habe das Verwaltungsgericht nicht beachtet.
 

Das Gesamturteil muss sich nachvollziehbar aus der Begründung der Beurteilung ergeben

Das Gesamturteil und die Bewertung der Einzelkriterien einer dienstlichen Beurteilung müssten miteinander übereinstimmen, so das OVG. Das Gesamturteil müsse sich dabei nachvollziehbar und plausibel aus den Einzelbewertungen ergeben. Das gelte für alle benoteten Einzelkriterien.
 
Das sei vor allem dann von besonderer Bedeutung, wenn ein*e Beamter*in einen höherwertigen Dienstposten im Vergleich zum eigenen Statusamt ausübe. Weiche der Beurteiler in einigen Punkten  von gegenüber der Bewertung der unmittelbaren Führungskraft ab, müsse er dies in jedem einzelnen Punkt nachvollziehbar erläutern. Nur so lasse sich nachvollziehen, warum ein Einzelmerkmal zu einer besseren und ein anderes zu einer schlechteren Bewertung geführt habe.
 

Die dienstliche Beurteilung einer Konkurrentin war nur formelhaft begründet

Zumindest bei einer der Konkurrentinnen habe der Dienstherr dies unterlassen. Deren dienstliche Beurteilung habe der Beurteiler nur formelhaft begründet. Diese Konkurrentin habe eine bessere Bewertung erhalten als die Antragstellerin. Warum dies geschehen sei, lasse sich jedoch nicht nachvollziehen.
 
Dieser Mangel in der Begründung der dienstlichen Beurteilung der Konkurrentin wirke sich auch auf die Antragstellerin aus. Die Antragstellerin sei im Beurteilungszeitraum nämlich ebenfalls höherwertig beschäftigt gewesen. Deren unmittelbare Führungskraft habe sie ebenfalls mit Bestnoten bewertet. Dennoch sei die Beurteilung der Antragstellerin schlechter ausgefallen als diejenige der Konkurrentin.
 

Warum die Konkurrentin besser bewertet wurde blieb im Verfahren offen

Sowohl die Antragstellerin als auch deren Konkurrentin seien gegenüber ihrem Statusamt höherwertig beschäftigt gewesen. Die unmittelbaren Vorgesetzten hätten beiden Bestnoten gegeben. Warum die dienstliche Beurteilung der Konkurrentin dennoch besser ausgefallen sei als diejenige der Antragstellerin, sei an Hand der Begründungen nicht nachzuvollziehen.
Die vorliegenden Beurteilungen habe der Dienstherr im Beförderungsverfahren daher nicht zu Grunde legen dürfen. Deshalb sei die Stellenbesetzung vorläufig zu stoppen.

Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Beschluss vom  30. Juni 2020
 
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Das Gericht zeigte zwar Verständnis dafür, dass gerade Dienstherren, die sowohl Beamte als auch Arbeitnehmer beschäftigen, oft keine genaue Kenntnis von den jeweiligen beamtenrechtlichen Tätigkeiten haben. Es verweist abschließend jedoch auf die jüngste höchstrichterliche Rechtsprechung. Es sei nicht zulässig, die dort entwickelten Anforderungen zur Begründung des Gesamturteils einer dienstlichen Beurteilung auch bei diesen Konstellationen abzusenken.