Die Corona-Pandemie wirkt sich auch erheblich auf die Arbeit im gewerkschaftlichen Rechtsschutz aus. Die mit dem Coronavirus verbundenen Maßnahmen hatte der Gesetzgeber nicht voraussehen können, als er Fristen im Arbeits- und Sozialrecht regelte. Was sich in normalen Zeiten gut organisieren lässt wie Gespräche mit Mandant*innen oder die Kommunikation mit Prozessgegnern, Behörden und Gerichten, ist unter den Bedingungen, die während der Pandemie herrschen, nur schwer und zum Teil gar nicht möglich.

Die nachträgliche Zulassung von Kündigungsschutzklagen erleichtern

Mit einfachen Worten: viele Regeln passen nur zu Zeiten, in denen das Leben nicht durch Ausgangs- und Kontaktsperren eingeschränkt ist. Der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert deshalb, den Gesetzgeber auf, viele Regelungen zu Fristen im Arbeits- und Sozialrecht an die derzeitige Situation anzupassen.

Wer eine Kündigungsschutzklage erheben will, muss das innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung machen. Ist der Arbeitnehmer daran trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert, kann das Gericht die Klage auf Antrag nachträglich zulassen. Der Antrag ist nur innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses zulässig.

Die Möglichkeit, eine verspätete Kündigungsschutzklage nachträglich zuzulassen, gibt es aber nur, wenn der Arbeitnehmer selbst gehindert ist. Die Vorschrift greift nicht, wenn ein Prozessbevollmächtigter die Klage aufgrund eines Hindernisses nicht rechtzeitig erheben konnte. 

Der DGB fordert den Gesetzgeber auf, die Vorschrift so zu ändern, dass sie auch auf den Prozessbevollmächtigten angewendet werden kann. Darüber hinaus schlägt der DGB vor, während der Pandemie die Bestimmung auszusetzen, dass die nachträgliche Zulassung innerhalb von zwei Wochen beantragt werden muss.

Auch im Sozialrecht sollen die Fristenregelungen angepasst werden

Im Sozialrecht gibt es die Möglichkeit, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen, wenn etwa eine Frist für den Widerspruch oder die Klage versäumt wurde. Ein solcher Antrag setzt aber voraus, dass man dem Gericht glaubhaft macht, dass man keine Schuld am zu späten Einlegen eines Rechtsmittel hat, die Frist also trotz Beachtung der erforderlichen Sorgfalt nicht einhalten konnte. Hinsichtlich der Wiedereinsetzung fordert der DGB, dass es befristet bis zum 31.Dezember 2020 die gesetzliche Vermutung gibt, dass der Antragsteller keine Schuld am Versäumen der Frist hat.


Auch für das Stellen von Anträgen für Insolvenzgeld und Arbeitslosengeld im Wege der „Gleichwohlgewährung“ fordert der DGB eine Anpassung an die derzeitige Situation. Insolvenzgeld wird aktuell nur für die drei Monate des Arbeitsverhältnisses geleistet, die der Insolvenz vorausgegangen sind. Diese Frist soll auf sieben Monate verlängert werden.


In der Zeit vom 01.04.2020 bis zum 31.12.2020 soll gemäß des Vorschlages des DGB das Arbeitslosengeld, ohne dass Beschäftigungslosigkeit eingetreten ist, auch für die Zeit geleistet werden, in der pandemiebedingt Arbeitsentgelt nicht gezahlt werden konnte, weil die Liquidität des Arbeitgebers nicht vorgelegen hat.

DGB: Keine „Rücknahmefiktion“ während der Pandemie


Zudem fordert der DGB auch, dass bis Ende des Jahres die Regelung zum Betreiben eines Verfahrens im Sozialrecht ausgesetzt wird. Nach aktuellem Recht kann das Sozialgericht Klägern aufgeben, ihr Verfahren innerhalb einer Frist zu betreiben. Macht ein Kläger das nicht, gilt die Klage als zurückgenommen. Diese „Rücknahmefiktion“ soll ausgesetzt werden.


Schließlich will der DGB, dass der Gesetzgeber auch Verjährungsfristen an die beschwerliche Lage während der Pandemie anpasst. Arbeits- und sozialrechtliche Ausschluss- und Verjährungsfristen sollen vom 1. März 2020 bis zum 31. Dezember 2020 gehemmt werden.


Der DGB geht in diesem Vorschlag davon aus, dass Einschränkungen wegen der Pandemie wie die Kontaktsperre bis Ende des Jahres andauern. Er schlägt aber vor, dass die Bundesregierung die Möglichkeit haben soll, die vorgeschlagenen befristeten Änderungen im Arbeits- und Sozialrecht durch Rechtsverordnung um ein halbes Jahr zu verlängern.