Manchmal klappt aber überhaupt nichts! Copyright by Adobe Stock/ luckybusiness
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Die Antragstellerin des Verfahrens studierte Arbeitsmarktmanagement. Sie musste dafür auch eine sozialrechtliche Klausur schreiben. Diese bestand sie nicht. Auch die Wiederholungsprüfung blieb erfolglos. Die Hochschule teilte ihr daraufhin mit, dass sie die Prüfung endgültig nicht bestanden habe.
 

Gegen diese Entscheidung erhob die Antragstellerin Widerspruch

Gegen diese Entscheidung erhob die Antragstellerin Widerspruch. Gleichzeitig suchte sie um einstweiligen Rechtsschutz im Eilverfahren nach, um ihr Studium ohne Unterbrechung weiterführen zu können. Das Verwaltungsgericht verpflichtete die Hochschule, die Prüfung der Antragstellerin erneut zu korrigieren. Entgegen dem Wunsch der Betroffenen könne das aber durch die bisherigen Prüfer geschehen. Neue Prüfer müssten nicht beauftragt werden.
 
Es führt aus, die Antragstellerin habe glaubhaft gemacht, dass die beiden Prüfer ihre Klausur nicht in einem ordnungsgemäßen Prüfungsverfahren bewertet hätten. Beide Prüfer hätten die Leistung eigenständig bewerten müssen. Der zweite Prüfer habe jedoch nichts schriftlich aufgezeichnet. Die handschriftlichen Vermerke könnten ausweislich des Schriftbildes nur von einem Prüfer stammen.
 

Die beiden Prüfer hatten sich offensichtlich ausgetauscht

Die beiden Prüfer hätten sich offensichtlich ausgetauscht. Der zweite Prüfer habe die Leistung nicht eigenständig bewertet. Außerdem hätten die beiden Prüfer offensichtlich die Gesamtleistung nicht unabhängig voneinander beurteilt.
 
Die Antragstellerin habe daher einen Anspruch, dass ihre Prüfung neu bewertet werde. Dass dies durch einen anderen Prüfer geschehen sollte, könne die Antragstellerin demgegenüber nicht beanspruchen.
 

Auch der VGH verpflichtete die Hochschule, die Prüfungsleistung neu zu bewerten

Auch der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg verpflichtete die Hochschule im anschließenden Beschwerdeverfahren, die Prüfungsleistung der Antragstellerin neu zu bewerten. Im Seiner Auffassung nach habe die Antragstellerin zutreffend dargelegt, dass ihre Prüfung durch andere als die bisherigen Prüfer neu bewertet werden müsse. Das habe das Verwaltungsgericht insofern anders gesehen, als es zwar eine Wiederholung der Korrektur festlegte, aber durch die bisherigen Prüfer.
 
Entscheidend dafür sei, dass es nach der ersten Bewertung eine Notenkonferenz gegeben habe. Dort hätten sich die Prüfer über die Gesamtleistung der Antragstellerin ausgetauscht. Dieser Austausch habe jedoch zu einem Zeitpunkt stattgefunden, als die beiden Prüfer noch nicht unabhängig voneinander ihre selbstständige und unabhängige Gesamtbewertung abgegeben hätten.
 

Es erscheint ausgeschlossen, dass sich Erst- und Zweitprüfen von ihrem früheren Eindruck lösen können

Es erscheine daher ausgeschlossen, dass sich Erst- und Zweitprüfer bei einer erneuten Bewertung vollständig von ihrem früheren Eindruck lösen könnten. Anders als es das Verwaltungsgericht gesehen habe, komme es nicht darauf an, ob sich die Prüfer bereits auf eine bestimmte Bewertung festgelegt hätten. Vielmehr sei maßgeblich, ob sie sich von dem Eindruck ihrer vorherigen Bewertung vollständig lösen könnten.
 

Davon geht das Gericht nicht aus

Davon ging das Gericht im vorliegenden Fall jedoch nicht aus. Zwar gebiete der Grundsatz der Chancengleichheit, dass die Neubewertung einer Prüfungsleistung regelmäßig durch die Prüfer erfolgen solle, die die frühere Bewertung abgegeben hätten. Dadurch lasse sich am besten gewährleisten, dass die Prüfungsbedingungen vergleichbar sein. Auch die Kriterien der Bewertung wären dann identisch.
 
Es sei allerdings nicht zulässig, dieselben Prüfer noch einmal heranzuziehen, wenn diese voreingenommen seien oder die Art des Bewertungsfehlers es erfordere, dass andere Prüfer die Prüfleistung neu bewerteten.
 

Ziel der Korrektur einer Prüfungsleistung ist, ein fehlerfreies Ergebnis herbeizuführen

Ziel der Korrektur einer Prüfungsentscheidung sei, möglichst ein Ergebnis herbeizuführen, zu welchen die Prüfung geführt hätte, wenn es zu keinen Fehlern gekommen wäre. Dabei sei von der gültigen Prüfungsordnung auszugehen. Diese gebe im Falle der Antragstellerin vor, dass die einzelnen Prüfungsleistungen von den jeweiligen Prüfern unabhängig voneinander bewertet werden müssten.
 
Es sei somit untersagt, dass beide Prüfer die Bewertung gemeinsam erarbeiteten bzw. vornähmen. Diese Bestimmung solle sicherstellen, dass sich die Korrektoren unabhängig voneinander jeweils selbstständig ein eigenes Urteil bildeten. Ihr eigener Eindruck solle unbeeinflusst von der Bewertung des weiteren Prüfers verbindlich und nachprüfbar niedergelegt werden.
 

Das soll dazu beitragen, in größtmöglichem Umfang zu realisieren, dass die Prüfung gerecht verläuft

Das solle dazu beigetragen, in größtmöglichen Umfang zu realisieren, dass die Prüfung gerecht verlaufe. Das Verwaltungsgericht habe dargelegt, dass die Hochschule von vorgeschriebenen Bewertungsverfahren abgewichen sei. Dies treffe auch zu. Die Prüfungsordnung sei nicht eingehalten worden.
 
Grundsätzlich dürfe eine offene Zweitverwertung einer Prüfung erfolgen. Das sei eine Bewertung, bei welcher der Zweitprüfer die Bewertung durch den Erstprüfer kennt, während er die Prüfungsleistung bewertet. Dies entspreche dem Gebot der Chancengleichheit des Grundgesetzes.
 

Stimmt der Zweitprüfer der Benotung des Erstprüfers zu, kann er das mit „einverstanden“ zum Ausdruck bringen

Stimme der Zweitprüfer der Benotung des Erstprüfers und dessen Begründung zu, könne er sich darauf beschränken, indem er dies etwa durch die Formulierung „einverstanden“ zum Ausdruck bringe. Einer weiteren Begründung bedürfe es dann nicht. Das wäre eine bloße Wiederholung der Erstbewertung mit anderen Worten.
 
Allerdings dürfe eine Prüfungsordnung das durchaus auch anders regeln. Sie könne vorgegeben, dass der Zweit- oder Drittprüfer eine Bewertung abgebe ohne zu wissen, wie der Erstprüfer die Leistung bewertet habe. So liege der Fall hier. Die Prüfer müssten die einzelnen Prüfungsleistungen unabhängig voneinander bewerten.
 

Nun muss überlegt werden, wie am ehesten ein Ergebnis herbeigeführt werden kann, das einem fehlerfreien Verfahren entspricht

Ausgehend davon sei nun zu überlegen, durch welche Verfahrensweise am ehesten ein Ergebnis herbeigeführt werden könne, das einem fehlerfreien Bewertungsverfahren entspreche. Der VGH meint, dies könne hier nur durch Prüfer geschehen, die an der früheren Bewertung nicht beteiligt gewesen seien.
 

Die Verfahrensfehler können nur beseitigt werden, wenn neue Korrektoren herangezogen werden

Der Verfahrensfehler könnten nämlich nur dann beseitigt werden, wenn neue Korrektoren herangezogen würden. Die Prüfungsordnung verlange nämlich nicht nur unvoreingenommene Prüfer, sondern dass diese unabhängig voneinander die Leistungen einer Klausur bewerteten.
 
Habe es bereits ein Beurteilungsgespräch zwischen zwei Prüfern gegeben, könne eine Prüfungsleistung nicht mehr unabhängig und eigenständig von den früheren Prüfern bewertet werden. Das gelte auch, wenn die Prüfer an sich unvoreingenommen seien. Das Beurteilungsgespräch bewirke eine gegenseitige Einflussnahme. Diese könne nicht mehr zurückgenommen werden.
 

Weitere Fehler im Prüfungsverfahren sah das Gericht nicht

Weitere Fehler im Prüfungsverfahren bzw. dessen Bewertung sah der Verwaltungsgerichtshof nicht.
Damit musste die Prüfungsleitung der Antragstellerin noch einmal bewertet werden und zwar durch neue Korrektoren. Ob das zu einem anderen Ergebnis führen wird, bleibt an dieser Stelle natürlich offen.
 

Hier geht es zum Urteil

Das sagen wir dazu:

Prüfungsleistungen sind durch Gerichte immer nur sehr eingeschränkt zu prüfen. Den Korrektoren steht dabei immer auch ein Beurteilungsermessen zu, das durch ein Gericht nicht ersetzt werden kann.

Wer daher das Ergebnis einer Prüfung erneut überprüft haben möchte tut gut daran, einen formalen Fehler im Verfahren vorzubringen. Den können sich Gerichte ganz genau ansehen.