Ein Wettbewerbsverbot nach Ende des Arbeitsverhältnisses ist nichtig, wenn die Vereinbarung keinen Anspruch auf eine Karenzentschädigung enthält. Weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer können dann aus einer solchen Vereinbarung Rechte herleiten.
Wettbewerbsverbot ohne Karenzentschädigung
Die Klägerin war bis Dezember 2013 als Industriekauffrau bei der Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch ordentliche Kündigung der Klägerin. Der Arbeitsvertrag sah ein Wettbewerbsverbot vor.
Demnach durfte die Klägerin bis zwei Jahre nach Beendigung des Vertrags nicht für ein Unternehmen tätig sein, das mit der Beklagten in direktem oder indirektem Wettbewerb steht. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung war eine Vertragsstrafe in Höhe von 10.000,00 Euro vorgesehen. Eine Karenzentschädigung sah der Arbeitsvertrag nicht vor.
Die "Nebenbestimmungen" des Arbeitsvertrags enthalten eine Regelung, , wonach der Vertrag im Übrigen unberührt bleiben soll, wenn eine einzelne Bestimmung nichtig oder unwirksam ist(sog. salvatorische Klausel). An die Stelle der unwirksamen Vereinbarung sollte eine angemessene Regelung gelten.
Klägerin fordert Karenzentschädigung
Die Klägerin hatte das Wettbewerbsverbot eingehalten und verlangte nun für den Zeitraum von zwei Jahren nach Ende des Arbeitsverhältnisses eine monatliche Karenzentschädigung von 604,69 Euro brutto.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht hatten der Klage stattgegeben, mit der Revision vor dem Bundesarbeitsgericht hatte nun die Beklagte Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine angemessene Karenzentschädigung.
Zunächst sei festzuhalten, dass das Wettbewerbsverbote nichtig sind, wenn sie, wie hier, keine Karenzentschädigung vorsehen. Daraus folgt zum einen, dass der Arbeitgeber bei einem Verstoß keinen Anspruch auf die Strafzahlung hat. Zum anderen hat aber auch der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf eine Entschädigung, wenn er sich an das Wettbewerbsverbot hält.
Salvatorische Klausel unerheblich
Einen Anspruch auf Karenzentschädigung ergebe sich auch nicht aus der Tatsache, dass die Parteien eine salvatorische Klausel vereinbart hatten, wonach im Zweifel eine angemessene Regelung vereinbart sei. Eine solche Regelung könne die Wettbewerbsklausel nicht heilen.
Denn ob die Klausel wirksam oder unwirksam ist, müsse sich aus der Vereinbarung selbst ergeben, weil die Parteien nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hierüber Gewissheit haben müssten. Genau diese Gewissheit biete eine salvatorische Klausel aber nicht.
Denn nach dieser sei wertend zu entscheiden, ob die Vertragsparteien in Kenntnis der Nichtigkeit der Vereinbarung eine wirksame Vereinbarung abgeschlossen hätten und welchen Inhalt die Entschädigungszusage gehabt hätte. Es verbleibe also bei der Unwirksamkeit der Klausel insgesamt.
Hier direkt zur Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts zum Urteil vom 22. März 2017 - Az.: 10 AZR 448/15
Das sagen wir dazu:
Salvatorische Klauseln gibt es in vielen Verträgen. Gelegentlich hat man den Eindruck, die Vertragsparteien hielten Verträge grundsätzlich für unwirksam, wenn sie nicht eine solche Klausel enthalten. Der vorliegende Fall zeigt einmal mehr, was derartige Klauseln wert sind - nämlich nicht viel.
Im Übrigen sind die Zeiten vorbei, in denen Arbeitsgerichte Verträge nach dem hypothetischen Willen der Parteien - oft zu deren großem Erstaunen - ausgelegt und angepasst haben. Seit der Schuldrechtsreform, die aber auch schon wieder 15 Jahre alt ist, unterfallen auch Arbeitsverträge dem Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Hier gilt der sogenannte „blue-pencil-test“. Das Gericht prüft, ob eine Klausel ohne die unwirksame Regelung noch sinnvoll ist. Ist dies der Fall, so gilt dieser „Rest“, ist es nicht der Fall, ist die Klausel komplett unwirksam. Insofern ist schon erstaunlich, wie zäh sich salvatorische Klauseln auch im Arbeitsrecht halten.
Für die Arbeitnehmerin ist das Ergebnis in diesem Fall unbefriedigend, weil sie sich „völlig umsonst“ an eine unwirksame Vereinbarung gehalten hat. Es ist insofern nicht tröstlich, dass die Einführung der AGB-Kontrolle in vielen Fällen für Arbeitnehmer positiv ist.
Sie hätte also entweder vorher klären lassen können, ob das Wettbewerbsverbot gilt (was die Gerichte zulassen) oder auf die Aufnahme einer Karenzentschädigung bestehen müssen. Aber im Nachhinein ist man natürlich immer klüger.
Rechtliche Grundlagen
§ 110 GewO, § 74 HGB
Arbeitgeber und Arbeitnehmer können die berufliche Tätigkeit des Arbeitnehmers für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Vereinbarung beschränken (Wettbewerbsverbot). Die §§ 74 bis 75f des Handelsgesetzbuches sind entsprechend anzuwenden.
§ 74 HGB
(1) Eine Vereinbarung zwischen dem Prinzipal und dem Handlungsgehilfen, die den Gehilfen für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt (Wettbewerbsverbot), bedarf der Schriftform und der Aushändigung einer vom Prinzipal unterzeichneten, die vereinbarten Bestimmungen enthaltenden Urkunde an den Gehilfen.
(2) Das Wettbewerbsverbot ist nur verbindlich, wenn sich der Prinzipal verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von dem Handlungsgehilfen zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht.
Das sagen wir dazu