Informations- und Kommunikationsmittel sind dem Betriebsrat bei Erforderlichkeit zur Verfügung zu stellen
Informations- und Kommunikationsmittel sind dem Betriebsrat bei Erforderlichkeit zur Verfügung zu stellen


Der Betriebsrat begehrte von seinem Arbeitgeber die Zurverfügungstellung eines Smartphones nebst Schutzhülle, Nummer, Netzverbindung und Zugang zum Internet.

Der Arbeitgeber betreibt ein Krankenhaus in A sowie ein drei km entferntes gemeindepsychiatrisches Zentrum in A, eine 15 km entfernte Sozialstation in der Gemeinde B, Ortsteil C, ein 18 km entferntes Seniorenzentrum in D sowie in 20 km Entfernung ein gemeindepsychiatrisches Zentrum in E. Bei dem Arbeitgeber ist ein aus 13 Mitgliedern bestehender Betriebsrat gebildet.
 

Arbeitgeber bestreitet Erforderlichkeit eines Smartphones

 
Der Betriebsrat vertrat die Auffassung, dass er ein Smartphone benötige, um eine ständige Erreichbarkeit - insbesondere auch für die Schichtdienstarbeiter in den Abend- und Wochenendstunden - gewährleisten zu können.
 
Der Arbeitgeber erklärte, der Betriebsrat habe eine Erforderlichkeit nicht ausreichend dargelegt. In Übrigen könne der Betriebsrat während seiner begrenzten Aufenthalte in den Außenstellen dortige vorhandene Informations- und Kommunikationsmittel benutzen.
 

Landesarbeitsgericht gibt Betriebsrat recht

 
Erstinstanzlich wurde der Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen. Die gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts Fulda vom 13. Juli 2016 eingelegte Beschwerde des Betriebsrats war erfolgreich.
 
Das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) gab dem Arbeitgeber, unter Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses auf, dem Betriebsrat ein Mobiltelefon Modell Samsung Galaxy XCover3 oder Samsung Galaxy S3 Neo nebst Schutzhülle, Nummer und Netzverbindung und Internetzugang zur Verfügung zu stellen.
 
Die Richter*innen der 16. Kammer des Hessischen LAG begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die laufende Geschäftsführung Informations- und Kommunikationsmittel in erforderlichem Umfang zur Verfügung zu stellen habe. Hierzu gehöre grundsätzlich auch ein Smartphone.
 
Ob ein solches Mittel zur Erledigung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich sei oder nicht, liege im Beurteilungsspielraum des Betriebsrats. Dieser habe die betrieblichen Verhältnisse, seine gesetzlichen Aufgabenbereiche und das Interesse des Arbeitgebers - auch dessen Kosteninteresse - zu berücksichtigen und dürfe seine subjektiven Bedürfnisse nicht in den Vordergrund stellen.
 

LAG: Kosteninteresse des Arbeitgebers unbeachtlich

 
Im vorliegenden Fall halte die Entscheidung des Betriebsrats über die Erforderlichkeit der arbeitsgerichtlichen Kontrolle stand. Der Betriebsrat habe seinen Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Er habe insbesondere die betrieblichen Verhältnisse berücksichtigt.
 
Nach den Feststellungen des LAG betreut der Betriebsrat mehrere Außenstellen, die von ihm in regelmäßigen Abständen besucht werden. Zu diesen Zeiten ist er in seinem Betriebsratsbüro nicht zu erreichen.
 
Zudem werden die Arbeitnehmer*innen im Schichtdienst betreut, mit denen der Betriebsrat auch an Wochenenden und zu Abendstunden kommuniziert können muss.
 
Wichtig sei auch die ständige Abrufbarkeit von Dienstplänen und Terminplänen, um Termine koordinieren zu können und zu sehen, wer gerade im Dienst ist.
 
Da es sich einem verhältnismäßig geringen Kostenfaktor handelt, sei das von dem Arbeitgeber ins Feld geführte Kosteninteresse unbeachtlich. Die vom Arbeitgeber angebotenen Alternativen, wie die zeitweilige Nutzung eines Leih-Laptops oder eines stationären PCs, wurden vom LAG für die Zwecke des Betriebsrats als unzureichend angesehen.


Hier geht es zur vollständigen Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 13.3.2017:

Das sagen wir dazu:

Bei dem vom Hessischen LAG entschiedenen Sache handelt es sich einmal mehr um einen typischen Fall, wo der Arbeitgeber dem Betriebsrat nicht das Schwarze unter dem Fingernagel gönnt. So nach dem Motto „geht doch auch so“.
 
Man muss man sich mal praktisch vorstellen, wie sich die Arbeit des Betriebsrats gestalten würde, wenn sich die verquere Auffassung des Arbeitgebers durchgesetzt hätte. Der Betriebsrat müsste ständig nachfragen, ob er mal telefonieren darf und käme in die Rolle eines Bittstellers. Und wenn Arbeitnehmer*innen das BR-Mitglied anrufen wollen, müssen diese sich durchfragen, bis man das BR-Mitglied eventuell in einer der Außenstellen erreicht. Dies alles geht natürlich irgendwie, kann aber nicht der Maßstab sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber seine eigenen Führungskräfte mit Laptop und Smartphone ausstattet, damit er sie immer erreichen kann.
 

Betriebsräte sind keine untergeordnet Stabsstelle!

 
Manch ein Arbeitgeber hat bis heute noch nicht verstanden, das der Betriebsrat keine untergeordnete Stabstelle ist, sondern er dem Arbeitgeber auf Augenhöhe begegnet.
Ein Blick in das Betriebsverfassungsgesetz reicht um festzustellen, dass der Betriebsrat ein gleichberechtigter Partner ist. Dass es immer noch Arbeitgeber gibt, die sich daran sowie an der großen Palette der Zuständigkeiten der Betriebsräte stören, mag manch einem verständlich erscheinen. Für eine die Interessen der Beschäftigten konsequent vertretende Arbeitnehmer*innenvertretung kann und darf darauf aber keine Rücksicht genommen werden. Völlig zu Recht hat daher der Betriebsrat darauf bestanden, solche Informations- und Kommunikationsmittel zur Verfügung gestellt zu bekommen, derer sich der Arbeitgeber bedient und mit denen er auch seine Führungskräfte ausgestattet hat.

Rechtliche Grundlagen

§ 40 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz

Betriebsverfassungsgesetz

§ 40 Kosten und Sachaufwand des Betriebsrats

(1) Die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten trägt der Arbeitgeber.

(2) Für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung hat der Arbeitgeber in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Büropersonal zur Verfügung zu stellen.