Ein Vertrag, wonach ein Arbeitgeber von einem Arbeitnehmer die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots verlangen kann, ist lediglich ein Vorvertrag. Copyright by pololia/Fotolia
Ein Vertrag, wonach ein Arbeitgeber von einem Arbeitnehmer die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots verlangen kann, ist lediglich ein Vorvertrag. Copyright by pololia/Fotolia

Mit seinem Urteil positioniert sich das Bundesarbeitsgericht erneut zum Thema Wettbewerbsverbot und Karenzentschädigung.
 

Die Ausgangslage

Der Kläger war von Juli 2014 bis April 2016 im Vertrieb beschäftigt; die Filiale eröffnete erst mit Beginn des Arbeitsvertrages. Der Arbeitsvertrag enthielt eine Klausel, nach er sich bereit erklärte, auf Verlangen des Unternehmens ein Wettbewerbsverbot für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zu einer Dauer von maximal zwei Jahren (aber auch kürzer) zu vereinbaren.
 
In einer Anlage war geregelt, dass es dem Mitarbeiter untersagt ist, auf die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung dieses Vertrages in selbstständiger, unselbstständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig zu werden, welches mit der Firma in direkten oder indirekten Wettbewerb steht.
 
Während der Dauer des Wettbewerbsverbots sollte der Mitarbeiter eine Entschädigung erhalten, die für jedes Jahr des Verbots die Hälfte der von dem Mitarbeiter zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen beträgt.
 

Kläger fordert Karenzentschädigung

Der Arbeitsvertrag und die Anlage 1 waren durchgehend paginiert und trugen auf jeder Seite einheitlich die Kopfzeile „Arbeitsvertrag“. Beide Dokumente waren vom Kläger und seinem Arbeitgeber unterschrieben.
 
Als die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristgemäß kündigte, signalisierte der Kläger im Rahmen eines Gesprächs, „dass er gegebenenfalls auf die Karenzentschädigung bestehen müsse“. Kurz vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses forderte der Kläger in einer E-Mail an den Geschäftsführer seine Karenzentschädigung.
 
Nach Prüfung des Arbeitsvertrages und der rechtlichen Folgen bei ordentlicher Kündigung von Seiten des Arbeitgebers liege nun das Wahlrecht bei ihm als Arbeitnehmer. Er könne nun entscheiden, ob er in Wettbewerb zu der Beklagten treten dürfe, oder die Karenzentschädigung vorziehe.
 

Kläger zieht vor Gericht

Da die Beklagte die Zahlung einer Karenzentschädigung  - immerhin rund 18.000 €  - ablehnte, zog der Kläger vor Gericht. Zwischen ihm und der Beklagten bestehe nicht lediglich ein Vorvertrag, sondern ein wirksames, nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Selbst wenn er lediglich einen Vorvertrag unterschrieben habe, sei dieser jedenfalls nicht verbindlich.
 
Er besitze ein schutzwürdiges Interesse daran, Klarheit erhalten, ob nun ein Wettbewerbsverbot für ihn gelte. Bei einem bedingten Wettbewerbsverbot ein Wahlrecht zu. Dieses Wahlrecht habe er im Gespräch im Rahmen der Übergabe des Kündigungsschreibens und per E-Mail im April 2016 dahingehend ausgeübt, dass er die Zahlung der Karenzentschädigung von der Beklagten verlange.
 
Die Beklagte vertrat demgegenüber die Auffassung, es bestehe lediglich ein Vorvertrag. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot habe man gerade nicht vereinbart. Der Vorvertrag erschwere die berufliche Entwicklung des Klägers nicht und sei daher durchaus verbindlich. Der Kläger habe nicht befürchten müssen, nach Zugang der Kündigung für eine Konkurrenztätigkeit gesperrt zu werden.
 
Aber auch wenn man davon ausgehe, dass eine unverbindliche Abrede vorliege, stehe den Kläger kein Anspruch auf eine Karenzentschädigung zu. Hierbei fehle es an einer endgültigen Erklärung des Klägers, sich während des gesamten Zeitraums nicht in Wettbewerb zu der Beklagten zu stellen.
 

Kein Erfolg war dem BAG

Sowohl das Arbeitsgericht Wesel, als auch das LAG Düsseldorf wiesen die Klage ab. Auch in der Revisionsinstanz hatte der Kläger keinen Erfolg.
 
Nach Überzeugung des BAG besteht zwischen dem Kläger und der Beklagten kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, sondern lediglich ein Vorvertrag. Dieser Vorvertrag ist nach Auffassung des BAG wirksam und eröffnet dem Kläger keine Wahlmöglichkeit, sich für eine Enthaltung von Wettbewerbshandlung zugunsten einer Entschädigung zu entscheiden.
 
Die Regelungen des Arbeitsvertrags und der Anlage stellen allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne dar. Dies folge aus dem äußeren Erscheinungsbild der formularmäßigen Vertragsgestaltung sowie der Tatsache, dass nicht nur der Kläger, sondern auch zwei weitere Arbeitnehmer gleichlautende Verträge von der Beklagten vorgelegt bekam und diese auch unterzeichneten.
 

Lediglich Vorvertrag abgeschlossen

Nach Auslegung von Vertragstext und Anlage steht für das BAG fest, dass lediglich ein Vorvertrag abgeschlossen wurde. Hierfür spricht für das BAG bereits das äußere Erscheinungsbild Arbeitsvertrag und Anlage 1 waren durchgehend paginiert und trugen eine nach Wortlaut und Schriftbild einheitliche Kopfzeile.
 
Darüber hinaus nahmen nach Auffassung des BAG die Regelungen im Arbeitsvertrag und in der Anlage zum Arbeitsvertrag ausdrücklich aufeinander Bezug. Im Arbeitsvertrag war erwähnt, dass auf Verlangen der Beklagten ein Wettbewerbsverbot abzuschließen sei, „dass der Anlage 1 zu diesem Vertrag entspricht“, in der Vertragsurkunde war dies durch Fettdruck hervorgehoben.
 
Das BAG betont, dass Vorverträge schuldrechtliche Vereinbarungen sind, durch die eine Verpflichtung begründet wird, demnächst einen anderen schuldrechtlichen Vertrag, den Hauptvertrag, abzuschließen.
 
Vor diesem Hintergrund folge aus der Formulierung im Arbeitsvertrag, dass sich der Kläger bereit erklärt habe, auf Verlangen der Beklagten ein Wettbewerbsverbot für die Zeit nach der Beendigung des Arbeitsfeld abzuschließen, also bisher gerade noch kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot  abgeschlossen wurde.
 

Vorvertrag kann unbillige Erschwerung sein

Der Vorvertrag selbst begründet nach Auffassung des BAG eine unbillige Erschwerung des Vorkommens des Klägers. Grundsätzlich gilt: Zwar ist es im Einzelfall möglich, dass auf den Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots gerichtete Vorverträge eine unbillige Erschwerung darstellen und deswegen unverbindlich sind.
 
Die Rechtsfolgen eines unverbindlichen Vorvertrages entspricht dann der eines unzulässig bedingten Wettbewerbsverbots. Die nachträgliche Wettbewerbsbeschränkung und der Anspruch auf die Zahlung einer Karenzentschädigung sollen in beiden Fällen von einer Entscheidung des Arbeitgebers abhängig gemacht werden. Besteht hierfür aber kein anerkennenswertes Interesse des Arbeitgebers muss, dem Arbeitnehmer demgegenüber ein Wahlrecht eingeräumt werden.
Nur so kann der Arbeitnehmer die eintretende Ungewissheit beenden und an dem Verbot seinerseits festgehalten werden. Das Fortkommens eines Arbeitnehmers ist unbillig erschwert, wenn der Arbeitgeber auch noch nach der Kündigung des Arbeitsvertrags ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot verlangen kann.
 

Gegenseitige Interessen sind abzuwiegen

Nach dem hier vorliegenden Vorvertrag konnte das Verlangen auf Abschluss eines Wettbewerbsverbot allerdings nur gestellt werden, solange der Arbeitsvertrag nicht von einer Partei beendet wurde. Damit wurde die äußerste zeitliche Grenze eingehalten, bis zu welcher das Recht aus dem Vorvertrag zur Begründung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots allerhöchstens vorbehalten werden darf.
 
Das BAG wägt abschließend die wechselseitigen Interessen ab: Ein auf ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot gerichteter Vorvertrag beeinträchtigt die Interessen des betroffenen Arbeitnehmers, wenn es nach Erklärung der Kündigung nicht mehr ausgeübt werden kann, da der Arbeitnehmer sich während der Dauer des ungekündigten Arbeitsverhältnisses nicht darauf einstellen kann, ob er künftig ein Wettbewerbsverbot wird einhalten müssen oder nicht.
 
Das Arbeitsverhältnis in den Parteien bestand zum Zeitpunkt seiner Beendigung nicht mal zwei Jahre. Der Kläger war also noch nicht besonders lange einer möglichen Inanspruchnahme durch die Beklagte aus dem Vorvertrag ausgesetzt. Die Filiale, in welcher er beschäftigt wurde, wurde in zeitlichem Zusammenhang mit seiner Einstellung begründet. Daher hatte die Beklagte ein gesteigertes Interesse, den späteren Abschluss eines nachvertragliches Wettbewerbsverbot von der geschäftlichen Entwicklung und sich daraus ergebenden schützenswerten wettbewerblichen Interessen abhängig zu machen.
 
Links
 
Urteil des BAG in Kopie anbei
 
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Das sagen wir dazu:

Das Urteil des BAG ist nachvollziehbar. Wettbewerbsverbote dienen einem Interessenausgleich. Der Verzicht, dem früheren Arbeitgeber Konkurrenz zu machen, muss durch eine Karenzentschädigung ausgeglichen werden. Allerdings bedarf es hierzu eines schriftlichen (!) Vertrages. Aus einem Vorvertrag kann ein Arbeitnehmer noch keinen Anspruch auf die Zahlung einer Karenzentschädigung ableiten. Arbeitnehmer sind gehalten, sich frühzeitig juristisch beraten zu lassen zu der Frage, „wo sie vertraglich stehen“.

Rechtliche Grundlagen

§74 a HGB

(1) 1Das Wettbewerbverbot ist insoweit unverbindlich, als es nicht zum Schutze eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Prinzipals dient. 2Es ist ferner unverbindlich, soweit es unter Berücksichtigung der gewährten Entschädigung nach Ort, Zeit oder Gegenstand eine unbillige Erschwerung des Fortkommens des Gehilfen enthält. 3Das Verbot kann nicht auf einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren von der Beendigung des Dienstverhältnisses an erstreckt werden.

(2) 1Das Verbot ist nichtig, wenn der Gehilfe zur Zeit des Abschlusses minderjährig ist oder wenn sich der Prinzipal die Erfüllung auf Ehrenwort oder unter ähnlichen Versicherungen versprechen läßt. 2Nichtig ist auch die Vereinbarung, durch die ein Dritter an Stelle des Gehilfen die Verpflichtung übernimmt, daß sich der Gehilfe nach der Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränken werde.

(3) Unberührt bleiben die Vorschriften des § 138 des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Nichtigkeit von Rechtsgeschäften, die gegen die guten Sitten verstoßen.