Die Arbeitgeberin führte zur Steigerung der Kundenorientierung und zur Verkaufsförderung zwei neue EDV-gestützte Maßnahmen ein. 

Mitbestimmung bei Einführung von EDV-Maßnahmen

Der Gesamtbetriebsrat (GBR) sah in der Einführung dieser Maßnahmen eine Verletzung seiner Mitbestimmungsrechte bei Fragen der Ordnung im Betrieb und bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen.


Er beantragte daher im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens die Unterlassung der Maßnahmen. Er verwies auf zwei Beschlüsse des Gesamtbetriebsausschusses zur Einleitung von Beschlussverfahren mit dem Ziel, dem Arbeitgeber die Einführung der zwei EDV-gestützten Maßnahmen zu untersagen. Die Arbeitgeberin trug unter anderem rechtliche Bedenken an einer wirksamen Beschlussfassung des GBR vor.


Mit Beschluss vom 21.05.2015 wies das Arbeitsgericht (ArbG) Solingen den Antrag auf einstweilige Untersagung zurück. Die hiergegen gerichtete Beschwerde blieb erfolglos. Das Landesarbeitsgericht (LAG) entschied, dass der Antrag unzulässig ist.

Ohne inhaltliche Prüfung Antrag des Gesamtbetriensrates „abgeschmiert“.

Das LAG vertrat in seiner Entscheidung vom 05.08.2015 die Auffassung, dass der Antrag auf Untersagung der arbeitgeberseitigen Einführung zweier EDV-gestützter Maßnahmen deshalb unzulässig sei, weil der Gesamtbetriebsausschuss zur Einleitung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens nicht zuständig war.


Denn die Beschlussfassung über die Einleitung eines Verfahrens zur Untersagung mitbestimmungswidrigen Verhaltens des Arbeitgebers gehöre nicht zu den laufenden Geschäften, die dem Gesamtbetriebsausschuss obliegen. Im vorliegenden Verfahren sei die Zuständigkeit des GBR gegeben gewesen. Der Beschluss über die Verfahrenseinleitung in einer Mitbestimmungsangelegenheit zähle zu den Aufgaben, die grundsätzlich dem GBR obliegen. 


Zwar beinhalte die Beschlussfassung, so das LAG, nur die Sicherung und nicht die Wahrnehmung oder Ausübung eines Mitbestimmungsrechts; sie gehe aber dennoch über eine lediglich interne, verwaltungsgemäße Angelegenheit hinaus.


Der GBR hätte die Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens auf den Gesamtbetriebsausschuss übertragen können. Da dies aber nicht geschehen ist, war der Antrag als unzulässig abzuweisen.

Kommentar: Dumm gelaufen!

Das Ziel des GBR die Einführung zweier EDV-gestützter Maßnahmen im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens zu verhindern, scheiterte schon aus formalen Gründen. 


Die von dem GBR gerügte Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Mitbestimmungsrechte war nicht entscheidungserheblich. Die  Verletzung der Mitbestimmungsrechte konnte das LAG bei seiner Entscheidung außer Betracht lassen, da der Antrag schon unzulässig war und es somit eines näheren Eingehens des Gerichts auf die vom GBR vorgebrachten Gründe nicht bedurfte.

Arbeitgeberin macht rechtliche Bedenken an einer wirksamen Beschlussfassung geltend! – Mögliche Heilung des Beschlusses nicht wahrgenommen!

Im Rahmen des Verfahrens machte die Arbeitgeberin rechtliche Bedenken an einer wirksamen Beschlussfassung des GBR geltend. Bei solchen Einlassungen der Arbeitgeberseite klingeln normaler Weise die „Alarmglocken“, denn ein solcher Mangel lässt sich unschwer im Verlaufe eines Beschlussverfahrens heilen, indem der GBR einen entsprechenden Beschluss fasst. 


Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) kann die Unwirksamkeit eines Betriebsratsbeschlusses über die Einleitung eines Beschlussverfahrens und die Beauftragung eines Verfahrensbevollmächtigten durch einen ordnungsgemäßen späteren Beschluss geheilt werden, wenn dieser noch vor Erlass einer den Antrag als unzulässig zurückweisenden Prozessentscheidung gefasst wird
(BAG, Beschluss vom 06.12.2006, Az.: 7 ABR 62/05). 


Das BAG hat auf diese Möglichkeit der Korrektur nicht nur in der Entscheidung vom 06.12.2006 hingewiesen, sondern auch in den Jahren zuvor. Es mutet daher ein klein wenig befremdlich an, dass der GBR im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens hiervon keinen Gebrauch machte. Denn bei einer ordnungsgemäßen Korrektur des ersichtlich unwirksamen Beschlusses im Rahmen des Verfahrens wäre eine inhaltliche Überprüfung des Begehrens des GBR möglich gewesen, das nicht aussichtlos erscheint.

Vor Verfahrenseinleitung Formalien prüfen!

Vor Einleitung eines Beschlussverfahrens gehört es zu der vornehmsten Pflicht eines/einer Verfahrensbevollmächtigten dafür Sorge zu tragen, dass die im Rahmen eines solchen Verfahrens notwendigen Beschlüsse einer prozessualen Überprüfung standhalten. Dies auch schon deshalb, da die Arbeitgeberseite immer wieder Bedenken im Hinblick auf die ordnungsgemäße Beschlussfassung geltend machen wird und Verfahren nicht aufgrund eines unbeachteten formalen Fehlers scheitern sollten.