Wenn’s um’s Geld geht, ist das Finanzamt immer schnell zur Stelle. Copyright by Adobe Stock/Marco2811
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Einen etwas ungewöhnlichen Fall bearbeitete Hans-Dieter Hartig, Rechtsschutzsekretär der DGB Rechtsschutz GmbH in Mainz vor dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz. Es ging um die Nachentrichtung von Steuern aus einer Abfindung. Die Arbeitgeberin behauptete, sie habe eine Mitteilung des Finanzamtes erhalten, wonach die zu Grunde gelegte Steuerklasse falsch gewesen sei. Statt der Steuerklasse 6 habe sie die Steuerklasse 3 berechnet.

Sie verklagte darauf hin ihren ehemaligen Beschäftigten und wollte rund 10.000 € von ihm zurückhaben. Die Klägerin, also hier die Arbeitgeberin, behauptete, sie habe diesen Betrag nachträglich an das Finanzamt überwiesen. Um diese Behauptung zu beweisen, legte sie Ausdrucke der elektronischen Steuerbescheinigung des ehemaligen Arbeitnehmers mit Steuerklasse 3, eine Abrechnung unter Berücksichtigung der Steuerklasse 6 und einen Ausdruck des elektronischen Meldelaufes an das Finanzamt vor.

Die Arbeitgeberin bezog sich auch auf ein Schreiben ihres Abrechnungsbüros

Des Weiteren bezog sie sich auf ein Schreiben ihres Abrechnungsbüros. Damit war ihr Arbeitnehmer über das Versehen bei der Abrechnung hingewiesen worden. In dem Schreiben stand, es werde vermutet, er sei auf Grund einer neuen Beschäftigung nun nicht mehr in Steuerklasse 3, sondern in Steuerklasse 6 einzustufen. Die fehlende Steuer sei inzwischen an das Finanzamt nachentrichtet worden.

Der Beklagte wies allerdings darauf hin, er habe in keinem neuen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Dennoch gab das Arbeitsgericht Trier der Klage der Arbeitgeberin statt. Diese habe den Betrag nämlich unstreitig an das Finanzamt gezahlt. Da der Beklagte alleiniger Steuerschuldner sei, müsse er das erstatten.

Es kommt nicht darauf an, welche Steuerklasse zum Zeitpunkt der Zahlung zutreffend war

Es komme dabei nicht darauf an, welche Steuerklasse richtig gewesen sei, als der Lohn gezahlt wurde. Etwa zu viel gezahlte Steuer könnte der Beklagte bei der Einkommenssteuerveranlagung gegenüber dem Finanzamt geltend machen.

Das sah der Beklagte jedoch ganz anders und zog vor das Landesarbeitsgericht. Gut vertreten durch das Rechtsschutzbüro Mainz konnte er sich mit seiner Auffassung durchsetzen. Die geforderte zusätzliche Steuer braucht er nun nicht zu zahlen.

Das Landesarbeitsgericht geht in seinem Urteil davon aus, dass die Arbeitgeberin die Zahlung überhaupt nicht ausreichend bewiesen hat

Das Landesarbeitsgericht geht in seinem Urteil davon aus, dass die Arbeitgeberin überhaupt nicht ausreichend bewiesen habe, dass sie die zusätzlichen Steuern überhaupt gezahlt habe. Die vorgelegten Belege reichten dazu nicht aus. Auch das Schreiben der Abrechnungsstelle führe nicht weiter.

Die erste Abrechnung stimme mit dem Steuerbescheid des Arbeitnehmers überein. Der Beklagte hatte diesen im Verfahren eingereicht. Der Beklagte habe aber dann auch bestritten, dass seine frühere Arbeitgeberin die nachträglich behauptete Steuerschuld überhaupt gezahlt hatte. In dieser Situation sei die Klägerin verpflichtet, genau darzulegen du zu beweisen, was sie tatsächlich an das Finanzamt gezahlt habe. Diesen Beweis sei sie jedoch schuldig geblieben.

Die Arbeitgeberin hatte eine Sammelüberweisung an das Finanzamt vorgenommen

Die Arbeitgeberin hatte nämlich eine Sammelüberweisung an das Finanzamt gemacht. Sie konnte auch nur das Datenübermittlungsprotokoll an das Finanzamt vorlegen. Daraus ergebe sich eine Gesamtsumme vieler zusammengefasster Steuerzahlungen. Das Protokoll belege jedoch nur, dass die Arbeitgeberin Daten an das Finanzamt weiter gegeben habe. Die Zahlung selbst sei damit jedoch nicht bewiesen.

Auch der bei Gericht eingereichte Kontoauszug helfe nicht weiter. Aus ihm ergebe sich ebenfalls nur, dass die Klägerin eine Gesamtsumme von über 90.000 € an das Finanzamt überwiesen habe. Das Gericht konnte jedoch aus diesem Beleg nicht entnehmen, welcher Betrag für den beklagten Arbeitnehmer gezahlt worden sei.

Der Betrag aus dem Überweisungsbelegt stimmte nicht mit der elektronischen Datenübermittlung überein

Der Betrag aus dem Überweisungsbeleg stimme im Übrigen auch nicht mit der elektronischen Datenübermittlung an das Finanzamt überein.

Das Gericht konnte dem Kontoauszug außerdem weder Zahlungszweck noch Zahlungsempfänger entnehmen. Es sah in diesem Beleg daher kein taugliches Beweismittel für die Behauptung der Arbeitgeberin, sie habe für den Kläger eine Steuerschuld in Höhe von fast 10.000 € nachentrichtet.

Der beklagte Arbeitnehmer musste demnach seiner früheren Arbeitgeberin nichts zurückzahlen.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. März 2020