Der Winter verursacht mit Eis und Schnee mancherorts Chaos. Als Arbeitnehmer gilt es, einige Dinge zu beachten. Copyright by Adobe Stock/Peter
Der Winter verursacht mit Eis und Schnee mancherorts Chaos. Als Arbeitnehmer gilt es, einige Dinge zu beachten. Copyright by Adobe Stock/Peter

Grundsätzlich ist es Sache des Arbeitnehmers, wie er zur Arbeit gelangt. Er ist verpflichtet, pünktlich zur Arbeit zu erscheinen. ,Wie er dies erreicht, ist sein Problem. Man spricht insofern davon, dass der Arbeitnehmer das Wegerisiko trägt.
 

Was ist, wenn Arbeitnehmer aus Witterungsgründen zu spät zur Arbeit kommen?

 
Wenn der Arbeitnehmer also aufgrund der Witterung zu spät zur Arbeit erscheint, hat er für die Zeit, in der er nicht gearbeitet hat, auch keinen Anspruch auf Lohn. Es gilt das allgemeine Prinzip: „Ohne Arbeit kein Lohn“. Er muss die ausgefallenen Stunden grundsätzlich nicht nachholen.  
 
Anders ist es, wenn der Arbeitgeber ein Überstundenkonto führt. Die ausgefallenen Stunden werden dann als Minusstunden verbucht, der Arbeitnehmer kann sie später nachholen. Der Arbeitgeber kann aber niemanden zwingen, die morgens ausgefallenen Stunden nachher dranzuhängen. Man denke nur an den Fall einer Teilzeitkraft, die mittags gehen muss, weil sie ihr Kind von der Schule abholen muss.
 
Aber um es noch einmal klar zu sagen: Jeder ist selbst dafür verantwortlich, dass er pünktlich zur Arbeit erscheint. Bei Verspätungen entfällt grundsätzlich der Lohnanspruch, und zwar unabhängig davon, ob man für die Verspätung etwas kann oder nicht!
 

Verhinderung aus subjektiven Gründen?

 
Der Arbeitgeber muss nur in wenigen Ausnahmefällen den Lohn weiter zahlen, obwohl der Arbeitnehmer nicht gearbeitet hat. Ein Fall ist, dass der Arbeitnehmer „eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird“, also der Arbeit fernbleibt.
 
Schnee oder Glatteis sind aber keine in der Person liegenden, sondern objektive Gründe, die alle Verkehrsteilnehmer in gleichem Maße treffen. Das gleiche gilt auch bei Hochwasser, Demonstrationen, allgemeinen Verkehrssperren, Fahrverboten oder auch bei Streiks in Verkehrsbetrieben.
 
Ein subjektiver Grund liegt zum Beispiel vor, wenn aufgrund der Witterung der Kindergarten oder die Schule geschlossen bleibt und der Arbeitnehmer keine andere Betreuungsmöglichkeit findet. Denn der Grund für die Arbeitsverhinderung liegt dann „in der Person“ des Arbeitnehmers, weil sein eigenes Kind unbedingt Betreuung braucht. In diesem Fall besteht zumindest für einige Tage Anspruch auf Weiterzahlung des Lohnes.
 

Abmahnung wegen witterungsbedingter Verspätung

 
Eine andere Frage ist, ob der Arbeitgeber bei Verspätungen wegen Eis und Schnee eine Abmahnung erteilen darf. Hier kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Denn eine Abmahnung setzt ein vorwerfbares Verhalten voraus.
 
Eine Abmahnung bei einem kurzfristigen Wintereinbruch oder wenn es wegen eines Unfalls zu Verkehrschaos kommt, wäre sicher nicht zu rechtfertigen. Man wird vom Arbeitnehmer aber verlangen können, dass er sich grundsätzlich über die Witterungssituation informiert und sich auf sie einstellt, indem er beispielsweise mehr Zeit einplant.
 
Die Ausrede, wegen des Schnees nicht rechtzeitig zur Arbeit erscheinen zu können, dürfte der Arbeitgeber spätestens nach drei oder vier Tagen nicht mehr hinnehmen. Dann wäre eine Abmahnung gerechtfertigt, insbesondere, wenn alle anderen Mitarbeiter*innen pünktlich sind.
 
Auch die Fälle von „höherer Gewalt“ schließen eine Abmahnung aus. Diese liegt beispielsweise vor, wenn der Deutsche Wetterdienst die Bevölkerung auffordert, wegen Überschwemmungen oder Eisglätte nicht auf die Straße zu gehen. Gegen solche Ereignisse kann sich kein Arbeitnehmer wappnen, sein Nichterscheinen kann ihm also auch nicht vorgeworfen werden.
 

Mitteilungspflicht des Arbeitnehmers

 
Wenn absehbar ist, dass wegen der Witterung mit Verzögerungen zu rechnen ist, ist der Arbeitgeber, ähnlich wie bei Krankheit, sofort zu unterrichten. Gleiches gilt für die Fälle der subjektiven Verhinderung, etwa weil man keine Betreuung für das Kind hat und deshalb zu Hause bleiben muss.
 
Nur dann, wenn der Arbeitgeber rechtzeitig Bescheid weiß, kann er die Arbeit anders verteilen und die Ausfälle entsprechend einplanen. Wer seiner Informationspflicht nicht nachkommt, riskiert eine Abmahnung.
 
Aber auch aus einem anderen Grund ist eine rechtzeitige Rücksprache sinnvoll: So können mögliche Konflikte bereits frühzeitig beigelegt werden. Wenn man sich erst vor dem Arbeitsgericht darüber streitet, ob man die Verspätung hätte verhindern können, ist das Arbeitsklima bereits massiv gestört. Dies kann und sollte man verhindern.
 

Wegeunfall

 
Bei ungünstiger Witterung kommt es oft zu Unfällen. Rechtlich gilt hier das, was auch sonst bei Wegen von und zur Arbeit gilt: Wenn der Unfall auf dem direkten Weg zur Arbeit stattgefunden hat, gilt er als Arbeitsunfall. Die Behandlungskosten übernimmt dann die Berufsgenossenschaft, sie zahlt gegebenenfalls auch eine Verletztenrente.
 
Versichert ist dabei grundsätzlich nur der direkte Weg von und zur Arbeit. Bei Schnee und Glatteis können aber auch Umwege mitversichert sein, sofern sie erforderlich sind, weil der übliche Weg zur Arbeit unpassierbar oder zu gefährlich ist.
 

Arbeitsausfall wegen schlechter Witterung

 
In Ausnahmefällen kann es vorkommen, dass die Arbeit überhaupt nicht ausgeübt werden kann, weil es witterungsbedingt zu größeren Störungen des Betriebsablaufs kommt.
 
Diese Frage betrifft dann nicht mehr das Wegerisiko, sondern das allgemeine Betriebsrisiko, das grundsätzlich der Arbeitgeber trägt. Wenn Risiken aus der Sphäre des Arbeitgebers dazu führen, dass die Arbeit unmöglich ist, kann dies nicht zu Lasten des Arbeitnehmers gehen. Für den Arbeitnehmer heißt das, dass er seinen Lohn weiter erhält, auch wenn er nicht arbeitet.
 
Unter Umständen kann aber die Bundesagentur für Arbeit mit Kurzarbeitergeld einspringen. Im traditionell saisonabhängigen Baugewerbe besteht zudem Anspruch auf Saisonkurzarbeitergeld.
 
Links:
 
Sechs Abmahnungen ergeben keine Kündigung

Unfallversicherungsschutz auch auf dem Weg zurück zum Hoftor

Nochmal Glück gehabt

Rechtliche Grundlagen

§ 616 BGB, § 8 SGB VII

§ 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Vorübergehende Verhinderung
Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.

§ 8 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII)
- Gesetzliche Unfallversicherung - (Arbeitsunfall)

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch
1. das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2. das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a) Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b) mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
3. das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4. das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5. das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.