An die Arbeit! Aber: Wie geht das trotz Kündigung? Copyright by Adobe Stock/ArTo
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Maria beantragte beim Gericht in erster Linie festzustellen, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat. Darüber hinaus verlangte Maria, den Arbeitgeber zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreites weiter zu beschäftigen.


Variante 1: Das Arbeitsgericht hält die Kündigung für wirksam

Geht das Arbeitsgericht davon aus, dass der Arbeitgeber wirksam gekündigt hat, kann Maria nicht verlangen, an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren. Sie hat zwar die Möglichkeit, Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts einzulegen. Aber bis das Landesarbeitsgericht (oder gegebenenfalls erst das Bundesarbeitsgericht) eine für Maria günstige Entscheidung trifft, darf sie nicht wieder zurück an ihre Arbeit.


Variante 2: Das Arbeitsgericht hält die Kündigung für unwirksam

In diesem Fall hat der Arbeitgeber widerstreitende Interessen.

  • Einerseits möchte er vermeiden, dass Maria Lohn bekommt, obwohl sie gar nicht gearbeitet hat. Denn verliert der Arbeitgeber auch vor dem Landes- oder Bundesarbeitsgericht endgültig, muss er das Arbeitsentgelt für die gesamte Dauer des Kündigungsschutzverfahrens (nach-)bezahlen. Ein solches Verfahren kann unter Umständen mehrere Jahre dauern. Das könnte dafür sprechen, Maria aufzufordern, bis zum rechtskräftigen Verfahrensabschluss weiter zu arbeiten.
  • Andererseits soll Marias Weiterbeschäftigung aus Sicht des Arbeitgebers aber nicht dazu führen, dass ein neues  - vom Ausgang des Kündigungsschutzprozesses unabhängiges  - Arbeitsverhältnis entsteht.

 

Lösung 1: Prozessbeschäftigungsverhältnis

Zur Lösung dieses Interessenkonflikts hat die Rechtsprechung das
so genannte Prozessbeschäftigungsverhältnis entwickelt. Ein solches Verhältnis endet automatisch in dem Moment, in dem rechtskräftig feststeht, dass die Ausgangskündigung wirksam ist.
Voraussetzung dafür ist, dass der Arbeitgeber befürchten muss, Maria werde ihren Anspruch auf Weiterbeschäftigung aus dem Urteil des Arbeitsgerichtes vollstrecken.
Wenn Maria also  - aus welchen Gründen auch immer  - eine Weiterbeschäftigung gar nicht verlangt, hat der Arbeitgeber auch keine Zwangsvollstreckung zu befürchten. Ein Prozessbeschäftigungsverhältnis kommt dann in der Regel nicht in Betracht. Dies hat das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern am 21. Oktober 2009 (AZ: 2 Sa 152/09) so entschieden.
 
Problematisch ist bei einem Prozessbeschäftigungsverhältnis, wie mit einem Anspruch auf Urlaub und auf Entgeltfortzahlungen für Feier- und Krankheitstage zu verfahren ist.
Das Bundesarbeitsgericht ist der Auffassung, dass Prozessbeschäftigungsverhältnis sei kein Arbeitsverhältnis. Deshalb schieden Ansprüche auf Urlaub und Entgeltfortzahlungen aus. Erst wenn sich die Kündigung rechtskräftig als unwirksam herausgestellt habe, müsse der Arbeitgeber solche Ansprüche  - gegebenenfalls im Wege des nachträglichen Schadensersatzes  - erfüllen.
Zumindest im Hinblick auf den Urlaubsanspruch hat allerdings das Landesarbeitsgericht Hamm mit Urteil vom 21. November 2018 zugunsten des Arbeitnehmers entschieden.
 
 
Vergleiche dazu im Einzelnen:
Urlaubsanspruch auch im Prozessbeschäftigungsverhältnis
 

Lösung 2: Befristetes Arbeitsverhältnis

Möglich wäre auch, dass der Arbeitgeber mit Maria ein befristetes Arbeitsverhältnis schließt, das mit Eintritt der Rechtskraft endet. Das setzt aber voraus, dass beide Parteien den Arbeitsvertrag eigenhändig unterschreiben. Ist dies nicht der Fall  - etwa weil der Arbeitgeber Maria nur mündlich auffordert, an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren  - entsteht mit Arbeitsaufnahme ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Dieses Arbeitsverhältnis ist vom Ausgang des Kündigungsschutzverfahrens nicht abhängig.

Hier geht es zum Urteil