Coronavirus und was nun? Tipps für Azubis. Copyright by Adobe Stock/denisismagilov
Coronavirus und was nun? Tipps für Azubis. Copyright by Adobe Stock/denisismagilov

Wie einer Mitteilung der IHK-Organisation entnommen werden kann, wurden die im März und April stattfinden bundeseinheitlichen Zwischen- und Abschlussprüfungen in allen Ausbildungsberufen abgesagt. Die Prüfungen sollen zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden.

Müssen Auszubildende geplanten Jahresurlaub verschieben, wenn der von der IHK angebotene Prüfungstermin mit dem Urlaub kollidiert?

Sollte keine Möglichkeit bestehen, den bereits gebuchten Urlaub zu verschieben, muss der übernächste Prüfungstermin wahrgenommen werden.
 

Verlängerung der Ausbildungszeit, wenn die Prüfung verschoben wird?

Die Ausbildungszeit verlängert sich nicht automatisch. Nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) endet das Berufsausbildungsverhältnis mit Erreichen des vertraglich vereinbarten Ausbildungsendes. Dies gilt auch dann, wenn die Abschlussprüfung noch nicht abgelegt ist. Es ist daher anzuraten, das Ausbildungsverhältnis im Einvernehmen zu verlängern.
 

Welche Regelungen gelten für die Berufsschultage, solange die Berufsschule geschlossen bleibt?

Bei Ausfall des Berufsschulunterrichts aufgrund der Corona-Pandemie besteht grundsätzlich die Verpflichtung des Auszubildenden, seiner Ausbildung in dem Ausbildungsbetrieb nachzukommen. Sollten die Berufsschulen die Unterlagen der ausgefallenen Tage zur Verfügung stellen oder einen Online-Unterricht organisieren, ist davon auszugehen, dass der  Ausbildungsbetrieb den Auszubildenden die notwendige Zeit zur Bearbeitung zur Verfügung zu stellen hat.
 

Betrieb schließt vorübergehend. Anspruch auf Ausbildungsvergütung?

Bei einer vorübergehenden Betriebsschließung bleibt der Ausbildungsvertrag mit allen Rechten und Pflichten bestehen. Wenn der Betrieb Auszubildende vorübergehend nicht beschäftigen und ausbilden kann, muss die vereinbarte Ausbildungsvergütung weiter gezahlt werden.
 

Kurzarbeit für Auszubildende?

Auszubildenden gegenüber kann grundsätzlich keine Kurzarbeit angeordnet werden. Der Ausbildungsbetrieb ist dazu verpflichtet, alle Mittel auszuschöpfen, um die Ausbildung weiter zu gewährleisten. Hierbei hat er beispielsweise folgende Möglichkeiten:

  • Umstellung des Ausbildungsplans durch Vorziehen anderer Lerninhalte
  • Versetzung in eine andere Abteilung
  • Rückversetzung in die Lehrwerkstatt
  • Kurzzeitige Anordnung von Homeoffice mit Lernprojekten und   Selbstlernanteilen
  • Durchführung von digitalen Ausbildungsveranstaltungen.

Ziel aller Maßnahmen muss es sein, dass die Auszubildenden ihre Berufsausbildung erfolgreich zu Ende führen und die Abschlussprüfung absolvieren können. Nur wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, kann Kurzarbeit auch für Auszubildende in Frage kommen.
Wenn Auszubildenden gegenüber Kurzarbeit angeordnet wird, haben sie Anspruch auf Zahlung der vollen Ausbildungsvergütung für mindestens sechs Wochen. Aus Ausbildungs- und Tarifverträgen können sich längere Fristen ergeben.
 

Kann für den Auszubildenden Urlaub angeordnet werden?

In den „Zwangsurlaub” können Auszubildende nicht geschickt werden. Urlaub ist vom Auszubildenden zu beantragen. Gegen dessen Willen kann er nicht einfach angeordnet werden. Gleiches gilt für den Abbau von Überstunden. Eine Freistellung des Auszubildenden ohne Vergütung ist nicht möglich.
 

Unterstützt die IHK Auszubildende, die Ende April/Anfang Mai 2020 schriftliche Abschlussprüfung haben, bei der Prüfungsvorbereitung?

Nach Auskunft der IHK  ist es ihr selbst nicht möglich, Unterricht oder Prüfungsvorbereitung zu organisieren. Auszubildenden und Betrieben ist es aber möglich, Unterlagen zur Prüfungsvorbereitung (z. B. komplette Prüfungssätze alter Prüfungen) im Internet zu bestellen. Gewerblich-technische Auszubildende, so die IHK, finden umfangreiches Material unter www.christiani.de, kaufmännische Auszubildende unter www.u-form-shop.de.
 

Verlängert sich die Ausbildungszeit wenn vorübergehend nicht ausgebildet werden kann?

Das ist abhängig davon, wie lange die Unterbrechung der Ausbildung gedauert hat, und, ob dennoch alle Ausbildungsinhalte vermittelt werden konnten. Grundsätzlich bestätigen Betrieb und der Auszubildende durch ihre Unterschrift auf der Prüfungsanmeldung, ob alle Inhalte vermittelt wurden und die erforderliche berufliche Handlungsfähigkeit besteht. Unterbrechungen von mehreren Wochen führen also nicht automatisch zu einer Verlängerung der Ausbildungszeit.
 

Dürfen Auszubildende von der Ausbildung fernbleiben?

Ein Anspruch für Auszubildende, die Arbeit zu verweigern, weil die Ansteckungsgefahr bei der Arbeit oder auf dem Weg dorthin erhöht sein könnte, besteht nicht. Bei einer konkreten Gefährdung kann der Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht jedoch verpflichtet sein, den Auszubildenden von der Arbeit freizustellen.
 

Was müssen Ausbildungsbetrieb und Auszubildende beachten, wenn das Unternehmen Insolvenz anmeldet?

Eine direkte Auswirkung auf das Arbeitsverhältnis haben weder eine drohende Insolvenz noch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die aus dem Ausbildungsverhältnis resultierenden Rechte und Pflichten bleiben weiter bestehen.
 
Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens tritt allerdings der Insolvenzverwalter an die Stelle des Ausbildungsbetriebes. Alle aus dem Ausbildungsvertrag bestehenden Ansprüche sind an ihn zu richten. Der Ausbildungsbetrieb bzw. der Insolvenzverwalter sind dazu verpflichtet, die aus dem Ausbildungsverhältnis resultierenden Pflichten weiter zu erfüllen. Hierzu zählt insbesondere die Zahlung der vereinbarten Ausbildungsvergütung.
 
Diese Verpflichtung wird aber dann zur Makulatur, wenn der Auszubildende nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Ausbildungsverhältnis fortsetzt. Denn die dann dem Auszubildenden grundsätzlich zustehende Ausbildungsvergütung wird zu einer so genannten Masseforderung. Bei den Masseforderungen sind zunächst die Verfahrenskosten und dann die Ansprüche von Aus- und Absonderungsberechtigten zu erfüllen. Nur wenn und soweit dann noch Geld übrig ist, kämen die Azubis an die Reihe. Deshalb dürfte in sehr vielen Insolvenzfällen für sie nichts oder nicht mehr viel übrig bleiben.
 

Ausbildungsvergütungsansprüche vor Insolvenzeröffnung sicher

Allerdings gibt es für Auszubildende einen wichtigen Schutz: für die drei Monate vor der Insolvenzeröffnung haben sie Anspruch auf Insolvenzgeld in der Höhe der Nettoausbildungsvergütung von der Agentur für Arbeit.
 
Der Antrag auf Insolvenzgeld sollte am besten sofort gestellt werden, auch wenn der Anspruch ein Insolvenzereignis (Beschluss des Amtsgerichts) voraussetzt. Spätestens muss der Antrag binnen einer Frist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis bei der Agentur für Arbeit gestellt werden. Da der Zeitraum, für den das Insolvenzgeld gezahlt wird, erst bestimmt werden kann, wenn das Amtsgericht den Beschluss verkündet hat, kann die Agentur für Arbeit es auch erst nach dem Beschluss bewilligen.
 

Kann dem Auszubildenden gekündigt werden?

Kurzarbeit kann grundsätzlich keine Kündigung der Auszubildenden durch den betroffenen Ausbildungsbetrieb rechtfertigen. Es sei denn, der Ausbildungsbetrieb kommt für längere Zeit vollständig zum Erliegen. Entfällt dadurch die Ausbildungseignung des Betriebes, ist eine Kündigung der Auszubildenden möglich, ohne dass ein Schadensersatzanspruch entsteht. Die Ausbilder sind aber dazu verpflichtet, sich mit der zuständigen Agentur für Arbeit rechtzeitig um einen anderen Ausbildungsbetrieb für den Auszubildenden zu bemühen. 

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Rechtliche Grundlagen

§ 19 Absatz 1 Nummer 2 BBiG, § 21 Absatz 1 Satz 1 BBiG

Berufsbildungsgesetz (BBiG)
§ 19 Fortzahlung der Vergütung
(1) Auszubildenden ist die Vergütung auch zu zahlen
1.
für die Zeit der Freistellung (§ 15),
2.
bis zur Dauer von sechs Wochen, wenn sie
a)
sich für die Berufsausbildung bereithalten, diese aber ausfällt oder
b)
aus einem sonstigen, in ihrer Person liegenden Grund unverschuldet verhindert sind, ihre Pflichten aus dem Berufsausbildungsverhältnis zu erfüllen.

(2) Können Auszubildende während der Zeit, für welche die Vergütung fortzuzahlen ist, aus berechtigtem Grund Sachleistungen nicht abnehmen, so sind diese nach den Sachbezugswerten (§ 17 Absatz 6) abzugelten.

Berufsbildungsgesetz (BBiG)
§ 21 Beendigung
(1) Das Berufsausbildungsverhältnis endet mit dem Ablauf der Ausbildungsdauer.
Im Falle der Stufenausbildung endet es mit Ablauf der letzten Stufe.

(2) Bestehen Auszubildende vor Ablauf der Ausbildungsdauer die
Abschlussprüfung, so endet das Berufsausbildungsverhältnis mit Bekanntgabe des Ergebnisses durch den Prüfungsausschuss.


(3) Bestehen Auszubildende die Abschlussprüfung nicht, so verlängert sich das Berufsausbildungsverhältnis auf ihr Verlangen bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung, höchstens um ein Jahr.