Sebastian Klähn ist Rechtsschutzsekretär und EURES-Berater bei der DGB Rechtsschutz GmbH in Dresden. Er berät vertritt die polnischen und tschechischen Kolleginnen und Kollegen
Sebastian Klähn ist Rechtsschutzsekretär und EURES-Berater bei der DGB Rechtsschutz GmbH in Dresden. Er berät vertritt die polnischen und tschechischen Kolleginnen und Kollegen

Aus gutem Grund hatte sich die Kollegin nicht krank gemeldet. Seit fast zwei Jahren war sie im Lager einer Logistikfirma beschäftigt. Die Beendigung des Arbeitsvertrags auf Grund einer sachgrundlosen Befristung stand kurz bevor. Der Arbeitgeber ließ lange nicht durchblicken, ob er das Beschäftigungsverhältnis fortsetzt oder einfach auslaufen lässt und sie wieder arbeitslos wird. Nach der dritten Befristung hätte das Arbeitsverhältnis in eine unbefristete Beschäftigung umgewandelt werden müssen – hierauf hoffte die Kollegin.

Befristungen und kein Ende

Diese Situation kennen viele ausländische Beschäftigte in Deutschland sehr gut: Ein kurzfristiges Beschäftigungsverhältnis reiht sich an das andere. Es beginnt mit der Probezeit von sechs Monaten, in der der Arbeitgeber kurzfristig und ohne Angabe von Gründen kündigen kann. Es geht weiter mit den Leiharbeitsfirmen, die schnell dabei sind Kündigungen auszusprechen. Schließlich nutzen im Niedriglohnbereich fast alle Arbeitgeber die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung, die das deutsche Recht für eine Dauer bis zu zwei Jahren erlaubt. Auch wenn es nicht offen ausgesprochen wird, wissen Grenzgängerinnen und Grenzgänger: Eine kurzzeitige Krankschreibung macht oft den Unterschied zwischen Weiterbeschäftigung und Arbeitslosigkeit aus.

Neue Rechtsprechung

Eine Woche vor dem Auslaufen der Befristung erhielt die tschechische Kollegin die Mitteilung, dass das Arbeitsverhältnis nicht verlängert wird. Die 55-jährige Frau arbeitet schon viele Jahre in Deutschland. Die gesundheitlichen Probleme hingen auch mit der körperlich beanspruchenden Arbeit zusammen. Die Sorge schon wieder von null anfangen zu müssen hielt sie davon ab sich arbeitsunfähig zu melden. Nun, da die Beendigung beschlossene Sache war, ließ sie sich von ihrem Arzt krankschreiben und informierte den Arbeitgeber. Nach dem Gesetz hatte sie damit einen Anspruch auf Fortzahlung des Lohns. Doch das wollte der Arbeitgeber nicht. In einem Brief teilte er mit, dass er für den Zeitraum der Krankschreibung kein Entgelt zahlen werde. Seine Begründung: 5 AZR 149/21.

Es handelt sich dabei um das Aktenzeichen eines Urteils des Bundesarbeitsgerichts, das in der Beratung für mobile Arbeitnehmer derzeit öfters eine Rolle spielt. Arbeitgeber berufen sich darauf, um die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu verweigern, wenn eine Krankschreibung im zeitlichen Zusammenhang mit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erfolgt. Doch die Reichweite des Urteils ist begrenzt. In dem Fall ging es um einen Arbeitnehmer, der selber gekündigt hat und eine Krankschreibung vorlegte, die am Tag der Kündigung begann und genau zum letzten Arbeitstag endete. Diese Konstellation lässt sich nicht auf die Situation der Kollegin übertragen.

Gewerkschaft hilft

Auch die Kollegin akzeptierte das Vorgehen des Arbeitgebers nicht. Sie kontaktierte ihre Gewerkschaft ver.di und erhielt Rechtsschutz. Im Gerichtsverfahren teilte der Arbeitgeber dann mit, dass die Arbeitsunfähigkeit der Kollegin nicht länger in Zweifel gezogen wird. Wir werden nun genau prüfen, ob der ausstehende Lohn vollständig bezahlt wird.

Den Beitrag gibt es hier auch in Tschechisch

Den Beitrag gibt es hier auch in Polnisch

Mitgliedschaft lohnt sich!

Członkostwo się opłaca!

Členství se vyplácí!

Sebastian Klähn ist Rechtsschutzsekretär und EURES-Berater bei der DGB Rechtsschutz GmbH in Dresden. Er berät die polnischen und tschechischen Kolleginnen und Kollegen in den sächsischen Betrieben und führt ihre Gerichtsverfahren vor den Arbeits- und Sozialgerichten.