Bis Ende des Jahres: wegen der Pandemie sind Betriebsratssitzungen ausnahmsweise als Videokonferenzen möglich. Copyright by Adobe Stock/fizkes
Bis Ende des Jahres: wegen der Pandemie sind Betriebsratssitzungen ausnahmsweise als Videokonferenzen möglich. Copyright by Adobe Stock/fizkes


Nachdem Bundesarbeitsminister Hubertus Heil zunächst irrtümlich davon ausging, er könne die Teilnahme an Betriebsratssitzungen mittels Video- oder Telefonkonferenz einschließlich online gestützter Anwendungen wie WebEx Meetings oder Skype durch Ministererklärung gestatten, hat die Bundesregierung dem Bundesrat vorgeschlagen, eine entsprechende Vorschrift in das Betriebsverfassungsgesetz einzufügen (§ 129 BetrVG).


Wir hatten darüber berichtet in unserem Artikel:

Während der Pandemie: Sitzungen von Betriebs- und Personalräten als Videokonferenzen:


Der Bundestag beschließt, dass bis Jahresende Betriebsratssitzungen auch als Online-Konferenzen stattfinden können


In seiner Sitzung am 22. April 2020 hat der Bundestag jetzt die entsprechende Ergänzung zum Betriebsverfassungsgesetz beschlossen.

Betriebsräte haben die Möglichkeit, Beschlüsse vorerst auch via Video- und Telefonkonferenz zu fassen. Diese Regelung gilt bis zum 31. Dezember 2020. Sie tritt rückwirkend ab dem 1. März 2020 in Kraft, damit die bereits jetzt in Videokonferenzen gefassten Beschlüsse rechtswirksam bleiben. Es muss sichergestellt sein, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können. Eine Aufzeichnung ist unzulässig.

Eine entsprechende Regelung gilt auch für den Gesamtbetriebsrat, den Konzernbetriebsrats, die Jugend- und Auszubildendenvertretung, die Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung und die Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung sowie für die Einigungsstelle und den Wirtschaftsausschuss.

Das BetrVG schreibt vor, dass über jede Sitzung des Betriebsrates ein Protokoll geführt werden muss und dass diesem eine Anwesenheitsliste beizufügen ist, in die sich jeder Teilnehmer eigenhändig einzutragen hat (§ 34 Absatz 1 BetrVG). Findet die Sitzung in Form einer Telefon- oder Videokonferenz statt, müssen die Teilnehmer ihre Anwesenheit gegenüber dem Vorsitzenden in Textform bestätigen.

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) definiert die Textform als eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, und die auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird (§ 126b BGB). Es reicht also eine E-Mail.

Es muss sichergestellt werden, dass kein Unbefugter lauscht


Klar ist, dass es sich hier um eine Ausnahmeregelung vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie handelt. Grundsätzlich dürfen Betriebsratssitzungen nur als Präsenzsitzungen, also in einem geschlossenen Raum stattfinden, in dem die Betriebsratsmitglieder körperlich anwesend sind.

Zudem schreibt das BetrVG vor, dass Betriebsratssitzungen nicht öffentlich sind (§ 30 BetrVG). An den Sitzungen dürfen grundsätzlich nur Betriebsrats-Mitglieder teilnehmen, bei Verhinderung die entsprechenden Ersatzmitglieder. Ausnahmen gibt es nur, insoweit das Gesetz anderen Personen eine Teilnahme ausdrücklich einräumt. Auch wenn die Sitzung in Form einer Videokonferenz stattfindet, müssen diese Grundsätze unbedingt beachtet werden.

Telefon- und Videokonferenzen sind die Ausnahme. Präsenzsitzung geht vor!


Der Betriebsratsvorsitzende entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, ob die Betriebsratssitzung in Form einer Telefon- oder Videokonferenz stattfindet. Allerdings hat er das Ermessen nur, wenn wichtige Voraussetzungen gegeben sind: er muss sicherstellen können, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können und dass keine Aufzeichnungen der Konferenz stattfinden. Kann der Vorsitzende nur eines dieser beiden Voraussetzungen nicht garantieren, darf er nicht zu einer Betriebsratssitzung in Form einer Telefon- oder Videokonferenz einladen.

Der Vorsitzende übt sein Ermessen nur pflichtgemäß aus, wenn er zunächst ausschließt, dass eine Präsenzsitzung unter Einhaltung der Hygienevorschriften und des Abstandsgebotes möglich ist. Die Vorschrift regelt nämlich ausdrücklich eine Ausnahme vom Präsenzprinzip mit Blick auf die besondere Situation aufgrund der Pandemie. Kann der Betriebsrat seine Sitzung unter Einhaltung der Pandemie-bedingten Verhaltensregeln durchführen, kommt weder eine Telefon- noch eine Videokonferenz in Frage.

Betriebsversammlungen nicht als Telefonkonferenz


Bis Ende des Jahres können auch Betriebsversammlungen, Jugend- und Auszubildendenversammlungen sowie Betriebsräteversammlungen mittels audio-visueller Einrichtungen durchgeführt werden. Es muss dabei allerdings auch hier sichergestellt sein, dass nur teilnahmeberechtigte Personen Kenntnis von dem Inhalt der Versammlung nehmen können. Eine Aufzeichnung ist unzulässig.

Anders als bei einer Betriebsratssitzung sind hier Telefonkonferenzen nicht möglich, da die Vorschrift insoweit ausdrücklich audio-visuelle Einrichtungen vorschreibt.

Rechtliche Grundlagen

§ 129 BetrVG

(1) Die Teilnahme an Sitzungen des Betriebsrats, Gesamtbetriebsrats, Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung und der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung sowie die Beschlussfassung können mittels Video- und Telefonkonferenz er-folgen, wenn sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können. Eine Aufzeichnung ist unzulässig. § 34 Absatz 1 Satz 3 gilt mit der Maßgabe, dass die Teilnehmer ihre Anwesenheit gegenüber dem Vorsitzenden in Textform bestätigen. Gleiches gilt für die von den in Satz 1 genannten Gremien gebildeten Ausschüsse.
(2) Für die Einigungsstelle und den Wirtschaftsausschuss gilt Absatz 1 Satz 1 und 2 entsprechend.
(3) Versammlungen nach den §§ 42, 53 und 71 können mittels audiovisueller Ein-richtungen durchgeführt werden, wenn sichergestellt ist, dass nur teilnahmeberechtigte Personen Kenntnis von dem Inhalt der Versammlung nehmen können. Eine Aufzeichnung ist unzulässig.