Im Lockdown während der Pandemie musste die Gastronomie schließen. Anspruch auf Entschädigung haben die Inhaber der Betriebe deshalb aber nicht. © Adobe Stock - Von MB.Photostock
Im Lockdown während der Pandemie musste die Gastronomie schließen. Anspruch auf Entschädigung haben die Inhaber der Betriebe deshalb aber nicht. © Adobe Stock - Von MB.Photostock

Die Pandemie nervt immer noch. Die Zahl der Neuinfektionen und die Inzidenzen sind sehr hoch. Virologen sprechen bereits von einer „Welle in der Welle“. Gleichwohl hat der Deutsche Bundestag das Infektionsschutzgesetz mit Zustimmung des Bundesrates geändert. Es soll zukünftig nur noch einen Basisschutz vor allem für vulnerable Gruppen geben. Hotspot-Regeln können die Länder beschließen, wenn eine Überlastung der Krankenhauskapazitäten droht.


Die Zeiten der „Lockdowns“ scheinen weit entfernt. Eine wichtige Rechtsfrage in diesem Zusammenhang ist aber gerade jetzt beim höchsten deutschen Zivilgericht angekommen: der Bundesgerichtshof (BGH) musste die Frage klären, ob der Inhaber einer Gaststätte Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) oder aus den Grundsätzen des Staatshaftungsrechts beanspruchen kann, wenn er seinen Betrieb wegen eines „Lockdowns“ schließen musste.

Brandenburg erließ eine Corona-Eindämmungsverordnung, wonach Gaststätten für den Publikumsverkehr zu schließen waren

Konkret hat der III. Zivilsenat des BGH über die Frage entschieden, ob der Staat für Einnahmeausfälle haftet, die durch flächendeckende vorübergehende Betriebsschließungen oder Betriebsbeschränkungen auf Grund von staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2 und der dadurch verursachten COVID-19-Krankheit entstanden sind.

Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger ist Inhaber eines Hotel- und Gastronomiebetriebs. Am 22. März 2020 erließ das beklagte Land Brandenburg eine Corona-Eindämmungsverordnung, wonach Gaststätten für den Publikumsverkehr zu schließen waren. Zugleich untersagte das Land den Betreibern von Beherbergungsstätten, Personen zu touristischen Zwecken zu beherbergen.

Der Kläger macht Verdienstausfall, nicht gedeckte Betriebskosten und Arbeitgeberbeiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung als Schadensersatz geltend

Der Betrieb des Klägers war in dem Zeitraum vom 23. März bis zum 7. April 2020 für den Publikumsverkehr geschlossen, ohne dass die COVID-19-Krankheit zuvor dort aufgetreten war. Der Kläger selbst erkrankte auch nicht. Während der Zeit, in der seine Gaststätte geschlossen war, bot er Speisen und Getränke im Außerhausverkauf an. Im Rahmen eines staatlichen Soforthilfeprogramms zahlte die Investitionsbank Brandenburg 60.000 € als Corona-Soforthilfe an ihn aus.


Der Kläger hatte beim Land Brandenburg Verdienstausfall, nicht gedeckte Betriebskosten und Arbeitgeberbeiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung als Schadensersatz geltend gemacht. Da das Land weder Schadensersatz noch Entschädigungen leisten wollte, erhob der Kläger Klage. Er ist der Auffassung, dass es verfassungsrechtlich geboten sei, ihn und andere Unternehmer für die durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erlittenen Umsatz- und Gewinneinbußen zu entschädigen. Er hatte jedoch in allen drei Instanzen keinen Erfolg.

BGH: Es besteht kein Anspruch auf Entschädigungsleistungen, die das Infektionsschutzgesetz vorsieht

Das IfSG gewähre Gewerbetreibenden keinen Anspruch auf Entschädigung, wenn sie im Rahmen der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie als „infektionsschutzrechtliche Nichtstörer“ wirtschaftliche Einbußen erlitten hätten, weil sie ihren Betrieb aufgrund von flächendeckenden Schutzmaßnahmen zur Eindämmung einer Pandemie schließen oder hätten einschränken müssen, bemerkte der Senat in seiner Begründung.


Eine Entschädigung gemäß § 56 IfSG sei im vorliegenden Fall von vornherein nicht einschlägig, weil die insoweit angeordneten Verbote gegenüber einer unbestimmten Vielzahl von Personen ergangen seien und der Kläger nicht gezielt personenbezogen als infektionsschutzrechtlicher Störer in Anspruch genommen worden sei.


Ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung ergebe sich auch nicht aus § 65 Abs. 1 IfSG, so der BGH. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut sei die Vorschrift nur bei Maßnahmen einschlägig, mit denen übertragbare Krankheiten verhütet werden sollen. Im vorliegenden Fall diene die Corona-Eindämmungsverordnung jedoch der Bekämpfung der COVID-19-Krankheit. Diese hätte sich bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung deutschlandweit ausgebreitet.

Eine Auslegung des Gesetzes darf nicht im Widerspruch zu dem eindeutig erkennbaren Willen des Gesetzgebers stehen

Es scheide nach Auffassung des BGH auch aus, die entsprechenden Vorschriften verfassungskonform so auszulegen, dass auch die vorliegende Fallkonstellation von ihnen erfasst sei. Das setze nämlich voraus, dass mehrere Deutungen möglich seien. Eine Auslegung fände ihre Grenze an dem klaren Wortlaut der Bestimmung und dürfe nicht im Widerspruch zu dem eindeutig erkennbaren Willen des Gesetzgebers stehen. Der Wortlaut des Gesetzes sei indessen klar und lasse es nicht zu, es ausdehnend auszulegen. Zudem würde der eindeutige Wille des Gesetzgebers konterkariert, nur ausnahmsweise aus Gründen der Billigkeit eine Entschädigung für Störer im infektionsschutzrechtlichen Sinn vorzusehen.

BGH: es gibt hier keine planwidrige Regelungslücke

Man könne die fraglichen Vorschriften über Leistungen des Staates wegen Entschädigung im Pandemiefall auch nicht analog auslegen, konstatierte der BGH. Es fehle nämlich insoweit bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber habe abschließend entschieden, Entschädigungen auf wenige Fälle punktuell zu begrenzen und Erweiterungen ausdrücklich ins Gesetz aufzunehmen ("Konzept einer punktuellen Entschädigungsgewährung"). Darüber hinaus seien die Interessenlagen zwischen den Entschädigungsregelungen des IfSG und den flächendeckenden Betriebsschließungen ohnehin nicht zu vergleichen.


Der BGH prüfte zudem noch Tatbestände aus den Staatshaftungsrecht, die zum Teil gesetzlich nicht geregelt sind, wie den enteignenden oder den enteignungsgleichen Eingriff in Eigentumsrechte. Beides sind richterrechtlich entwickelte Rechtsinstitute, die historisch ihre Grundlage im Aufopferungsanspruch des Allgemeinen preußischen Landrechts haben. Sie unterscheiden sich im Wesentlichen dadurch, dass es beim enteignenden Eingriff um rechtmäßiges und beim enteignungsgleichen Eingriff um rechtswidriges Verwaltungshandeln geht.

Die Corona-Eindämmungsverordnung vom 22. März 2020 und die Folgeverordnungen waren rechtmäßig

Der BGH hat auch insoweit die Ansprüche des Klägers abgelehnt. Ein enteignungsgleicher Eingriff liegt schon deshalb nach Auffassung des Senats nicht vor, weil die fragliche Maßnahme nicht rechtswidrig gewesen sei. Die Corona-Eindämmungsverordnung vom 22. März 2020 und die Folgeverordnungen vom 17. und 24. April 2020 seien als solche rechtmäßig gewesen. Die getroffenen Schutzmaßnahmen, insbesondere die angeordneten Betriebsschließungen, seien erforderlich gewesen, um die weitere Ausbreitung der COVID-19-Krankheit zu verhindern.


Aus demselben Grund musste freilich auch ein Anspruch aus Staatshaftung (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Artikel 34 Grundgesetz) scheitern: auch ein solcher setzt -neben Verschulden - rechtswidriges Handeln voraus.


Ein Anspruch aus enteignendem Eingriff scheitert bereits an der Subsidiarität dieses Rechtsinstituts. Spezialgesetzliche Entschädigungsregelungen haben stets Vorrang. Der BGH hat zurecht konstatiert, dass das den §§ 56, 65 IfSG zugrundeliegende und gesetzgeberisch als abschließend gedachte Konzept einer punktuellen Entschädigung im Bereich der Eigentumseingriffe nicht durch die Gewährung richterrechtlicher Ansprüche unterlaufen werden darf.

Hilfeleistungen für schwer getroffene Wirtschaftsbereiche sind keine Aufgabe der Staatshaftung

Hilfeleistungen für von einer Pandemie schwer getroffene Wirtschaftsbereiche seien keine Aufgabe der Staatshaftung, erklärt der BGH schließlich. Vielmehr folge aus dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG), dass die staatliche Gemeinschaft Lasten mittrage, die aus einem von der Gesamtheit zu tragenden Schicksal entstanden seien und nur zufällig einen bestimmten Personenkreis träfen. Hieraus folge zunächst nur die Pflicht zu einem innerstaatlichen Ausgleich, dessen nähere Gestaltung weitgehend dem Gesetzgeber überlassen sei. Erst eine solche gesetzliche Regelung könne konkrete Ausgleichsansprüche der einzelnen Geschädigten begründen. Dieser sozialstaatlichen Verpflichtung könne der Staat zum Beispiel dadurch nachkommen, dass er haushaltsrechtlich durch die Parlamente abgesicherte Ad-hoc-Hilfsprogramme auflege ("Corona-Hilfen"), die die gebotene Beweglichkeit aufwiesen und eine lageangemessene Reaktion zum Beispiel durch kurzfristige existenzsichernde Unterstützungszahlungen an betroffene Unternehmen erlaubten.

Hier geht es zur Pressemitteilung des BGH mit Link auf die Entscheidung, wenn sie veröffentlicht ist:

Rechtliche Grundlagen

§ 32 Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG)

Rechtsgrundlagen:
§ 32 Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG)
Erlass von Rechtsverordnungen
Die Landesregierungen werden ermächtigt, unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28, 28a und 29 bis 31 maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnungen entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf andere Stellen übertragen. Die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes), der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes), der Freizügigkeit (Artikel 11 Absatz 1 des Grundgesetzes), der Versammlungsfreiheit (Artikel 8 des Grundgesetzes), der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes) und des Brief- und Postgeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) können insoweit eingeschränkt werden.

§ 56 IfSG
Entschädigung
(1) Wer auf Grund dieses Gesetzes als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet, erhält eine Entschädigung in Geld. Das Gleiche gilt für eine Person, die nach § 30, auch in Verbindung mit § 32, abgesondert wird oder sich auf Grund einer nach § 36 Absatz 8 Satz 1 Nummer 1 erlassenen Rechtsverordnung absondert. Eine Entschädigung in Geld kann auch einer Person gewährt werden, wenn diese sich bereits vor der Anordnung einer Absonderung nach § 30 oder eines beruflichen Tätigkeitsverbots nach § 31 vorsorglich abgesondert oder vorsorglich bestimmte berufliche Tätigkeiten ganz oder teilweise nicht ausgeübt hat und dadurch einen Verdienstausfall erleidet, wenn eine Anordnung einer Absonderung nach § 30 oder eines beruflichen Tätigkeitsverbots nach § 31 bereits zum Zeitpunkt der vorsorglichen Absonderung oder der vorsorglichen Nichtausübung beruflicher Tätigkeiten hätte erlassen werden können. Eine Entschädigung nach den Sätzen 1 und 2 erhält nicht, wer durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung oder anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde, oder durch Nichtantritt einer vermeidbaren Reise in ein bereits zum Zeitpunkt der Abreise eingestuftes Risikogebiet ein Verbot in der Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit oder eine Absonderung hätte vermeiden können. Eine Reise ist im Sinne des Satzes 4 vermeidbar, wenn zum Zeitpunkt der Abreise keine zwingenden und unaufschiebbaren Gründe für die Reise vorlagen.
(1a) Sofern der Deutsche Bundestag nach § 5 Absatz 1 Satz 1 eine epidemische Lage von nationaler Tragweite festgestellt hat, erhält eine erwerbstätige Person eine Entschädigung in Geld, wenn
1. Einrichtungen zur Betreuung von Kindern, Schulen oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen oder übertragbaren Krankheiten auf Grund dieses Gesetzes vorübergehend geschlossen werden oder deren Betreten, auch aufgrund einer Absonderung, untersagt wird, oder wenn von der zuständigen Behörde aus Gründen des Infektionsschutzes Schul- oder Betriebsferien angeordnet oder verlängert werden, die Präsenzpflicht in einer Schule aufgehoben oder der Zugang zum Kinderbetreuungsangebot eingeschränkt wird oder eine behördliche Empfehlung vorliegt, vom Besuch einer Einrichtung zur Betreuung von Kindern, einer Schule oder einer Einrichtung für Menschen mit Behinderungen abzusehen,
2. die erwerbstätige Person ihr Kind, das das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist, in diesem Zeitraum selbst beaufsichtigt, betreut oder pflegt, weil sie keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit sicherstellen kann, und
3. die erwerbstätige Person dadurch einen Verdienstausfall erleidet.
Anspruchsberechtigte haben gegenüber der zuständigen Behörde, auf Verlangen des Arbeitgebers auch diesem gegenüber, darzulegen, dass sie in diesem Zeitraum keine zumutbare Betreuungsmöglichkeit für das Kind sicherstellen können. Ein Anspruch besteht nicht, soweit eine Schließung ohnehin wegen der Schul- oder Betriebsferien erfolgen würde. Im Fall, dass das Kind in Vollzeitpflege nach § 33 des Achten Buches Sozialgesetzbuch in den Haushalt aufgenommen wurde, steht der Anspruch auf Entschädigung den Pflegeeltern zu. Der Anspruch nach Satz 1 besteht in Bezug auf die dort genannten Maßnahmen auch unabhängig von einer durch den Deutschen Bundestag nach § 5 Absatz 1 Satz 1 festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite, soweit diese zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) im Zeitraum bis zum Ablauf des 23. September 2022 erfolgen.
(2) Die Entschädigung bemisst sich nach dem Verdienstausfall. Für die ersten sechs Wochen wird sie in Höhe des Verdienstausfalls gewährt. Vom Beginn der siebenten Woche an wird die Entschädigung abweichend von Satz 2 in Höhe von 67 Prozent des der erwerbstätigen Person entstandenen Verdienstausfalls gewährt; für einen vollen Monat wird höchstens ein Betrag von 2 016 Euro gewährt. Im Fall des Absatzes 1a wird die Entschädigung von Beginn an in der in Satz 3 bestimmten Höhe gewährt. Für jede erwerbstätige Person wird die Entschädigung nach Satz 4 für die Dauer der vom Deutschen Bundestag nach § 5 Absatz 1 Satz 1 festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite und für den in Absatz 1a Satz 5 genannten Zeitraum unabhängig von der Anzahl der Kinder für längstens zehn Wochen pro Jahr gewährt, für eine erwerbstätige Person, die ihr Kind allein beaufsichtigt, betreut oder pflegt, längstens für 20 Wochen pro Jahr.
(3) Als Verdienstausfall gilt das Arbeitsentgelt, das dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zusteht, vermindert um Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung sowie zur Arbeitsförderung oder entsprechende Aufwendungen zur sozialen Sicherung in angemessenem Umfang (Netto-Arbeitsentgelt). Bei der Ermittlung des Arbeitsentgelts sind die Regelungen des § 4 Absatz 1, 1a und 4 des Entgeltfortzahlungsgesetzes entsprechend anzuwenden. Für die Berechnung des Verdienstausfalls ist die Netto-Entgeltdifferenz in entsprechender Anwendung des § 106 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zu bilden. Der Betrag erhöht sich um das Kurzarbeitergeld und um das Zuschuss-Wintergeld, auf das der Arbeitnehmer Anspruch hätte, wenn er nicht aus den in Absatz 1 genannten Gründen an der Arbeitsleistung verhindert wäre. Satz 1 gilt für die Berechnung des Verdienstausfalls bei den in Heimarbeit Beschäftigten und bei Selbständigen entsprechend mit der Maßgabe, dass bei den in Heimarbeit Beschäftigten das im Durchschnitt des letzten Jahres vor Einstellung der verbotenen Tätigkeit oder vor der Absonderung verdiente monatliche Arbeitsentgelt und bei Selbständigen ein Zwölftel des Arbeitseinkommens (§ 15 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch) aus der entschädigungspflichtigen Tätigkeit zugrunde zu legen ist.
(4) Bei einer Existenzgefährdung können den Entschädigungsberechtigten die während der Verdienstausfallzeiten entstehenden Mehraufwendungen auf Antrag in angemessenem Umfang von der zuständigen Behörde erstattet werden. Selbständige, deren Betrieb oder Praxis während der Dauer einer Maßnahme nach Absatz 1 ruht, erhalten neben der Entschädigung nach den Absätzen 2 und 3 auf Antrag von der zuständigen Behörde Ersatz der in dieser Zeit weiterlaufenden nicht gedeckten Betriebsausgaben in angemessenem Umfang.
(5) Bei Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, längstens für sechs Wochen, die Entschädigung für die zuständige Behörde auszuzahlen. Abweichend von Satz 1 hat der Arbeitgeber die Entschädigung nach Absatz 1a für die in Absatz 2 Satz 5 genannte Dauer auszuzahlen. Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet. Im Übrigen wird die Entschädigung von der zuständigen Behörde auf Antrag gewährt.
(6) Bei Arbeitnehmern richtet sich die Fälligkeit der Entschädigungsleistungen nach der Fälligkeit des aus der bisherigen Tätigkeit erzielten Arbeitsentgelts. Bei sonstigen Entschädigungsberechtigten ist die Entschädigung jeweils zum Ersten eines Monats für den abgelaufenen Monat zu gewähren.
(7) Wird der Entschädigungsberechtigte arbeitsunfähig, so bleibt der Entschädigungsanspruch in Höhe des Betrages, der bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit an den Berechtigten auszuzahlen war, bestehen. Ansprüche, die Entschädigungsberechtigten wegen des durch die Arbeitsunfähigkeit bedingten Verdienstausfalls auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften oder eines privaten Versicherungsverhältnisses zustehen, gehen insoweit auf das entschädigungspflichtige Land über.
(8) Auf die Entschädigung sind anzurechnen
1. Zuschüsse des Arbeitgebers, soweit sie zusammen mit der Entschädigung den tatsächlichen Verdienstausfall übersteigen,
2. das Netto-Arbeitsentgelt und das Arbeitseinkommen nach Absatz 3 aus einer Tätigkeit, die als Ersatz der verbotenen Tätigkeit ausgeübt wird, soweit es zusammen mit der Entschädigung den tatsächlichen Verdienstausfall übersteigt,
3. der Wert desjenigen, das der Entschädigungsberechtigte durch Ausübung einer anderen als der verbotenen Tätigkeit zu erwerben böswillig unterlässt, soweit es zusammen mit der Entschädigung den tatsächlichen Verdienstausfall übersteigt,
4. das Arbeitslosengeld in der Höhe, in der diese Leistung dem Entschädigungsberechtigten ohne Anwendung der Vorschriften über das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei Sperrzeit nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch sowie des § 66 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch in der jeweils geltenden Fassung hätten gewährt werden müssen.
Liegen die Voraussetzungen für eine Anrechnung sowohl nach Nummer 3 als auch nach Nummer 4 vor, so ist der höhere Betrag anzurechnen.
(9) Der Anspruch auf Entschädigung geht insoweit, als dem Entschädigungsberechtigten Arbeitslosengeld oder Kurzarbeitergeld für die gleiche Zeit zu gewähren ist, auf die Bundesagentur für Arbeit über. Das Eintreten eines Tatbestandes nach Absatz 1 oder Absatz 1a unterbricht nicht den Bezug von Arbeitslosengeld oder Kurzarbeitergeld, wenn die weiteren Voraussetzungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch erfüllt sind.
(10) Ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls, der dem Entschädigungsberechtigten durch das Verbot der Ausübung seiner Erwerbstätigkeit oder durch die Absonderung erwachsen ist, geht insoweit auf das zur Gewährung der Entschädigung verpflichtete Land über, als dieses dem Entschädigungsberechtigten nach diesem Gesetz Leistungen zu gewähren hat.
(11) Die Anträge nach Absatz 5 sind innerhalb einer Frist von zwei Jahren nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit, dem Ende der Absonderung oder nach dem Ende der vorübergehenden Schließung, der Untersagung des Betretens, der Schul- oder Betriebsferien, der Aufhebung der Präsenzpflicht, der Einschränkung des Kinderbetreuungsangebotes oder der Aufhebung der Empfehlung nach Absatz 1a Satz 1 Nummer 1 bei der zuständigen Behörde zu stellen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass der Antrag nach Absatz 5 Satz 3 und 4 nach amtlich vorgeschriebenem Verfahren durch Datenfernübertragung zu übermitteln ist und das nähere Verfahren zu bestimmen. Die zuständige Behörde kann zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine Übermittlung durch Datenfernübertragung verzichten. Dem Antrag ist von Arbeitnehmern eine Bescheinigung des Arbeitgebers und von den in Heimarbeit Beschäftigten eine Bescheinigung des Auftraggebers über die Höhe des in dem nach Absatz 3 für sie maßgeblichen Zeitraum verdienten Arbeitsentgelts und der gesetzlichen Abzüge, von Selbständigen eine Bescheinigung des Finanzamtes über die Höhe des letzten beim Finanzamt nachgewiesenen Arbeitseinkommens beizufügen. Ist ein solches Arbeitseinkommen noch nicht nachgewiesen oder ist ein Unterschiedsbetrag nach Absatz 3 zu errechnen, so kann die zuständige Behörde die Vorlage anderer oder weiterer Nachweise verlangen. Die Frist nach Satz 1 verlängert sich in den Fällen des Absatzes 9 bei der Gewährung von Kurzarbeitergeld auf drei Jahre.
(12) Die zuständige Behörde hat auf Antrag dem Arbeitgeber einen Vorschuss in der voraussichtlichen Höhe des Erstattungsbetrages, den in Heimarbeit Beschäftigten und Selbständigen in der voraussichtlichen Höhe der Entschädigung zu gewähren.
§ 65 IfSG
Entschädigung bei behördlichen Maßnahmen
(1) Soweit auf Grund einer Maßnahme nach den §§ 16 und 17 Gegenstände vernichtet, beschädigt oder in sonstiger Weise in ihrem Wert gemindert werden oder ein anderer nicht nur unwesentlicher Vermögensnachteil verursacht wird, ist eine Entschädigung in Geld zu leisten; eine Entschädigung erhält jedoch nicht derjenige, dessen Gegenstände mit Krankheitserregern oder mit Gesundheitsschädlingen als vermutlichen Überträgern solcher Krankheitserreger behaftet oder dessen verdächtig sind. § 254 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Höhe der Entschädigung nach Absatz 1 bemisst sich im Falle der Vernichtung eines Gegenstandes nach dessen gemeinem Wert, im Falle der Beschädigung oder sonstigen Wertminderung nach der Minderung des gemeinen Wertes. Kann die Wertminderung behoben werden, so bemisst sich die Entschädigung nach den hierfür erforderlichen Aufwendungen. Die Entschädigung darf den gemeinen Wert nicht übersteigen, den der Gegenstand ohne die Beschädigung oder Wertminderung gehabt hätte. Bei Bestimmung des gemeinen Wertes sind der Zustand und alle sonstigen den Wert des Gegenstandes bestimmenden Umstände in dem Zeitpunkt maßgeblich, in dem die Maßnahme getroffen wurde. Die Entschädigung für andere nicht nur unwesentliche Vermögensnachteile darf den Betroffenen nicht besser stellen, als er ohne die Maßnahme gestellt sein würde. Auf Grund der Maßnahme notwendige Aufwendungen sind zu erstatten.