Die Berufsgenossenschaften erkennen Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus (Corona) als Berufskrankheit an. Copyright by Adobe Stock/alex.pin
Die Berufsgenossenschaften erkennen Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus (Corona) als Berufskrankheit an. Copyright by Adobe Stock/alex.pin

Eine niedersächsische Bundestagsabgeordnete befragte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu der Anerkennung von Corona als Berufskrankheit. Von dort erhielt sie nun die Antwort, dass die Infektion mit Corona als Berufskrankheit anerkannt werden kann und es auch schon einige Fälle gibt, in denen das geschah.
 

Die Berufskrankheit Nummer 3101 befasst sich mit Infektionen

Das Ministerium verwies dabei auf die Berufskrankheit Nummer 3101 der Berufskrankheitenverordnung, wonach Infektionskrankheiten bei Personen im Gesundheitsschutz, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium anerkannt werden können. Gleiches gilt für Menschen mit Tätigkeiten, in welchen sie der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt sind.
 

Das Bundesministerium hält auch die Anerkennung eines Arbeitsunfalles für möglich

In Betracht käme auch die Anerkennung als Arbeitsunfall, wenn die Infektion nachweislich auf einen Kontakt mit einer Person zurückzuführen sei, die mit dem Virus infiziert war. Dies setze jedoch einen intensiven beruflichen Kontakt mit dieser Person voraus. Es komme auf die Dauer und die Intensität des Kontaktes an.
 
Lasse sich eine solche konkrete Person nicht feststellen, könne durchaus im Einzelfall auch ein nachweislich massives Infektionsgeschehen im Betrieb ausreichen. Das gelte auch für den Weg von und zur Arbeit.
 

Schutzmaßnahmen verringern das Infektionsrisiko

In Deutschland gebe es zwischenzeitlich umfangreiche Schutzmaßnahmen. Das Infektionsgeschehen sei deshalb deutlich zurückgegangen. Aufgrund dessen komme es nicht mehr darauf an, dass die arbeitsbedingte Infektionsgefahr das Ausmaß der Gefährdung, dem die Bevölkerung allgemein ausgesetzt sei, deutlich übersteige.
 
Allerdings fand die Befragung schon im Sommer dieses Jahres statt, zu einer Zeit, in der das Infektionsgeschehen tatsächlich nach unten ging. Das hat sich  - wie wir alle wissen  - inzwischen ja wieder deutlich geändert.
 

Bundesministerium geht von einem Nachlassen der konkreten Gefährdung aus

Was damit gemeint ist, wird allerdings nicht ganz deutlich. Offensichtlich geht das Bundesministerium für Arbeit und Soziales davon aus, dass es auf Grund der erhöhten Schutzmaßnahmen zu keiner konkreten Gefährdung mehr kommen kann. Im Umkehrschluss könnte das bedeuten, dass die Anerkennung einer Berufskrankheit erschwert werden soll und nur noch bei Nachweis eines konkreten Kontaktes zu einer infizierten Person beabsichtigt ist.
 

Die Krankheit muss auch ausbrechen

Eine Berufskrankheit oder ein Arbeitsunfall lägen aber nur dann vor, wenn es tatsächlich zu Anzeichen der Krankheit komme. Das fordere das Bundessozialgericht in seiner Rechtsprechung zur Unfallversicherung und dem Berufskrankheitenrecht. Wenn sich die Krankheit nicht äußere, sei auch der Versicherungsfall in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht eingetreten.
 

Die ersten statistischen Daten gibt es schon

Aus den statistischen Angaben unterschiedlicher Träger der Unfallversicherung ergebe sich, dass bis September 2020 bereits fast 19.000 Anzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit und nahezu 4000 Unfallanzeigen gemeldet worden seien. Die Berufsgenossenschaften und Unfallversicherungsträger hätten auch in rund 8000 Fällen schon abschließend Berufskrankheiten anerkannt. Etwa 90 Mal hätten sie einen Arbeits- oder Schulunfall anerkannt.
 
Aus den statistischen Daten der letzten Jahre ergebe sich, dass durchschnittlich etwas weniger als die Hälfte der Verdachtsanzeigen zu einer Anerkennung einer Infektionskrankheit als Berufskrankheit führe.

BMAS: Antworten auf schriftliche Frage einer Bundestagsabgeordneten
 
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Das sagen wir dazu:

Die Antwort auf die Fragen erging im September. Nach dem derzeitigen Stand des Infektionsgeschehens wird sicherlich nicht mehr weiter davon ausgegangen werden können, dass dies infolge der Umsetzung umfangreicher Schutzmaßnahmen deutlich zurückgegangen ist. Die hierauf bezogenen Ausführungen des Bundesministeriums dürften damit keinen weiteren Bestand haben.

In der Pflege wie auch in vielen anderen Bereichen gibt es nach wie vor ein bei weitem höheres Risiko, angesteckt zu werden, als dies in der Allgemeinbevölkerung der Fall ist. Die kurzfristige Verbesserung der Situation im Sommer dieses Jahres wird damit rechtlich nicht dafür herhalten können, besonders gefährdete Berufe von der Anerkennung einer Berufskrankheit wegen des damit verbundenen gesteigerten Infektionsrisikos auszunehmen.