Cannabisblüten helfen in der Schmerztherapie durchaus. Krankenkassen übernehmen dafür die Kosten aber meist nicht. Copyright by Adobe Stock/Elroi
Cannabisblüten helfen in der Schmerztherapie durchaus. Krankenkassen übernehmen dafür die Kosten aber meist nicht. Copyright by Adobe Stock/Elroi

Cannabis ist ein Rauschmittel, das im Regelfall inhaliert wird. Zwischenzeitlich stehen auch Medizinprodukte aus Cannabisblüten zur Verfügung, die insbesondere in der Schmerztherapie Erfolge erzielen.
 

Cannabisblüten gegen Schmerzen

Ein rheinland-pfälzischer Kläger beantragte bei seiner Krankenkasse die Übernahme der Kosten für eine Behandlung mit Medizinal- Cannabisblüten. Darüber hinaus wollte er einen Verdampfer, um das Produkt inhalieren zu können. Gemeinsam mit seinem Antrag legte er ein Schreiben seines Hausarztes und Schmerzmediziners vor.
 
Aus dem Schreiben des Arztes ergab sich, dass der Kläger an einem Bandscheibenvorfall der Lendenwirbelsäule litt. Des Weiteren bestätigte der Arzt ein chronisches Schmerzsyndrom und auch eine vielfältige Unverträglichkeit des Klägers hinsichtlich unterschiedlicher Medikamente und Behandlungsformen. Er empfahl deshalb eine Behandlung mit Cannabis. Er begründete das mit der guten Verträglichkeit und der Erfolge von Cannabis, Schmerzen zu lindern.
 

Ein Gutachten zur Klärung des Sachverhaltes

Die Krankenkasse wollte den Sachverhalt medizinisch abklären und gab ein Gutachten in Auftrag. Dem Kläger teilte sie mit, dass das Ergebnis des Gutachtens voraussichtlich nicht innerhalb von fünf Wochen vorliege. Die Bearbeitung seines Antrages werde sich voraussichtlich um etwa zwölf weitere Tage verzögern.
 
Obwohl das Gutachten letztlich noch nicht vorlag, lehnte die Krankenkasse den Antrag des Klägers vor Ablauf der 12 Tage ab. Es sei zu Verzögerungen gekommen, so dass bislang keine sozialmedizinische Begutachtung habe erfolgen können, schrieb die Kasse. Aus den bislang vorliegenden Unterlagen ergebe sich jedoch, dass die Voraussetzungen für die Übernahme der Kosten einer Behandlung mit Cannabisblüten nicht vorlägen. Deshalb sei auch eine Kostenübernahme nicht möglich.
 

Chronische Schmerzen durch Wirbelsäulenerkrankung

Später erhielt die Krankenkasse des Gutachtens dann doch noch. Danach leide der Kläger an einer chronischen Schmerzproblematik. Seine Belastbarkeit sei gemindert und die Erkrankung der Wirbelsäule beeinträchtige ihn seit Jahren. Schließlich stehe fest, dass der Kläger verschiedene Medikamente nicht vertrage. Der Gutachter stellte abschließend fest, die gesetzlichen Voraussetzungen zur Therapie mit Cannabis lägen beim Kläger nicht vor.
 

Die Versorgung des Kindes

Gegen die Entscheidung der Krankenkasse legte der Kläger Rechtsmittel ein. Er verwies darauf, dass er ein Kind versorgen müsse und es deshalb wichtig sei, dass er nicht arbeitsunfähig werde. Die Mutter des Kindes habe sich ihrer Verantwortung zwischenzeitlich völlig entzogen.
 
Das müsse die Krankenkasse bei ihrer Entscheidung berücksichtigen. Eine umfassende Schmerztherapie unter stationären oder teilstationären Bedingungen sei dem Kläger wegen seiner sozialen Situation nicht möglich. Schließlich verwies der Kläger darauf, dass es medizinisch nicht zu vertreten sei, wenn er Neuroleptika dauerhaft einnehme.
 

Die Fristen für eine Entscheidung der Krankenkasse

Das Sozialgericht sah das anders. Es meinte, der Kläger habe keinen Anspruch darauf, dass seine Krankenkasse die Kosten für die Behandlung mit Cannabisblüten übernehme.
 
Die Krankenkasse müsse normalerweise innerhalb von drei Wochen über einen Antrag entscheiden. Hole sie ein Gutachten ein, könne sie sich fünf Wochen Zeit lassen. Das gelte jedoch nur, wenn die gesetzliche Frist ablaufe, ohne dass die Krankenkasse dem Versicherten mitgeteilt habe, dass eine weitere Verzögerung eintrete. Die Kasse müsse dann auch den Grund für die Verzögerung nennen. Das sei hier geschehen.
 

Der Zeitpunkt der Entscheidung

Die Krankenkasse habe dem Kläger mitgeteilt, dass sie die gesetzliche Frist nicht einhalten könne. Sie würde weitere zwölf Tage benötigen, bis sie entscheiden könne. Der Kläger habe deshalb genau gewusst, bis wann er mit einer Entscheidung rechnen konnte.
 
Vor Ablauf dieser Frist hätte er sich das Medikament nicht selbst besorgen dürfen. Bereits aus diesem Grund sei die Krankenkasse nicht verpflichtet, nachträglich Kosten hierfür zu übernehmen. Dass das medizinische Gutachten zum Zeitpunkt der Entscheidung der Krankenkasse noch nicht vorgelegen habe, sei dabei nicht entscheidend.
 

Die unaufschiebbare Leistung

Der Kläger habe jedoch auch aus anderen Gründen keinen Anspruch darauf, dass seine Krankenkasse die Kosten für die gewünschte Behandlung übernehme. Nach dem Gesetz sei das nämlich nur möglich, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig habe erbringen können oder sie zu Unrecht abgelehnt habe und dem Versicherten dadurch Kosten entstanden seien.
 
Die Behandlung des Klägers mit Cannabisblüten sei keineswegs unaufschiebbar gewesen. Das habe auch der Kläger selbst nicht behauptet.
 

Keine Ablehnung zu Unrecht

Die Kasse habe die beantragte Übernahme der Kosten auch nicht zu Unrecht abgelehnt. Die Voraussetzungen für eine dementsprechende Behandlung zulasten der Krankenversicherung seien nämlich nicht erfüllt.
 
2017 habe der Gesetzgeber eine Vorschrift in das Sozialgesetzbuch aufgenommen, wonach Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung einen Anspruch auf die Versorgung mit Cannabis hätten.
 

Keine dem medizinischen Stand entsprechende alternative Leistung

Nach dem Gesetz dürfe der Arzt eine Behandlung mit Cannabis zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nur verschreiben, wenn andere Formen der Behandlung nicht zur Verfügung stünden.
 
Schließlich müsse die gewünschte Behandlung eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Besserung des Gesundheitszustandes oder auf schwerwiegende Symptome mit sich bringen.
 

Die Begründung der Verordnung

Dabei müsse vor allem die allererste Verordnung des Arztes die notwendige Begründung enthalten. Darin müsse der Arzt bestätigen, dass der Kläger an einer schwerwiegenden Erkrankung leide und dass entweder eine Leistung fehle, die dem medizinischen Standard entspreche, oder die zu erwartenden Nebenwirkungen bei herkömmlichen Therapieformen zu hoch seien.
 
Nichts davon habe der Arzt bestätigt. Aus dem Gutachten ließe sich entsprechendes ebenfalls nicht herleiten. Der Kläger leide an einer chronischen Schmerzproblematik. Diese beeinträchtige ihn auch seit Jahren ganz erheblich.
 

Andere umfassende Therapien zur Schmerzbehandlung

Des Weiteren stehe fest, dass der Kläger verschiedene Medikamente nicht vertrage. Der Gutachter habe jedoch beschrieben, dass es für den Kläger auch andere umfassende Schmerztherapien in stationärer oder teilstationärer Form gebe. Es sei nicht ersichtlich, warum diese dem Kläger nicht möglich seien. Die Voraussetzungen zur Therapie mit Cannabis erfülle der Kläger jedenfalls nicht.
 
Zu einem anderen Ergebnis kommt das Sozialgericht auch nicht, wenn es die Rolle des Klägers als alleinerziehender Vater berücksichtigt. Das Kind sei mittlerweile 14 Jahre alt und in einer Einrichtung der Jugendhilfe untergebracht. Das Kind befinde sich dort auch weiterhin. Soziale Gründe dagegen, eine herkömmliche, umfassende Schmerztherapie durchzuführen, lägen beim Kläger deshalb ebenfalls nicht vor.
 
Die Krankenkasse müsse aus diesem Grund Kosten für ein Behandlung nicht übernehmen. Aufgrund dessen bestehe nun auch für die selbstbeschaffte Leistung kein Anspruch auf Erstattung der Kosten.

Hier geht es zum Urteil
 
 
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Rechtliche Grundlagen

§ 13 SGB V; § 31 SGB V

§ 13 Kostenerstattung

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.
(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 5 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 4 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.
(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.
(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.
(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.
(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.
(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.



§ 31 Arznei- und Verbandmittel, Verordnungsermächtigung

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.
(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis zwölf Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem 11. April 2017 erbracht wurden.
(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.
(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Abs. 1, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.
(2a) (weggefallen)
(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 30 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.
(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.
(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung, wenn eine diätetische Intervention mit bilanzierten Diäten medizinisch notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, unter welchen Voraussetzungen welche bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung vom Vertragsarzt verordnet werden können und veröffentlicht im Bundesanzeiger eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Produkte. § 34 Abs. 6 gilt entsprechend. In die Zusammenstellung sollen nur Produkte aufgenommen werden, die die Anforderungen der Richtlinie erfüllen. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.
(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung

a)
nicht zur Verfügung steht oder
b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,

2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.

Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b oder im unmittelbaren Anschluss an eine Behandlung mit einer Leistung nach Satz 1 im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Leistungen, die auf der Grundlage einer Verordnung einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes zu erbringen sind, bei denen allein die Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 angepasst wird oder die einen Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität anordnen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung nach Satz 2. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Leistungen nach Satz 1 beauftragt.Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 6 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 9 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 5 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht.