Examensklausuren verschwinden nicht immer in der Schublade, wenn das Examen bestanden ist. Copyright by Adobe Stock/ imagika
Examensklausuren verschwinden nicht immer in der Schublade, wenn das Examen bestanden ist. Copyright by Adobe Stock/ imagika

Dass er in seinem Jurastudium etwas gelernt hatte, bewies der in Essen wohnhafte Kläger. 2018 hatte er das zweite juristische Staatsexamen abgelegt. Beim Landesjustizprüfungsamt beantragte er Einsicht in seine Examensklausuren und in die Prüfergutachten. Er bat außerdem darum, ihm hiervon elektronisch oder postalisch Kopien zu übersenden.
 

Das Landesjustizprüfungsamt verlangte Geld für die Kopien

Das Landesjustizprüfungsamt forderte dafür vom Kläger einen Vorschuss in Höhe von 69,70 €. Der Kläger müsse Kopierkosten für insgesamt 348 Seiten selbst tragen. Der Jurist wollte nicht zahlen. Er stützte sich dabei auf die Datenschutz-Grundverordnung.
 
Nach der Datenschutz-Grundverordnung muss der Verantwortliche eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand einer Verarbeitung sind, zur Verfügung stellen. Für alle weiteren Kopien, die die betreffende Person beantragt, kann der Verantwortliche ein angemessenes Entgelt auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen.
 

Das Prüfungsamt ließ sich nicht überzeugen

Das Landesjustizprüfungsamt Nordrhein-Westfalen beharrte auf seiner Forderung. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen verurteilte die Behörde anschließend im erstinstanzlichen Verfahren, dem Kläger unentgeltlich Kopien der Aufsichtsarbeiten mitsamt Prüfergutachten zur Verfügung zu stellen. Die Berufung hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG) nun zurückgewiesen.
 
Aus Sicht des OVG ergibt sich der Anspruch des Juristen aus der Datenschutz-Grundverordnung. Diese sehe die Aushändigung von unentgeltlichen Datenkopien vor. Davon seien sämtliche vom Justizprüfungsamt verarbeiteten, den Kläger betreffenden personenbezogenen Daten umfasst. Dazu gehörten auch die Aufsichtsarbeiten und Prüfergutachten. Es gebe keine Einschränkung auf bestimmte Daten oder Informationen.
 

Das OVG sieht keine Versagungsgründe

Gründe für den Ausschluss des Anspruchs vermöge das Gericht nicht zu erkennen. Insbesondere sei der Wunsch des Klägers nicht rechtsmissbräuchlich. Ein unverhältnismäßig hoher Aufwand für das Landesjustizprüfungsamt sei mit der Aushändigung der gewünschten Kopien ebenfalls nicht festzustellen.
 
Die Behörde muss dem Kläger nun die gewünschten Kopien unentgeltlich elektronisch oder postalisch zur Verfügung stellen. Einen kleinen Dämpfer gibt es für den Juristen aber doch. Das Oberverwaltungsgericht entschied, dass das Verfahren grundsätzliche Bedeutung hat und ließ deshalb ausdrücklich die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zu.
 
Von dort wird der Kläger eine abschließende Entscheidung zur Rechtslage erwarten können.

Pressemitteilung des OVG Nordrhein-Westfalen vom 8. Juni 2021

Rechtliche Grundlagen

Art. 15 DSGVO

Art. 15 DSGVO Auskunftsrecht der betroffenen Person

Die betroffene Person hat das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf folgende Informationen:
die Verarbeitungszwecke;
die Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden;
die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden, insbesondere bei Empfängern in Drittländern oder bei internationalen Organisationen;
falls möglich die geplante Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden, oder, falls dies nicht möglich ist, die Kriterien für die Festlegung dieser Dauer;
das Bestehen eines Rechts auf Berichtigung oder Löschung der sie betreffenden personenbezogenen Daten oder auf Einschränkung der Verarbeitung durch den Verantwortlichen oder eines Widerspruchsrechts gegen diese Verarbeitung;
das Bestehen eines Beschwerderechts bei einer Aufsichtsbehörde;
wenn die personenbezogenen Daten nicht bei der betroffenen Person erhoben werden, alle verfügbaren Informationen über die Herkunft der Daten;
das Bestehen einer automatisierten Entscheidungsfindung einschließlich Profiling gemäß Artikel 22 Absätze 1 und 4 und – zumindest in diesen Fällen – aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen einer derartigen Verarbeitung für die betroffene Person.
Werden personenbezogene Daten an ein Drittland oder an eine internationale Organisation übermittelt, so hat die betroffene Person das Recht, über die geeigneten Garantien gemäß Artikel 46 im Zusammenhang mit der Übermittlung unterrichtet zu werden.
1Der Verantwortliche stellt eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung. 2Für alle weiteren Kopien, die die betroffene Person beantragt, kann der Verantwortliche ein angemessenes Entgelt auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen. 3Stellt die betroffene Person den Antrag elektronisch, so sind die Informationen in einem gängigen elektronischen Format zur Verfügung zu stellen, sofern sie nichts anderes angibt.
Das Recht auf Erhalt einer Kopie gemäß Absatz 3 darf die Rechte und Freiheiten anderer Personen nicht beeinträchtigen.

Passende Erwägungsgründe
(63) Auskunftsrecht (64) Identitätsprüfung
Passende Paragraphen des BDSG
§ 27 BDSG Datenverarbeitung zu wissenschaftlichen oder historischen Forschungszwecken und zu statistischen Zwecken § 28 BDSG Datenverarbeitung zu im öffentlichen Interesse liegenden Archivzwecken § 29 BDSG Rechte der betroffenen Person und aufsichtsbehördliche Befugnisse im Fall von Geheimhaltungspflichten § 30 BDSG Verbraucherkredite § 34 BDSG Auskunftsrecht der betroffenen Person