Das Mitglied der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ist seit 1986 als Verkäuferin und Kassiererin bei der sächsischen Supermarktkette Konsum Dresden eG beschäftigt. Diese ist eine Konsumgenossenschaft mit Sitz in Dresden und Filialen in Sachsen und Bayern. 


Vor dem Arbeitsgericht Dresden stritten Arbeitgeberin und Arbeitnehmerin über die richtige Eingruppierung als Kassiererin. Die Vergütung erfolgte bisher nach der tariflichen Vergütungsgruppe G II. Die Klägerin begehrt eine tarifliche Einstufung nach der Vergütungsgruppe G III für ihre Tätigkeit als Kassiererin an der Scannerkasse.


Für das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für die Mitgliedsunternehmen Handel der Konsum-Tarifgemeinschaft e.V. Sachsen Anwendung.

Tarifvertrag unterscheidet zwischen Verkaufshilfen und Kassiererinnen

Für die kaufmännischen Arbeitnehmer*innen sind im Entgelttarifvertrag die Tätigkeiten nach Tarifgruppen gegliedert. 


Die Gehaltsgruppe II ist vorgesehen für Tätigkeiten, für die in der Regel eine Anlernzeit von sechs Monaten ausreichend ist. Als Beispiele werden hier Verkaufshilfen genannt, auch mit einfacher Kassiertätigkeit, wobei hier Unterbeispiel die Pfandkasse ist.


Die Gehaltsgruppe G III ist vorgesehen für kaufmännische Tätigkeiten, für die in der Regel eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine abgeschlossene Ausbildung im ausgeübten Beruf erforderlich ist. Als Beispiele werden hier unter anderem genannt Fachverkäufer*innen und Kassierer*innen.


Die Klägerin begehrt die höhere Eingruppierung und beruft sich darauf, dass die Tätigkeit an der Scannerkasse keine einfache Kassiertätigkeit sei. Dies sieht die Arbeitgeberin anders und argumentiert damit, dass die Tätigkeit an der Scannerkassen in weniger als 6 Monaten zu lernen und von ungelernten Aushilfen zu bewältigen sei.

Kassiererin obsiegt mit ihrer Klage vor dem Arbeitsgericht Dresden

Das Arbeitsgericht Dresden gab der Klägerin Recht und verurteilte die Konsum Dresden eG zur Zahlung der Gehaltsdifferenzen zwischen den Gehaltsgruppen G II und G III. Dies sind immerhin 205,75 € im monatlichen Gehalt, hinzukommen Unterschiede bei den Sonderzahlungen.


Wichtig war für die Beurteilung folgendes: Nach dem Tarifvertrag kommt es für die Eingruppierung auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit an. Denn nach § 2 Nr. 3 Entgelttarifvertrag sind auch die Gruppenmerkmale maßgebend, die jeder Gehaltsgruppe vorangestellt werden. Dies ist in der angestrebten Vergütungsgruppe G III „kaufmännische Tätigkeiten, für die in der Regel eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine abgeschlossene Ausbildung im ausgeübten Beruf erforderlich ist“. 


Das Arbeitsgericht Dresden schloss schon aus der Reihenfolge der tariflichen Regelung, dass zuerst auf die ausgeübte Tätigkeit abzustellen ist und dann auf die Gruppenmerkmale. Die Arbeitgeberseite hatte sich auf den Standpunkt gestellt, dass es nicht auf die bloße Angabe der Kassiertätigkeit als Beispiel in der Gehaltsgruppe G III ankomme und deshalb schon gar nicht die weiteren Eingruppierungsmerkmale unberücksichtigt gelassen werden könnten. Das Arbeitsgericht wertete die Reihenfolge von Tätigkeitsbeispiel und Gruppenmerkmal zugunsten der Kassiererin anders und stellte in erster Linie auf die Tätigkeit als Kassiererin ab. 

Gehaltsgruppe G III meint ganz normale Kassiertätigkeit

Das Gericht wandte den Begriff der Kassiererin so an, wie er im Handel, Verkehr und Wirtschaftsleben verstanden wird. Es griff dabei auf die Beschreibung der Aufgaben und Tätigkeiten zurück, wie sie von der Arbeitsagentur in deren Berufsinformationen festgehalten sind. Darin wird davon ausgegangen, dass der Kassiervorgang in der Regel mit Scannern erfolgt, die Ware nicht manuell erfasst werden muss. 


Hinzu kommt, dass der Entgelttarifvertrag aus dem Jahr 2009 stammt. Für das Gericht war dies auch ein Punkt, da es zu diesem Zeitpunkt Scannerkassen schon die Regel waren, die Tarifvertragsparteien für die einfache Kassiertätigkeiten in der Gehaltsgruppe II aber eben nicht die Scannerkasse als Unterbeispiel genannt haben, sondern die Pfandkasse. 


Das Gericht ging deshalb davon aus, dass in der Gehaltsgruppe G III die ganz normale Kassiertätigkeit gemeint ist. Insofern griff das Argument der Supermarktbetreiber nicht durch, an einer Scannerkasse fielen nur einfache Kassiertätigkeiten an. 

Urteil nicht rechtskräftig – vergleichbare Sache beim BAG anhängig

Aber, bei aller Freude über diese gute und wichtige Entscheidung des Arbeitsgerichts Dresden: Das Urteil ist nicht rechtskräftig und die Arbeitgeberseite hat angekündigt, in Berufung zu gehen.


Dies schon aus folgendem Grund: In einem anderen Verfahren, ebenfalls von der DGB Rechtsschutz GmbH geführt, hatte das Arbeitsgericht Leipzig die Klage und das Sächsische Landesarbeitsgericht (LAG) die Berufung eines Kassierers an einer Scannerkasse zurückgewiesen. Auch hier ging es um die Auslegung des Entgelttarifvertrages für die Mitgliedsunternehmen Handel der Konsum-Tarifgemeinschaft e.V. Sachsen. 


Beklagter ist hier die Konsumgenossenschaft Leipzig e.G., die ebenfalls die Tätigkeiten an einer Scannerkasse nach der Gehaltsgruppe G II vergütet. Die beteiligten Gerichte waren hier der Ansicht, die Tätigkeit an einer Scannerkasse rechtfertige nur eine Vergütung nach der Gehaltsgruppe G II. 


Nachdem unser Gewerkschaftliches Centrum für Revision und Europäisches Recht erfolgreich Nichtzulassungsbeschwerde erhoben hatte (das LAG hatte die Revision nicht zugelassen), ist nun ein Verfahren beim Bundesarbeitsgericht anhängig. Das Aktenzeichen lautet: 4 AZR 248/15. 

Die Entscheidung bleibt mit großem Interesse abzuwarten. 

Lesen Sie hier das vollständige Urteil des Arbeitsgerichts Dresden mit einer umfassenden Begründung zur richtigen Eingruppierung.

Die zweitinstanzliche Entscheidung in dem nun beim BAG anhängigen Verfahren gegen die Konsumgenossenschaft Leipzig können Sie hier nachlesen.

 

Im Praxistipp: Auf der Internetseite Berufe.net findet sich unter Kassierer*in (Handel) folgende Beschreibung: 

Rechtliche Grundlagen

Auf der Internetseite Berufe.net findet sich unter Kassierer*in (Handel) folgende Beschreibung:

Auf der Internetseite Berufe.net f http://berufenet.arbeitsagentur.de/berufe/
findet sich unter Kassierer*in (Handel) folgende Beschreibung:

Kassierer/innen im Handel bearbeiten den Kassiervorgang. Meist arbeiten sie mit Scannerkassen, sodass sie die Verkaufspreise nicht manuell eingeben müssen. In Supermärkten wiegen sie an der Kasse auch Gemüse und Obst ab. Wenn Kunden ihre Waren bezahlen, prüfen Kassierer/innen im Handel die Echtheit der Geldscheine und achten darauf, das richtige Wechselgeld herauszugeben. Gegebenenfalls wickeln sie die Zahlungen bargeldlos ab. Wenn weniger Betrieb ist, unterstützen sie die Kollegen und Kolleginnen im Lager und im Wareneingang und füllen Regale auf. Zudem bearbeiten sie Reklamationen und tauschen Waren um. Bei Bedarf helfen sie den Kunden beim Verpacken der gekauften Waren. Am Ende ihres Arbeitstages erstellen sie ggf. die Abrechnung, indem sie den Kassenbestand mit den Einnahmen verrechnen.