Im Innen- und Außendienst ist die Klägerin für die wichtige Aufgabe unterwegs, dass Eingriffe in die Natur möglichst schonend erfolgen. Copyright by Adobe Stock/koszivu
Im Innen- und Außendienst ist die Klägerin für die wichtige Aufgabe unterwegs, dass Eingriffe in die Natur möglichst schonend erfolgen. Copyright by Adobe Stock/koszivu

Die Klägerin ist als Sachbearbeiterin in der Eingriffsverwaltung und damit im öffentlichen Dienst tätig. Sie repräsentiert die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises und achtet darauf, dass Eingriffe in die Natur möglichst schonend und gegebenenfalls unter Wiedergutmachung der Schädigung von Flora und Fauna erfolgen.
 

Eingruppierung spiegelt die wichtige Aufgabe im Bereich des Naturschutzes nicht wieder

Für ihre Aufgabe ist die Klägerin als diplomierte Gartenbauingenieurin und zertifizierte Fachkraft für Umweltschutz mehr als geeignet. Sie hält neben dem üblichen Verwaltungswissen auch wertvolle Kenntnisse im Bereich der Pflanzenkunde vor. Und sie ist in der Lage landschaftsplanerische Gutachten auszuwerten und zu beurteilen.
 
Die Vergütung erfolgte nach der Entgeltgruppe 9b TVöD- VKA (Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst - Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände) in Verbindung mit der Entgeltordnung. Die Klägerin wurde eingestuft als Sachbearbeiterin im Bürodienst. Für diese wird eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 9b gezahlt, wenn diese eine einschlägige, abgeschlossene Hochschulausbildung vorweisen können oder gründliche, umfassende Fachkenntnisse besitzen und selbstständige Leistungen erbringen, also eigens erstellte Lösungen eines Falles erarbeiten.
 

Ingenieurin klagt auf Höhergruppierung

Mit ihrer Klage vor dem Arbeitsgericht Stralsund begehrte die Klägerin eine Eingruppierung in die höhere Entgeltgruppe 10 (hilfsweise 9c) der Entgeltordnung.
 
Die Systematik der Eingruppierung im öffentlichen Dienst ist von unbestimmten Rechtsbegriffen geprägt, die die Rechtsprechung im Laufe der Zeit mit Leben gefüllt hat. So erfordert die Entgeltgruppe 9c mystisch eine besonders verantwortungsvolle Tätigkeit. Die Entgeltgruppe 10 verlangt darüber hinaus anteilmäßig eine besondere Schwierigkeit und Bedeutung der Tätigkeit.
 

Arbeitsgericht Stralsund sieht die Klägerin als „normale“ Sachbearbeiterin

Die unbestimmten Rechtsbegriffe mit Leben zu füllen, ist für Beschäftigte, die hierfür in vollem Umfang- darlegungs- und beweisbelastet sind, stets eine hohe Hürde. Nur wenige Klagen auf Höhergruppierung führen zum Erfolg.
 
Es verwundert daher nicht, dass die Klägerin in erster Instanz vor dem Arbeitsgericht Stralsund unterlag. Das Gericht führte aus, dass der Klägerin der Vergleich zwischen einem „Normalsachbearbeiter“ und ihrer sachbearbeitenden Tätigkeit nicht gelungen sei.
 

In zweiter Instanz hatte das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern zu entscheiden

Die Klägerin entschied sich mit Ihrer rechtsschutzgewährenden Gewerkschaft und der DGB-Rechtsschutz GmbH zur Weiterverfolgung ihrer Sache im Berufungswege.
 
Das Gericht führte in einem ersten Termin aus, dass die Klägerin möglicherweise nicht als Sachbearbeiterin zu beurteilen sei, sondern die Tätigkeit einen ingenieursmäßigen Zuschnitt hat.
 
Für Ingenieure im öffentlichen Dienst besteht eine Sonderregelung in der Entgeltordnung. Sofern Beschäftigte Ingenieurstätigkeiten ausüben, ist die Entgeltgruppe 10 die Einstiegsentgeltgruppe. Das bedeutet, ein Ingenieur, der diese Tätigkeit im öffentlichen Dienst auch ausübt, wird wenigstens nach der Entgeltgruppe 10 vergütet.
 

Sparzwang der Kommunen darf nicht zu falscher Eingruppierung führen

Die Klägerin besserte den Vortrag zu ihren Ingenieurskenntnissen und -tätigkeiten nach. Am Ende konnte sie nachweisen, dass diese gegenüber ihren Verwaltungskenntnissen und -tätigkeiten in der täglichen Arbeit bei weitem überwiegen.
 
Das Landesarbeitsgericht sprach der Klägerin die begehrte Entgeltgruppe 10 zu.

 

Hier geht es zum Urteil

Rechtliche Grundlagen

Auszüge aus der Entgeltordnung zum TVöD
Entgeltgruppe 9b
Beschäftigte mit abgeschlossener Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.
Beschäftigte, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen erfordert.
(Gründliche, umfassende Fachkenntnisse bedeuten gegenüber den in den Entgeltgruppen 6 bis 9a geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine Steigerung der Tiefe und der Breite nach.)
Entgeltgruppe 9c
Beschäftigte, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Entgeltgruppe 9b heraushebt, dass sie besonders verantwortungsvoll ist.
Entgeltgruppe 10
Beschäftigte, deren Tätigkeit sich mindestens zu einem Drittel durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Entgeltgruppe 9c heraushebt.