Polizeibeamtin wehrt sich gegen Suspendierung. Copyright by Adobe Stock/Gehkah
Polizeibeamtin wehrt sich gegen Suspendierung. Copyright by Adobe Stock/Gehkah

Durch das zuständige Landesamt wurde der Polizeibeamtin vorgeworfen, einer rechtsextremen Chatgruppe angehört zu haben. Mit sofortiger Wirkung wurden ihr deshalb die Führung der Dienstgeschäfte verboten. Gegen diese Entscheidung wandte sich die Beamtin in einem Eilverfahren an  das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf und beantragte, die Suspendierung auszusetzen. In seiner Entscheidung vom 22. Oktober 2020 kam das VG zu dem Ergebnis, dass nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens von der Rechtswidrigkeit der Suspendierung auszugehen sei. In ihrer Entscheidung bemängelte die Kammer die lediglich formelhafte Begründung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Suspendierung. Auch sei der konkrete Einzelfall nicht ausreichend gewürdigt worden. Dies ergebe sich daraus, dass das der Polizeibeamtin vorgeworfene Fehlverhalten nicht beschrieben wurde.

Offenbar, so das VG, gehe es um den Erhalt einer Bilddatei per WhatsApp. Nicht berücksichtigt habe der Dienstherr, dass der Versand dieser Datei bereits im Oktober 2013 erfolgt sei. Auch komme nicht zum Ausdruck, dass  - nach derzeitigen Erkenntnissen - nicht nachzuweisen sei, dass die Beamtin überhaupt Kenntnis von der Nachricht erlangt habe. Dass es sich bei der Bilddatei um eine Parodie auf Adolf Hitler gehandelt habe, sei ebenso wenig erwähnt.
 
 

Aus der  Mitgliedschaft in einer Chatgruppe kann nicht ohne weiteres auf die Kenntnisnahme einer Bilddatei geschlossen werden

Auch in der „formelhaften Begründung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Suspendierung“ vermochte das VG keine zwingenden dienstliche Gründe für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte erkennen. Denn aus der Mitgliedschaft in der Chatgruppe könne nicht ohne weiteres auf die Kenntnisnahme der einzelnen Bilddatei geschlossen werden. Im Übrigen sei es dem Antragsgegner nicht bekannt, ob die Beamtin das Bild überhaupt wahrgenommen habe. Somit fehle es an einer tragfähigen Grundlage dafür, dass es sich bei dem Bild um ein solches mit rechtsradikalem Gedankengut oder sonstiger strafrechtlicher Relevanz handele. Denn die abgebildete Person sei offensichtlich nicht Adolf Hitler, sondern jemand, der mittels einer Parodie Hitler verspotte, überzeichne und der Lächerlichkeit preisgebe. Die vom Landesamt gezogene Schlussfolgerung, dass hierin ein „schwerwiegendes Dienstvergehen“ und ein „Verstoß gegen die politische Treuepflicht“ liege, könne nicht geteilt werden.
 
Der Vorwurf, die Beamtin habe durch den (nicht nachgewiesenen) Empfang der Bilddatei „den Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung verlassen“, so das VG, sei völlig fernliegend. Vor diesem Hintergrund sei der Verdacht, dass Straftaten (Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Volksverhetzung) begangen worden seien, nicht nachvollziehbar.
 
Hier finden Sie den Beschluss des Verwaltungsgericht Düsseldorf, vom 22.10.2020 - 2 L 1910/20 -

Rechtliche Grundlagen

§ 86a und § 130 Strafgesetzbuch (StGB)


§ 86a StGB
Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1. im Inland Kennzeichen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich, in einer Versammlung oder in von ihm verbreiteten Schriften (§ 11 Abs. 3) verwendet oder
2. Gegenstände, die derartige Kennzeichen darstellen oder enthalten, zur Verbreitung oder Verwendung im Inland oder Ausland in der in Nummer 1 bezeichneten Art und Weise herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt.
(2) 1Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. 2Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.
(3) § 86 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.



§ 130 StGB
Volksverhetzung

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
1. gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichnete Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1. eine Schrift (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder einer Person unter achtzehn Jahren eine Schrift (§ 11 Absatz 3) anbietet, überlässt oder zugänglich macht, die
a) zum Hass gegen eine in Absatz 1 Nummer 1 bezeichnete Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstachelt,
b) zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen in Buchstabe a genannte Personen oder Personenmehrheiten auffordert oder
c) die Menschenwürde von in Buchstabe a genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden,
2. einen in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalt mittels Rundfunk oder Telemedien einer Person unter achtzehn Jahren oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder
3. eine Schrift (§ 11 Absatz 3) des in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalts herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diese Schrift ein- oder auszuführen, um sie oder aus ihr gewonnene Stücke im Sinne der Nummer 1 oder Nummer 2 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.
(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.
(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.
(5) 1Absatz 2 Nummer 1 und 3 gilt auch für eine Schrift (§ 11 Absatz 3) des in den Absätzen 3 und 4 bezeichneten Inhalts. 2Nach Absatz 2 Nummer 2 wird auch bestraft, wer einen in den Absätzen 3 und 4 bezeichneten Inhalt mittels Rundfunk oder Telemedien einer Person unter achtzehn Jahren oder der Öffentlichkeit zugänglich macht.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1 und 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist der Versuch strafbar.
(7) In den Fällen des Absatzes 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, und in den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt § 86 Abs. 3 entsprechend.