Schichtzulagen für Bahnbeamte: Geht das Recht hier andere Wege? Copyright by Adobe Stock/Joerg Sabel
Schichtzulagen für Bahnbeamte: Geht das Recht hier andere Wege? Copyright by Adobe Stock/Joerg Sabel

Der Kläger hatte ständigen Schichtdienst geleistet. Er war im DB-Konzern beschäftigt, das aber nur in Teilzeit. Dennoch legte sein Dienstherr bei der Berechnung der Schichtzulage eine festgelegte Stundentabelle für Vollzeitbeschäftigte zugrunde. Diese ergibt sich aus dem früheren § 20 EZulV, der nun nur noch für Beschäftigte des Bundeseisenbahnvermögens Anwendung findet. Ansonsten ist diese Vorschrift aufgehoben.

Bereits 2009 hatte das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Wechselschichtzulage nach
§ 20 Absatz 1 EZulV bei Teilzeitbeschäftigten nach dem Bundesbesoldungsgesetz gekürzt werden müsse. Das Gericht stellte dabei aber gleichzeitig fest, dass die zeitliche Mindeststundenzahl für die Gewährung einer Zulage nach geltendem europäischen Recht ebenfalls auf die Teilzeit anzupassen sei. Dies sollte proportional zum Beschäftigungsumfang des*der Beamten*in geschehen.

Im Januar 2010 erstellte das Bundesministerium des Inneren dann ein Rundschreiben und bezog sich dabei auf dieses Urteil. Das Rundschreiben befasste sich allerdings nur mit den allgemeinen Grundlagen für Wechsel- und Schichtdienst. Die Sonderbehandlung der Bahnbeamten fand darin keine Berücksichtigung.

Das Gericht befasste sich mit der Berechnung von Zulagen für teilzeitbeschäftigte Bahnbeamte

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Freiburg klagte ein Beamter des Bahnkonzerns. In der nun vorliegenden Entscheidung befasst sich das Verwaltungsgericht ausführlich mit der Berechnung von Zulagen für Teilzeitbeamte im DB-Konzern.

Die Erschwerniszulagenverordnung legt feste Zeitgrenzen für die Berechnung der Zulagen fest. Das gilt für sämtliche Arbeitsstunden in ständigem Schichtdienst zwischen 20:00 Uhr 6:00 Uhr. Im Rahmen eines festgelegten Zeitkorridors weist das Gesetz die einzelnen Zulagen betragsmäßig aus.

Dabei gibt es keine Unterschiede zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeamten

Dabei gibt es keine Unterschiede zwischen Vollzeit-und Teilzeitbeamten. Ist eine bestimmte Stundenzahl überschritten, wird die Zulage gezahlt. Ist das nicht der Fall, gibt es keine Zulage. Der Bahnkonzern berücksichtigt Teilzeitstunden anteilig nicht.

Allgemeine Regelungen gelten aus Sicht des Dienstherrn für Bahnbeschäftigte nicht

Der Dienstherr hatte sich im Verfahren auf das Rundschreiben des Bundesministeriums des Inneren aus 2010 berufen. Die darin erwähnte Regelung, bei Teilzeitbeschäftigten die Mindestanforderungen für die Zulagenberechnung proportional zu deren Arbeitszeit herabzusetzen gelte nicht für den DB-Konzern.

Für diesen Bereich gebe es in der Verordnung eine spezielle, eigenständige Regelung. Danach erhielten DB-Beamte, auch wenn sie nur in Teilzeit beschäftigt seien, eine Schichtzulage in Höhe der Tabellenwerte nur, wenn der Schwellenwert überschritten sei.

Die Mindeststundenzahl müsste nicht umgerechnet werden

Die Mindeststundenzahl aus der Vorschrift müssten auf Teilzeitbeschäftigten nicht umgerechnet werden.

Dem ist das Verwaltungsgericht in dem vom DGB Rechtsschutz in Freiburg geführten Verfahren nicht gefolgt. Es verweist dabei auch auf europäisches Recht. Teilzeitbeschäftigte dürfen danach nicht benachteiligt werden. Das sei hier jedoch der Fall.

Die Erschwerniszulagenverordnung fordere eine Mindeststundenzahl von 25 in der Zeit zwischen 20:00 Uhr und 6:00 Uhr, um die Zulage zu bekommen. Diese Stundenzahl gelte für Vollzeitbeschäftigte und sei entsprechend dem Beschäftigungsanteil des Klägers bezogen auf dessen Arbeitszeit herabzusetzen.

Verordnung legt eine Mindeststundenzahl unabhängig vom Umfang der Beschäftigung fest

Die Verordnung lege eine Mindeststundenzahl unabhängig vom Beschäftigungsumfang fest. Dies stelle eine unmittelbare Benachteiligung des Klägers gegenüber seinen vollzeitbeschäftigten Kollegen dar. Es handele sich dabei um einen Verstoß gegen europäisches Recht, insbesondere gegen die Vorschriften zur Gleichbehandlung von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten.

Der Kläger habe im streitgegenständlichen Zeitraum in Schichten gearbeitet, so wie es das Gesetz fordere. Er leistete nämlich Dienst nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit vorsehe, und zwar in Zeitabständen von längstens einem Monat. All seine Schichten ragten in die geregelte Nachtzeit hinein.

Da er die Dienste jedoch aufgrund seiner Teilzeitbeschäftigung im Vergleich zu Vollzeitbeschäftigten an einer geringeren Anzahl von Tagen im Monat verrichte, sei auch die von ihm ausgeübte Tätigkeit in der Nachtzeit zwingend geringer.

Europäisches Recht lässt solche Benachteiligungen nicht zu

Europäisches Recht lasse eine solche Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten jedoch nicht zu. Diese dürften nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung wäre aus objektiven Gründen gerechtfertigt.

Damit sollten Benachteiligungen von Teilzeitbeschäftigten gesetzlich beseitigt werden. Außerdem sollte ein Beitrag dazu geleistet werden, dass sich Möglichkeiten für eine Arbeit in Teilzeit entwickeln.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes dürfe sich Teilzeitarbeit nur in quantitativer, aber nicht in qualitativer Hinsicht von einer gleichen oder gleichwertigen Vollzeittätigkeit unterscheiden. Eine geringere Arbeitszeit dürfe daher auch nur quantitativ, nicht aber qualitativ anders abgegolten werden als Vollzeit.

Eine geringere Vergütung für weniger Stunden ist in Ordnung

Eine geringere Vergütung bzw. Besoldung für weniger Stunden gegenüber einer Vollzeittätigkeit ist damit in Ordnung. Hier kam es jedoch dazu, dass Schwellenwerte für die Bezahlung, die für Vollzeitbeamte gelten, ohne Änderung auch auf Teilzeitbeamte angewandt wurden. Das Gericht bestätigte dem Dienstherrn zwar, er habe die gesetzliche Bestimmung so angewandt, wie sie formuliert sei. Diese Regelung differenziere jedoch nicht zwischen Teil-und Vollzeitbeschäftigten.

Teilzeitbeamte müssen mehr Stunden leiten als Vollzeitbeamte, um die Zulage zu erhalten

Die Vorschrift führe deshalb dazu, dass Teilzeitbeschäftigten einen größeren Anteil in Nachtschicht erbringen müssten, um von der Schichtzulage zu profitieren. Dadurch dass der Verordnungsgeber die Belastungsgrenzen für Voll-und Teilzeitbeschäftigte identisch festgelegt habe, sei es im Ergebnis zu einer höheren Belastungsgrenze für Teilzeitbeschäftigte gekommen.

Objektive Gründe für diese Ungleichbehandlung sieht das Gericht nicht. Grundsätzlich erkenne der Verordnungsgeber in seinen Durchführungshinweisen zwar an, dass das zeitliche Mindesterfordernis für die Gewährung einer Zulage proportional zum Beschäftigungsumfang gekürzt werden müsse. Das sei in verschiedenen Gesetzes- oder Verordnungsänderungen auch beachtet worden. Dies gelte allerdings nicht bei Bundesbeamten des Bundeseisenbahnvermögens.

Warum es zu der Ausnahme für Bahnbeamte gebe, sei nicht nachvollziehbar

Warum es diese Ausnahme gebe, sei nicht nachvollziehbar. § 20 Abs. 5 EZulV in der jetzt noch geltenden Fassung verstößt daher aus Sicht des Verwaltungsgerichts gegen europäisches Recht. Diese Bestimmung dürfe daher insoweit nicht mehr angewandt werden, als sie eine Mindeststundenzahl von 25 für Nachtarbeitsstunden verlange.

Für den Kläger folgte daraus, dass ihm bereits nach einer niedrigeren Mindeststundenzahl eine Zulagen zu zahlen war.

Hier geht es zum Urteil

Verordnung über die Gewährung von Erschwerniszulagen § 20

Erschwerniszulagen nach §§ 3 ff. und § 20 Erschwerniszulagenverordnung

Verordnung über die Gewährung von Erschwerniszulagen § 24

Richtlinie 97/81/E

Rechtliche Grundlagen

Erschwerniszulagenverordnung und europäische Richtlinie

§ 2o, 24 EZulV
Rundschreiben des BMI vom 05. Januar 2010 zu § 20 EZulV
Richtlinie Nr. 97/81/EG