Mittagspause gefällig? Copyright by VadimGuzhva /Adobe Stock
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Polizisten sind Beamte mit nicht immer ganz gewöhnlichen Arbeitszeiten. Während der Pausen tragen sie oft ihre Dienstkleidung, führen die Dienstwaffe mit und haben ein Polizeifahrzeug dabei. Unterwegs kann die Waffe oft nicht weggesperrt werden. Auch umziehen können sich Polizisten selten. Schließlich müssen Sie das Dienstfahrzeug im Auge behalten.
 
Wer kann sich da schon vorstellen, dass die Pause beim Essen eines Brötchens liegend auf einer Parkbank verbracht wird? Polizisten müssen in Dienstkleidung allzeit auch zum Dienst bereit sein. Völlig frei sind sie damit in der Gestaltung ihrer Pause regelmäßig nicht.
 
Dennoch rechnet der Dienstherr diese Zeit häufig als gewöhnliche Ruhepause an. Darüber haben viele Polizisten und Polizisten bereits Klageverfahren bei unterschiedlichen Verwaltungsgerichten geführt. Nun hat auch das Verwaltungsgericht Chemnitz in einem Rechtsstreit eines sächsischen Polizisten, vertreten durch das Kompetenzcenter Beamtenrecht der DGB Rechtsschutz GmbH, entschieden.
 

Anspruch muss frühzeitig geltend gemacht werden

Es ging um insgesamt 17 Stunden an unterschiedlichen Arbeitstagen. Einen Teil der Ansprüche lehnte das Gericht ab, weil der Kläger sie nicht rechtzeitig geltend gemacht haben soll. Zwar würden beamtenrechtliche Ansprüche nicht durch Zeitablauf erlöschen. Allerdings müssten Rügen, mit welchen der Beamte die Gestaltung seiner Pausenzeiten bemängele und hieraus Ansprüche ableite, ausdrücklich schriftlich und frühzeitig vorgebracht werden.
 
Diese schriftliche Geltendmachung sei erst relativ spät erfolgt, sodass die davor vorliegenden Ansprüche nicht mehr durchgesetzt werden könnten.
 
Beamte seien regelmäßig dazu verpflichtet, auf die Belange ihres Dienstherrn, insbesondere deren finanzielle Belastungen Rücksicht zu nehmen. Die frühzeitige Rüge diene auch dazu, dem Dienstherren vor Augen zu führen, dass kein Einverständnis mit der derzeitigen Regelung bestehe.
 

Ruhepausen unter Bereithaltung müssen angeordnet sein

Das Verwaltungsgericht bezieht sich in seiner Entscheidung auf die Arbeitszeitverordnung (AZV). Darin wird geregelt, wann Ruhepausen nicht auf die Arbeitszeit angerechnet werden dürfen. Eine Ausnahme besteht nämlich etwa dann, wenn zwingende dienstliche Gründe die Bereithaltung erfordern. Zudem muss dabei angeordnet werden, dass sich die Beamten in der Pause für den Dienst bereit halten.
 
Eine ausdrückliche Anordnung, sich zum Dienst bereit zu halten, lag aus Sicht des Gerichts für eine Vielzahl der vom Kläger geltend gemachten Stunden nicht vor. Daher kam nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichts für diese Stunden auch keine Zeitgutschrift für die Pausenzeiten in Betracht.
 
Die AZV definiere „Ruhepause“ nämlich als den Zeitraum, in welchem kein Dienst geleistet werden und Beamtinnen und Beamte sich hierfür auch nicht bereithalten müssten. Dies ergebe sich auch aus europarechtlichen Bestimmungen.
 

Arbeitszeit und Pause schließen sich gegenseitig aus

Auch nach europäischen Recht sei Ruhezeit die Zeitspanne außerhalb der Arbeitszeit, während derer ein Arbeitnehmer dem Arbeitgeber nicht zur Verfügung stehe. Die Begriffe Arbeitszeit und Ruhezeit schlössen sich gegenseitig aus.
 
Auch Bundesarbeitsgericht und Bundesverwaltungsgericht hätten entschieden, dass unter dem Begriff der Ruhepause dann vorliegen, wenn der Chef im Voraus festgelegt habe, wann die Arbeit unterbrochen werden solle. Während dieses Zeitraumes habe der Arbeitnehmer bzw. Beamte weder Arbeit zu leisten noch sich dafür bereitzuhalten. Er könne vielmehr frei darüber verfügen, wo und wie er diese Zeiten verbringen wolle.
 
Entsprechende Pausenzeiten habe der Kläger jedoch teilweise gehabt. Deshalb sah das Gericht keine Möglichkeit, sämtliche Pausenzeiten, die der Kläger eingeklagt hatte, als Arbeitszeiten zu werten.
 

Pausenzeiten des Klägers standen zum großen Teil fest

Die Pausenzeiten des Klägers hätten im Voraus festgestanden. Es reiche, wenn zu Beginn der Pause gesagt werde, wie lange diese andauernd solle. Frühzeitig, etwa zu Schichtbeginn, müsse der Beginn der Pause nicht bekannt sein. Der Erholungswert einer Pause werde nicht dadurch beeinträchtigt, dass eine Pause spontan genommen werde.
 
Das Verwaltungsgericht befasst sich sodann mit der Frage, wann sich der Kläger in der Pause bereit halten musste. Es gab keine ausdrückliche Anordnung, sich bereit zu halten. Allein die Möglichkeit, während der Pause in Anspruch genommen zu werden, beinhalte noch nicht die Notwendigkeit, sich zur Dienstleistung auch tatsächlich breithalten zu müssen. Auch das bloße Mitführen des Funkgerätes, um durchweg erreichbar zu sein, rechtfertige noch nicht die Bewertung der Pause als Arbeitszeit.
 
Schließlich könne die Pause auch nicht deshalb als Dienstzeit angerechnet werden, weil der Kläger seine Uniform nicht ablegen konnte, seine Ausrüstungsgegenstände mitführen musste und gegebenenfalls auch ein Dienst Kfz zu beaufsichtigen hatte. Hierdurch werde der Erholungswert der Pause nicht beeinträchtigt. Alleine die Tatsache, dass der Kläger anhand seiner Uniform jederzeit als Polizeibeamter zu erkennen war, ändere hieran nichts.
 

Auch ohne Uniform sind Polizisten im Bedarfsfall zum Dienst verpflichtet

Der Kläger wäre im Übrigen auch ohne Uniform in Gefahrensituationen dazu verpflichtet gewesen, sich als Polizeibeamter erkennen zu geben. Dies ergebe sich aus seiner Dienst -und Treuepflicht.
 
Auch die Gegenstände, die der Beamt während der Pause mitführen und beaufsichtigend  musste, ließen keine andere Einschätzung zu. Auch insoweit sei nicht im Mindesten zu erwarten gewesen, dienstlich in Anspruch genommen zu werden. Es existiere kein Grundsatz, wonach Ruhepausen nur dann die nötige Ruhe- und Erholungsqualität hätten, wenn sie darüber hinaus nicht dienstlich beschränkt würden.
 

Nicht erforderlich ist die ausdrückliche Anordnung, sich bereit zu halten

Anders sei dies jedoch bei den Pausenzeiten, in welche der Beamte sich tatsächlich auf Anordnung des Dienstherrn bereitzuhalten hatte und von vorne herein nicht frei über deren Gestaltung entscheiden durfte. Dies gelte selbst dann, wenn der Dienstherr das nicht ausdrücklich angeordnet habe. Notwendig sei nur, dass tatsächlich aus der konkreten Situation heraus eine Pflicht bestehe, sich bereit zu halten.
 
Hinsichtlich einiger Pausenzeiten sei zum Beispiel eine Einsatzverpflegung angeordnet gewesen. Den Beamten wird damit vorgegeben, ihre Mahlzeiten in der Pause vor Ort zu sich zu nehmen. Das Essen wird dabei vom Dienstherrn zur Verfügung gestellt.
Des Weiteren habe der Dienstherren angeordnet, den Einsatzort Hauptbahnhof Leipzig nicht zu verlassen.
 
Die Beamten seien zwar nicht verpflichtet gewesen, die Einsatzverpflegung vor Ort in Anspruch zu nehmen.  Dass diese Möglichkeit vom Dienstherrn jedoch gegeben worden war, zeigt, dass dieser ein Interesse daran hatte, den Kläger und dessen Kollegen*innen unverzüglich zum Dienst auffordern zu können, wenn es nötig würde.
 
Verwiesen wird auch auf eine Situation, in welcher der Mannschaftsbus genommen werden musste. Auch da hatte der Dienstherr ein Interesse daran, seine Beamte beieinander zu haben, um im Ernstfall sofort zugreifen zu können.
 

Einsatzlage erfordert sofortige Zugriffsmöglichkeiten

Demnach müsse die Beklagte an diesen konkreten Tagen die Einsatzlage so eingeschätzt haben, dass eine örtliche Bindung notwendig war, um sofort zugreifen zu können. Dies rechtfertige die Annahme von Arbeitszeit.
 
An diesen Tagen seien nämlich Zeit, Ort und Ausgestaltung der Pause eingeschränkt gewesen. Diese Einschränkungen seien auch nicht lediglich bei Gelegenheit des Dienstes aufgetreten, sondern seien Folge zielgerichteter Maßnahmen der Einsatzleitung gewesen.
 
Mit diesen Einschränkungen fehle es dann aber bei den gewährten Pausen an der Qualität einer Ruhepause zur Erholung. Diese „Pausen“ entsprächen vielmehr Bereitschaftszeiten die zwar wie Ruhepausen dadurch geprägt seien, dass überwiegend Phase der Ruhe und Entspannung vorlägen. Gleichzeitig bestünde jedoch eine jederzeitige Möglichkeit und Pflicht, den Dienst sofort aufzunehmen, wenn es erforderlich würde. Dass die Arbeit auch tatsächlich aufgenommen wurde, fordert das Gericht aber nicht.
 
Für die Zeiten unter Bereithaltung legte das Gericht fest, dass es sich hierbei um Arbeitszeiten handelte. Diese Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Es ist davon auszugehen, dass sowohl der Beklagte als auch der Kläger Berufung beim Oberverwaltungsgericht Sachsen einlegen werden.

Hier geht es zum Urteil

Das sagen wir dazu:

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Chemnitz ist nur eingeschränkt nachvollziehbar.
Man mag zwar den Ausführungen noch folgen können, wonach Beamte ihre Ansprüche frühzeitig geltend machen müssen.

Nicht vertretbar dürfte jedoch die Auffassung sein, wonach es egal ist, ob Polizisten ihre Pause in Dienstkleidung, mit Waffe und auch dem Polizeifahrzeug verbringen müssen. Der Hinweis darauf, auch im privaten Bereich müssten Polizisten sich in besonderen Situationen in den Dienst versetzen, erklärt dies nicht.

Wer mag sich schon einem Polizisten in Dienstkleidung in der Wiese liegend und Döner essend vorstellen. Die Wohlverhaltenspflicht des Beamten seinem Dienstherrn gegenüber und auch die Treuepflicht dürften dies zweifelsfrei nicht zulassen. Ein Polizist, der in Dienstkleidung seine Pause auf diese Art verbringt, verstößt gerade wegen der Dienstkleidung in dieser Situation gegen seine Dienstpflichten.

Schlimmer wird dies dadurch, wenn dann auch noch die Waffe mitgeführt wird und das Polizeifahrzeug daneben steht, der Beamte aber schläft. In solchen Situationen können Beamte gerade eben nicht ihre Pause so verbringen, dass sie ihrem persönlichen Erholungsbedürfnis in ausreichendem Maße nachgehen können.

Es wird sich daher zeigen, wie sich das Oberverwaltungsgericht Sachsen hierzu stellt. Es bleibt zu hoffen, dass Polizeibeamte, die ohnehin derzeit überdurchschnittlich stark belastet sind, Pausen nur dann als Pausen angerechnet bekommen, wenn sie diese auch unbeschränkt verbringen dürfen.

Rechtliche Grundlagen

Arbeitszeitverordnung

Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten des Bundes (Arbeitszeitverordnung - AZV)
§ 2 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Verordnung ist

1.
die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit die innerhalb von zwölf Monaten durchschnittlich zu erbringende wöchentliche Arbeitszeit,
2.
der Arbeitstag grundsätzlich der Werktag,
3.
die Ruhepause der Zeitraum, in dem Beamtinnen und Beamte keinen Dienst leisten,
4.
der Arbeitsplatz grundsätzlich die Dienststelle oder ein von der oder dem Dienstvorgesetzten bestimmter Ort, an dem Dienst zu leisten ist,
5.
die gleitende Arbeitszeit oder Gleitzeit die Arbeitszeit, bei der Beamtinnen und Beamte Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit in gewissen Grenzen selbst bestimmen können,
6.
die Kernarbeitszeit der Teil der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit, in dem grundsätzlich alle Beamtinnen und Beamten in der Dienststelle anwesend sein müssen,
7.
die Funktionszeit der Teil der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit, in dem der Dienstbetrieb durch Absprache der Beamtinnen und Beamten sichergestellt wird,
8.
der Abrechnungszeitraum bei Gleitzeit das Kalenderjahr oder ein ähnlich bestimmter Zeitraum von zwölf Monaten, in dem ein Über- oder Unterschreiten der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auszugleichen ist,
9.
der Gleittag ein mit Zustimmung der oder des unmittelbaren Vorgesetzten gewährter ganztägiger Zeitausgleich im Abrechnungszeitraum bei Gleitzeit, dabei gelten tägliche Arbeitszeiten von weniger als zwei Stunden als Gleittag,
10.
das Blockmodell die Zusammenfassung der Freistellung von der Arbeit bis zu fünf Jahren bei Teilzeitbeschäftigung,
11.
die Rufbereitschaft die Pflicht, sich außerhalb des Arbeitsplatzes bereitzuhalten, um bei Bedarf sofort zu Dienstleistungen abgerufen werden zu können,
12.
der Bereitschaftsdienst die Pflicht, sich, ohne ständig zur Dienstleistung verpflichtet zu sein, an einer vom Dienstherrn bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfall den Dienst aufzunehmen, wenn dabei Zeiten ohne Arbeitsleistung überwiegen,
13.
der Schichtdienst der Dienst nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Zeitabschnitten von längstens einem Monat vorsieht,
14.
der Nachtdienst ein Dienst, der zwischen 20 Uhr und 6 Uhr zu leisten ist.

Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten des Bundes (Arbeitszeitverordnung - AZV)
§ 5 Ruhepausen und Ruhezeit
(1) Die Arbeit ist spätestens nach 6 Stunden durch eine Ruhepause von mindestens 30 Minuten zu unterbrechen. Nach mehr als 9 Stunden beträgt die Ruhepause mindestens 45 Minuten. Ruhepausen können in Zeitabschnitte von jeweils 15 Minuten aufgeteilt werden.
(2) Ruhepausen werden nicht auf die Arbeitszeit angerechnet, es sei denn, dass

1.
die Voraussetzungen des § 17a der Erschwerniszulagenverordnung mit der Maßgabe erfüllt sind, dass im Kalendermonat mindestens 35 Nachtdienststunden geleistet werden, oder
2.
die zuständige Behörde die Anrechnung bei operativen Tätigkeiten in Einsatzbereichen, in denen die ständige Einsatzfähigkeit gewährleistet werden muss, zum Ausgleich der damit verbundenen Belastungen zulässt.

Bei Teilzeitbeschäftigung verringern sich die nach Satz 1 Nummer 1 erforderlichen Nachtdienststunden entsprechend dem Verhältnis zwischen der ermäßigten und der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit.
(3) Pro 24-Stunden-Zeitraum ist eine Mindestruhezeit von 11 zusammenhängenden Stunden zu gewähren. Pro 7-Tage-Zeitraum ist zusätzlich eine Mindestruhezeit von 24 zusammenhängenden Stunden zu gewähren. Für die Ruhezeit nach Satz 2 gilt ein Bezugszeitraum von 14 Tagen. Von den Regelungen in den Sätzen 1 bis 3 können Ausnahmen zugelassen werden, wenn dienstliche Belange im Sinne des Artikels 17 Absatz 3 Buchstabe c und e sowie Absatz 4 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. L 299 vom 18.11.2003, S. 9) dies erfordern.