Die Freude über den neuen Job war von kurzer Dauer: der bisherige Chef verlangte die Ausbildungskosten zurück © Adobe Stock: yurolaitsalbert
Die Freude über den neuen Job war von kurzer Dauer: der bisherige Chef verlangte die Ausbildungskosten zurück © Adobe Stock: yurolaitsalbert

Wenn Beschäftigte sich weiterbilden möchten, wird dies von Arbeitgebern oftmals unterstützt. Nicht selten erklären sich Arbeitgeber bereit, die vollen Fortbildungskosten zu tragen. Uneigennützig geschieht dies nicht, sondern wird als Investition in die Zukunft verstanden. So wird praktisch häufig ein Fortbildungsvertrag geschlossen, welcher eine Rückzahlung der Fortbildungskosten für die Beschäftigten für den Fall vorsieht, dass sie nicht mindestens eine bestimmte Dauer nach dem erfolgreichen Abschluss der Fortbildung bei dem bisherigen Arbeitgeber weiterarbeiten.

 

Wird das Arbeitsverhältnis dann doch vorzeitig vor dem Ablauf des Bindungszeitraums beendet, erhalten Beschäftigte eine Rückzahlungsaufforderung ihres Arbeitgebers und sehen sich Kostenforderungen in Höhe von teils mehreren tausend Euro ausgesetzt. Sich dagegen zur Wehr zu setzen kann sich lohnen, denn oftmals sind Rückzahlungsklauseln unwirksam und Beschäftigte müssen ihrem Arbeitgeber keinen einzigen Cent erstatten, wie ein Fall vor dem Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) zeigt.

 

Der Fortbildungsvertrag galt für drei Jahre

 

Der Kläger war Sachbearbeiter in einer Behörde und begann im Jahre 2016 eine dreijährige Weiterbildung zum Verwaltungsfachwirt. Die Behörde erklärte, die Fortbildung unterstützen zu wollen und den Kläger für die Fortbildung freizustellen und ihm die regelmäßige Vergütung weiter zu zahlen. Hierzu schlossen sie einen Fortbildungsvertrag, wonach der Kläger auch drei Jahre nach dem erfolgreichen Abschluss der Prüfung für die Beklagte weiterarbeiten sollte.

 

Der genaue Wortlaut der Klausel lautete in § 4 Nr. 3 des Vertrages:

 

„Endet das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien vor Ablauf einer Frist von drei Jahren, beginnend mit dem Tag des erfolgreichen Bestehens der Abschlussprüfung, und hat der Beschäftigte die Beendigung des Arbeitsverhältnisses schuldhaft zu vertreten, ist er verpflichtet, dem Arbeitgeber für jeden vollen Kalendermonat der vorzeitigen Beendigung 1/36 der nach § 2 Ziffer 1 entstandenen Kosten (Bruttoentgelt nebst Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung) zu erstatten. Gleiches gilt, hat der Beschäftigte die Beendigung des Arbeitsverhältnisses während der Fortbildung schuldhaft zu vertreten.“

 

 

§ 4 Nr. 4 bestimmte darüber hinaus:

 

„Der Beschäftigte sichert eine ordnungsgemäße, kontinuierliche und sorgfältige Abarbeitung seiner Aufgaben gemäß Stellenbeschreibung 2.04, die aufgrund dieses Fortbildungslehrgangs nicht geändert bzw. angepasst wird, durch motivierte und persönliche Einsatzbereitschaft ab.“

 

Zwei Jahre nach der Prüfung kündigte der Kläger

 

Im Sommer 2019 schloss der Kläger die Prüfung erfolgreich ab und sah sich in der Folgezeit auch in Nachbarkommunen nach höherdotierten Stellen um. Letztlich kündigte er das Arbeitsverhältnis zum 30.06.2021. Kurze Zeit später erhielt er von seinem früheren Arbeitgeber Post: Die Behörde verlangte eine Rückzahlung der Fortbildungskosten in Höhe von 8573,11 Euro.

 

Der Beschäftigte empfand die Kostenforderung der Behörde als ungerechtfertigt und reagierte nicht, sodass die Behörde ihn vor dem Arbeitsgericht Frankfurt auf Zahlung verklagte. Das Gericht wies die Klage ab. Begründung: die vereinbarte Rückzahlungsklausel sei zu unbestimmt und damit unwirksam, da sie keine Angaben darüber enthält, zu welchen Konditionen der Kläger nach Abschluss der Fortbildung beschäftigt werden sollte.

 

Der Arbeitgeber hatte den Kläger unangemessen benachteiligt

 

Das Gericht wies darauf hin, dass es sich bei Rückzahlungsklauseln regelmäßig um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Solche Bedingungen seien unwirksam, wenn sie den Vertragspartner, hier den Kläger, unangemessen benachteiligen. Eine solche Benachteiligung könne sich daraus ergeben, dass die Klausel nicht hinreichend klar und verständlich sei. So müssten Beschäftigte bei Rückzahlungsklauseln schon zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ihr eigenes Risiko und die Konsequenzen überblicken können.

 

Dazu gehöre, dass Beschäftigte auf einen Blick erkennen können,

 

·       unter welchen Voraussetzungen eine Rückforderung von Kosten möglich ist,

·       in welcher Höhe eine Rückzahlung zu leisten wäre,

·       wie lange sich Beschäftigte vertraglich nach dem Abschluss der Weiterbildung binden und

·       vor allem zu welchen Konditionen eine Beschäftigung innerhalb des Bindungszeitraumes erfolgt.

 

Zur Überzeugung des Gerichts war die vorliegende Klausel bereits deshalb unwirksam, da sie keine Angabe darüber enthielt, zu welchen Arbeitsbedingungen der Kläger nach dem Abschluss der Fortbildung beschäftigt wird.

 

Eine konkrete Vereinbarung zur späteren Beschäftigung fehlte

 

Zumindest die Art der Tätigkeit, der zeitliche Umfang sowie die Vergütung hätten vertraglich vereinbart werden müssen. Ohne diese Angaben könne der Beschäftigte nicht im Vorhinein bei Vertragsschluss die wirtschaftlichen Risiken der zu unterzeichnenden Rückzahlungsklausel zutreffend einschätzen.

 

Darüber hinaus hätte der Beschäftigte auch ohne eine solche Angabe keinen durchsetzbaren Anspruch auf eine Tätigkeit, die seiner neuen Qualifikation angemessen wäre. Die lückenhafte Vertragsgestaltung würde der Behörde damit die Möglichkeit eröffnen, den Beschäftigten auch nach dem erforderlichen Abschluss der Fortbildung für drei Jahre mit einer Tätigkeit und Vergütung an sich zu binden, die seiner erworbene Qualifikation nicht entspräche.

 

Daraus ergebe sich die Notwendigkeit, Vertragspartner bereits bei Vertragsschluss darüber in Kenntnis zu setzen, ob der geldwerte Vorteil einer Fortbildung auch innerhalb des Bindungszeitraums genutzt werden könnte oder kurzum: ob sich die Weiterbildung für den Beschäftigten auch gelohnt hat.

Hier geht es zum Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder).

Das sagen wir dazu:

Die Rückzahlung von Fortbildungskosten ist häufiges Thema in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung. Auch wir haben dazu schon mehrfach berichtet.

 

Interessierten Leser*innen seien daher folgende Beiträge empfohlen:

 

Lokführer muss Fortbildungskosten nicht zurückzahlen

 

Wirksamkeit von Rückzahlungsvereinbarungen für Aus- und Fortbildungskosten