Die Handelskette H&M stritt mit einer Verkäuferin um Zuschläge für Mehrarbeit in Höhe von 13,84 €. Copyright by Mariakray/Adobe Stock
Die Handelskette H&M stritt mit einer Verkäuferin um Zuschläge für Mehrarbeit in Höhe von 13,84 €. Copyright by Mariakray/Adobe Stock

Auch in diesen Wochen wird die Arbeitszeit von 39 Wochenstunden insgesamt überschritten, wenn tageweise Mehrarbeit geleistet wird. Denn bei Urlaub, Krankheit und an Feiertagen zählt die regelmäßige Arbeitszeit.
Doch das sieht man bei H&M anders und verweigert die Einbuchung von Zuschlägen in die Arbeitszeitkonten. Vergütungspflichtige Mehrarbeit liege bei einem Hinzutreten von Entgeltfortzahlungstatbestände nicht vor.
 

 

Zum ersten Gerichtstermin erscheint für die beklagte Handelskette niemand

Diese Frage wollte die Klägerin mit Hilfe Ihrer Gewerkschaft ver.di und der DGB Rechtsschutz GmbH vor dem Arbeitsgericht Stralsund klären lassen.
 
Zunächst ließ sich die Beklagte im Wege eines Versäumnisurteils zur Gutschrift der begehrten Mehrarbeitszuschläge verurteilen. Denn sie erschien zum Termin zur Güteverhandlung nicht und gab so zu erkennen, nicht verhandeln zu wollen. Anschließend überlegte es sich die Beklagte und legte gegen das Versäumnisurteil Einspruch ein. Insofern hatte das Arbeitsgericht Stralsund doch noch eine Entscheidung in der Sache zu treffen.
 

Wie ist die Rechtslage?

Bereits in vielen Fällen mussten sich das Bundesarbeitsgericht und verschiedene Landesarbeitsgerichte mit der Auslegung solcher Tarifverträge beschäftigen. In den meisten Fällen enthielten die Tarifverträge Regelungen wie „Zuschlagspflichtige Mehrarbeit liegt nur vor, wenn Arbeitnehmer mehr als ihre regelmäßige Arbeitszeit im Monat arbeiten“ oder „Zuschlagspflichtige Mehrarbeit liegt nur bei tatsächlich geleisteter Arbeitszeit vor“. In diesen Fällen waren für die Wochen, welche teilweise mit Feiertagen, Urlaubs- oder Krankheitstagen belegt waren, keine Mehrarbeitszuschläge zu zahlen.
 
Die jeweiligen Tarifverträge verlangten also eine tatsächliche Arbeitsleistung.
 

Die gerichtliche Entscheidung: Ergebnis der Auslegung gibt der Verkäuferin Recht

Im Fall der Klägerin jedoch enthält der Tarifvertrag für den Einzelhandel Mecklenburg-Vorpommern keine entsprechende Regelung. Das Arbeitsgericht Stralsund legte den streitigen Tarifvertrag aus. Es konnte in diesem keinen Anhaltspunkt dafür finden, dass Mehrarbeitszuschläge nur für tatsächlich geleistete Arbeit gezahlt werden sollen.
 
Das Gericht wies den Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil zurück.
H&M ist danach verpflichtet, auch in Wochen, in denen nicht an allen Tagen tatsächlich gearbeitet wurde, Mehrarbeitszuschläge in die Arbeitszeitkonten zu buchen. Entscheidend ist, ob die tarifliche Arbeitszeit von 39 Stunden pro Woche insgesamt überschritten ist.
 
Arbeitsgericht Stralsund, Urteil vom 04.12.2019 - 3 Ca 284/18


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