Eine Maskenbildnerin darf befristet für eine Spielzeit eingestellt werden. Die Rechtfertigung ergibt sich aus der Eigenart der Arbeitsleistung.
Eine Maskenbildnerin darf befristet für eine Spielzeit eingestellt werden. Die Rechtfertigung ergibt sich aus der Eigenart der Arbeitsleistung.


Das Bundesarbeitsgericht sieht eine Befristung einer Maskenbildnerin aufgrund der Eigenart der Beschäftigung als rechtmäßig an.

Maskenbildnerin wird pro Spielzeit beschäftigt

Die 1978 geborene Klägerin war seit September 2004 beim Land Nordrhein-Westfalen an einem Theater als Maskenbildnerin beschäftigt. Zweimal wurde das Arbeitsverhältnis bis Ende August 2008 verlängert. Nachdem die Klägerin im Dezember 2012 aus Mutterschutz und Elternzeit zurückkehrte, erfolgte eine weitere Befristung bis Ende August 2014. Das Gehalt der Klägerin betrug zuletzt monatlich rund 1.300 EUR brutto. 

Der Arbeitsvertrag enthielt eine Beschreibung der Tätigkeit als „überwiegend künstlerisch“. Auf den Arbeitsvertrag fand die Regelungen des „Normalvertrag Bühne“ (NV) Anwendung. Der „Normalvertrag Bühne“ ist ein Tarifvertrag, vereinbart zwischen dem „Deutschen Bühnenverein  - Bundesverband Deutscher Theater“ und der „Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger“.

In dem Arbeitsvertrag war weiter geregelt, dass sich das Arbeitsverhältnis um ein Jahr, also eine Spielzeit, verlängert, wenn nicht eine sogenannte „Nichtverlängerungsmitteilung“ vom beklagten Land ausgesprochen wird. 

Im Juli 2013 fand ein Gespräch zwischen der Klägerin und dem Staatsintendanten, dem geschäftsführenden Direktor und dem Leiter der Abteilung Maske statt, wegen der Verlängerung des Arbeitsverhältnisses. Der Klägerin wurde mangelhafte Arbeitsleistung vorgeworfen. Einige Tage nach dem Gespräch erhielt die Klägerin dann die Nichtverlängerungsmitteilung. 

Maskenbildnerin „überwiegend künstlerisch“ tätig?

Die Klägerin klagte nun gegen die Befristung und stellte die Anwendbarkeit des Normalvertrages Bühne in Frage. Sie war der Auffassung, dass sie tatsächlich niemals „überwiegend künstlerisch“ tätig gewesen sei. So sei ein Qualitätssprung von der Tätigkeit als Maskenbildnerin zur „künstlerischen“ Maskenbildnerin nicht wahrnehmbar. Sie habe seit Beginn ihrer Tätigkeit für die Beklagte stets so gearbeitet, wie es dem typischen Berufsbild einer Maskenbildnerin entsprochen habe, nämlich auf Anweisung. 

Zu großen Teilen habe sich ihre Arbeit auf rein technisches Zuarbeiten ohne künstlerischen Spielraum beschränkt. Ihre Tätigkeit könne daher nicht generell als „künstlerisch“ angesehen werden. Weiter vertrat die Klägerin die Auffassung, das Gespräch mit ihr im Juli 2013 sei nicht ordnungsgemäß geführt worden. 

Statt einer Erörterung über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei es nur um die angeblichen Mängel der Arbeitsleistung gegangen. Solche hätten aber gar nicht vorgelegen. Das beklagte Land habe bereits zu diesem Zeitpunkt die Absicht gehabt, das Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht weiterführen zu wollen. 

Möglichkeiten der Fortführung seien daher gar nicht ernsthaft in Betracht gezogen worden. Zwischen ihr und dem beklagten Land bestehe nach all dem ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.

BAG weist Klage ab

Sowohl das Arbeitsgericht in der ersten Instanz als auch Landesarbeitsgericht im Berufungsverfahren wiesen die Klage ab. Auch mit der Revision vor dem Bundesarbeitsgericht hatte die Klägerin keinen Erfolg.

Das BAG sieht - ebenso wie bereits die Vorinstanzen - eine sachliche Rechtfertigung für die Befristung des Arbeitsverhältnisses. Nach der maßgeblichen Vorschrift des Teilzeit- und Befristungsgesetzes ist ein sachlicher Grund für die Befristung gegeben, wenn „die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt“. 

Eine solche Eigenart der Arbeitsleistung sieht das Bundesarbeitsgericht in der Tätigkeit der Klägerin. Arbeitsverträge von künstlerisch tätigen Arbeitnehmern, etwa Theaterschauspielern, Kapellmeistern, Choreographen oder Dramaturgen, seien regelmäßig auf eine Spielzeit befristet. Dies sei nach der älteren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sachlich gerechtfertigt. 

Kunstfreiheit zieht weite Kreise

Das Bundesarbeitsgericht betont in seinem Urteil die verfassungsrechtlich garantierte Kunstfreiheit. 

Damit einher geht nach Ansicht des Gerichts auch eine Gestaltungsfreiheit. Im künstlerischen Bereich tätige Arbeitgeber müssten und dürften flexibel auf Entwicklungen des Kunstbetriebs reagieren können. 

So sollen Arbeitnehmer den Vorstellungen des Intendanten entsprechen können. Notwendig sei daher, geeignetes Personal einzusetzen  - oder eben nicht mehr einzusetzen. Nur so könne dem Abwechslungsbedürfnis des Publikums entsprochen werden, führt das Bundesarbeitsgericht aus.

Auch Klägerin künstlerisch tätig

Das Bundesarbeitsgericht widmet sich daher der Frage, ob auch die Klägerin konkret künstlerisch tätig war und bejaht dies. Entscheidend sei einerseits der Arbeitsvertrag. Dessen Inhalt regelt die Ausgestaltung der Beschäftigung. 

Damit einher gingen auch die Grenzen des Direktionsrechts des beklagten Landes als Arbeitgeber. Als Maskenbildnerin zählt das Bundesarbeitsgericht die Klägerin dann zu jenen Arbeitnehmern, die auch tatsächlich einen künstlerischen Beruf ausüben. 

Ergänzend stellt das Gericht fest, dass die Klägerin bewusst den Arbeitsvertrag eingegangen ist, also auch selbst stets „künstlerisch“ tätig sein wollte. 

Tarifgeschichte spricht gegen Klägerin

Die Besonderheit des NV-Bühne spricht nach Auffassung es Bundesarbeitsgerichts ebenfalls gegen die Auffassung der Klägerin. 

Bereits die Vorgängerregelung, der Bühnentechniker-Tarifvertrag, sah eine künstlerische Tätigkeit dann vor, wenn diese vertraglich vereinbart wurde. Dies freilich nur unter der Bedingung, dass die typischerweise „künstlerische“ Tätigkeit auch tatsächlich ausgeübt wurde.

Das Bundesarbeitsgericht äußerst sich auch zu Gegenargumenten: Wirklich künstlerischen Einfluss könnte man nur Tätigkeiten wie technische Leitung, Leitung des Beleuchtungswesens, Tonmeister attestieren, und gerade nicht bei Maskenbildnern. 

Diesem Gedanken folgt das Bundesarbeitsgericht nicht: Denn auf der anderen Seite könne ein künstlerisches Wirken der Klägerin als Maskenbildnerin auch nicht typischerweise verneint werden. 

Zudem sieht das Bundesarbeitsgericht die Einordnung der Klägerin als „künstlerische“ Tätigkeit als von den Tarifparteien des NV-Bühne auch als gewollt an, räumt also dem Gestaltungsspielraum der Tarifparteien große Bedeutung ein.

Was macht eine typische Maskenbildnerin?

Zur Feststellung der typischen tatsächlichen Tätigkeit der Klägerin bemüht das Bundesarbeitsgericht die Berufsbilder der Bundesagentur für Arbeit: Demnach „gestalten Maskenbildner in Zusammenarbeit mit Regie, Kostüm- oder Bühnenbild maskenbildnerische Konzepte für Bühnen- sowie Film- bzw. Fernsehproduktionen und setzen sie um. Sie schminken und frisieren Darsteller und Darstellerinnen und betreuen deren Maske während der Vorstellungen und Dreharbeiten“. 

In der von der Klägerin ausgeführten Tätigkeit sieht das Bundesarbeitsgericht die genannten Aspekte allesamt verwirklicht. Der Umfang des rein technischen Zuarbeitens sieht das Gericht demgegenüber als unbeachtlich an.

An die typisierende Einordnung durch die Tarifvertragsparteien sah sich das Bundesarbeitsgericht gebunden. Damit war die Klägerin für das beklagte Land „überwiegend künstlerisch“ tätig, die Befristung damit gerechtfertigt.

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Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts


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Das sagen wir dazu:

Das Urteil des BAG ist durchaus diskutabel: Zwar beschränkt sich die verfassungsrechtlich garantierte Kunstfreiheit richtigerweise nicht auf die unmittelbar künstlerisch tätigen Menschen, etwa Regisseure. Aber die arbeitsrechtliche Betrachtung verdient eine Differenzierung.

Zweifelhafte Entscheidung des BAG 

Arbeitsrecht ist Arbeitnehmer-Schutzrecht. Die Kunstfreiheit des Arbeitgebers darf sich daher nicht ohne weiteres nachteilig auf die Arbeitnehmer niederschlagen. Bei der Frage, ob eine künstlerische Tätigkeit vorliegt, sind strengere Maßstäbe anzusetzen, als sie das Gericht erkennen lässt. So muss die Frage gestellt werden, inwieweit die Klägerin selbst „schöpferisch“ tätig sein konnte und durfte. 

Um nun ein wahrhaft plastisches Beispiel darzulegen: H.R. Giger, Schöpfer der Filmfigur „Alien“, war bei dessen Schöpfung ziemlich sicher „künstlerisch“ tätig. Die Figur wurde von ihm erdacht, gezeichnet und hergestellt, dann dem Regisseur des Films vorgestellt.

Demgegenüber war die Klägerin im vorliegenden Fall bei lebensnaher Betrachtung wohl eher „schlicht ausführend“ tätig. Sie beachtete vielleicht lediglich die üblichen Regeln von Make-Up und Maske in Hinblick auf die Bühnenbeleuchtung und den Vorstellungen des Regisseurs. 

Geringes Gehalt spricht gegen eigenen Gestaltungsspielraum

Bemerkenswert ist zudem die relativ geringe Vergütung der Klägerin. Rund 1.300 Euro brutto pro Monat stellen im wahrsten Sinne „brotlose Kunst“ dar. Für eine angeblich „überwiegend künstlerische Tätigkeit“ müsste doch eigentlich „mehr drin sein“. Das monatliche Gehalt wird daher nicht dem Gedanken der Kunst als schöpferischem Akt aufgrund eigener Ideen gerecht. Es passt viel eher zu einer nur ausführenden Tätigkeit.

Damit reiht sich das vorliegende Urteil des Bundesarbeitsgericht ein in eine Reihe kritikwürdiger Entscheidungen zur Befristung aufgrund der Eigenart der Beschäftigung. Auch das Bundesarbeitsgericht sollte beachten: Der Gesetzgeber sieht nach wie vor das unbefristete Arbeitsverhältnis als den „Idealtypus“ an, Befristungen sollen demgegenüber die Ausnahme sein.
 

Auch im Profifußball wird die Befristung aufgrund der Eigenart der Beschäftigung als rechtmäßig betrachtet – das Arbeitsgericht Mainz sah dies in einer bemerkenswerten Entscheidung richtigerweise anders. So kann man auch im vorliegend entschiedenen Fall durchaus anderer Meinung sein als das Bundesarbeitsgericht.

Rechtliche Grundlagen

§ 14 TzBfG

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn
[...]
4. die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
[...]