Eine Schwangere Erzieherin, deren Vertrag wegen der Schwangerschaft enden sollte, erhält drei Monatsgehälter Entschädigung.
Eine Schwangere Erzieherin, deren Vertrag wegen der Schwangerschaft enden sollte, erhält drei Monatsgehälter Entschädigung.


Auch Grundpfeiler des Arbeitsrechts unterliegen Umgehungsversuchen der Arbeitgeberseite, wie ein aktueller Fall aus Berlin zeigt: Nach dem gesetzlichen System des Mutterschutzgesetzes ist es anerkanntes sozialpolitisches Allgemeingut, dass der Arbeitgeber während der Schwangerschaft das Entgelt der Schwangeren fortzuzahlen hat. 

Geschützt wird die Existenzgrundlage und die Psyche der Schwangeren, auch im Interesse des Kindes. In der Regel wird hierdurch mindestens der Zeitraum sechs Wochen vor der Entbindung und der Zeitraum von acht Wochen danach abgedeckt. 

Vertragsbeendigung ohne Kündigung? 

Die Klägerin im Berliner Fall erlebte das anders. Sie arbeitete für ein gemeinnützige GmbH in einem Kindergarten und nahm berufsbegleitend an einer Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin teil. Nicht sonderlich gemeinnützig war aber eine Klausel in ihrem Arbeitsvertrag.

Dieser sollte mit einer kurzen Frist enden, wenn sie mehr als zwei Monate bei der Ausbildungsmaßnahmen oder bei zwei Blockunterrichtsterminen in Folge fehlt. Eine Kündigung, die dem Kündigungsverbot für werdende Mütter unterlegen hätte, bedürfe es hierzu nicht. 

Nachdem die Klägerin ihre Schwangerschaft offengelegt hatte, war für den Arbeitgeber klar, dass eine Lücke in der Ausbildung entstehen wird. Er teilte der Klägerin deswegen schriftlich mit, dass ihr Arbeitsverhältnis Ende Februar wegen Eintritts einer auflösenden Bedingung automatisch ende. Zu diesem Zeitpunkt stand die Geburt des Kindes unmittelbar bevor. 

Auflösende Bedingung unwirksam 

Das Arbeitsgericht hielt die auflösende Bedingung für unwirksam. Die von der Beklagten verwendete Klausel sei unangemessen benachteiligend, obwohl sie die Möglichkeit einer Neubegründung des Arbeitsverhältnisses vorsah. 

Es fehle unter anderem der sachliche Grund, der nach den Grundsätzen des Teilzeit- und Befristungsgesetz auch bei auflösenden Bedingungen vorliegen müsse. Das Arbeitsgericht stellte daher fest, dass das Arbeitsverhältnis nicht beendet war.

Neben dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und den daraus folgenden Ansprüchen sprach das Gericht der Klägerin zusätzlich eine Entschädigung in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern zu.

Diskriminierungsentschädigung nach dem AGG 

Rechtsgrundlage war hierfür das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Das Verhalten der Beklagten lasse nur den Rückschluss zu, dass sich der Arbeitgeber seinen geschlechtsspezifischen Verpflichtungen aus dem Mutterschutzgesetz entziehen wollte. 

Wegen der Wiederholungsgefahr und auch der finanziellen Vorteile der Vertragsbeendigung sei eine Sanktion der Beklagten über das Fortbestehen des Arbeitsverhältnis hinaus erforderlich. 

Entscheidend sei, dass die Beklagte der Klägerin den Schutz des Mutterschutzgesetzes im vollen Bewusstsein der Schwangerschaft und der dadurch vermittelten besonderen Schutzbedürftigkeit entzogen habe. Gerade die Angst um die Existenzgrundlage solle der der Mutter durch die Gewährung des Mutterschutzes genommen werden. 

Links

Urteil des Arbeitsgerichts Berlin

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Das sagen wir dazu:

Wichtig ist es, dass die Unwirksamkeit auflösender Bedingungen rechtzeitig eingeklagt wird. Es gilt eine Frist von drei Wochen, beginnend mit Ablauf des vereinbarten Datums. 

Beim Entschädigungsanspruch aus dem AGG sind ebenfalls Fristen zu beachten. Der Anspruch muss innerhalb von zwei Monaten geltend und innerhalb drei Monaten nach Geltendmachung eingeklagt werden.

Die Schwangere muss zudem abwägen, zu welchem Zeitpunkt sie für welchen Zeitraum  einen formal korrekten Antrag auf Elternzeit stellen will.

Rechtliche Grundlagen

§ 15 AGG

§ 15 Entschädigung und Schadensersatz
(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.