Oberbürgermeister mobbt Beamtin. Copyright by Jakub Jirsák
Oberbürgermeister mobbt Beamtin. Copyright by Jakub Jirsák

Am 27 März 2019 hatte das Verwaltungsgericht (VG) Halle über die Verletzung der Fürsorgepflicht gegenüber einer städtischen Beamtin zu entscheiden. Sie machte Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen einer Persönlichkeitsverletzung geltend.

Büro der erkrankten Beamtin wird auf Weisung des Oberbürgermeisters geräumt

Die Beamtin war Leiterin eines Fachbereichs der beklagten Stadt. Während ihrer durch Krankheit bedingten längeren Abwesenheit sah sich der Oberbürgermeister (OB) veranlasst, mittels Dienstanweisung die vorhandenen Fachbereiche von vier auf drei zu reduzieren. Im Rahmen dieser organisatorische Maßnahme setzte er die Klägerin auf eine "Stabsstelle Recht" um. Er ließ das von der Klägerin genutzte Büro räumen. Ihre Möbel und in den Schränken vorhandene Akten wurden in einen im Dachgeschoss gelegenen Raum verbracht. Dieser Raum wurde bereits vier Jahre zuvor durch das Landesamt für Verbraucherschutz als nicht sicher erreichbar bemängelt. Begründet wurde dies damit, weil er lediglich durch eine steile Treppe sowie eine Leiter zu erreichen war.
 

Beamtin begehrt amtsangemessene Beschäftigung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren

In einem von der Klägerin erhobenen vorläufigen Rechtsschutzverfahren verpflichtete das VG die Beklagte dazu, die Klägerin amtsangemessen zu beschäftigen. Die Beklagte ignorierte diesen Beschluss. Hieraufhin leitete die Klägerin ein Vollstreckungsverfahren ein. In seinem Beschluss vom 12. Dezember 2016 führte das Gericht aus, dass die der Klägerin übertragenen Aufgaben ihrem Dienstposten nicht amtsangemessen seien. Denn die Aufgaben, die ausweislich der Stellenbeschreibung von ihr wahrzunehmen sind, seien ihr nicht übertragen worden. Aus formellen Gründen wurde dieser Beschluss jedoch durch das Oberverwaltungsgericht (OVG) Magdeburg aufgehoben.
Bereits am 6. Oktober 2015  hatte die Klägerin Klage auf amtsangemessene Beschäftigung erhoben.

Offenkundige Schikanen durch den Oberbürgermeister

Aufgrund einer längerfristigen Erkrankung der Klägerin ordnete die Beklagte die Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens zur Überprüfung ihrer Dienstfähigkeit an. Hieraufhin beantragte die Klägerin von der Beklagten die Erteilung einer Anlassbeurteilung. Die Beklagte erstellte jedoch keine Beurteilung, sondern ein Dienstzeugnis für das Ende des Beamtenverhältnisses.
 
Auf einen Urlaubsantrag der Beamtin teilte der OB mit, dass er den Urlaub genehmige, wenn ihre Arbeitsfähigkeit bis dahin wieder hergestellt sei.
 

Personalrat geht an die Öffentlichkeit und ergreift Partei

In seiner Entscheidung vom 27.März 2019  weist das VG, obwohl sicherlich nicht entscheidungserheblich, darauf hin, dass der Personalrat (PR) der Beklagten sich in einer Presseerklärung dahingehend erklärt habe, dass die Klägerin sich über Monate bei voller Besoldung in die Krankheit geflüchtet habe.
 
Wenn ein solcher gerichtlicher Hinweis erfolgt, dann stellt sich die Frage, was oder wer den PR zu einer solchen Presseerklärung veranlasste? Und ebenso, aufgrund welcher Erkenntnisse der PR meinte zu dem Ergebnis kommen zu können, dass die nach ärztlichen Feststellungen vorübergehend dienstunfähige Klägerin sich in die Krankheit flüchtete?
 

Klägerin akzeptiert Versetzung

Ab dem 16.Januar 2017 wurde die Klägerin an einen anderen Dienstherrn abgeordnet, wo sie ihren Dienst aufgenommen hat und zu dem sie in der Folgezeit versetzt wurde.
 

Mobbingattacken des Oberbürgermeisters sind reine Schikane

Mit Urteil vom 27. März 2019 hat das VG Halle die Beklagte zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 23.000,00 EUR sowie zum Ersatz aller materiellen Schäden, die der Klägerin in den Jahren 2014 bis 2016 entstanden sind, verurteilt.
 
Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die Klägerin durch das Mobbing des OB eine Persönlichkeitsverletzung sowie eine Gesundheitsschädigung erlitten habe, die durch die Schmerzensgeldzahlung auszugleichen seien.
 
Bereits die Verringerung der Fachbereiche, so das Gericht, sei eine gegen die Klägerin gerichtete Maßnahme gewesen.
 
Ihre Umsetzung sei als Schikane zu verstehen, da ihr hierdurch ein deutlich geringwertigerer Aufgabenbereich zugewiesen worden sei. Im Übrigen sei sie hierzu auch nicht angehört worden. Die Umsetzung sei ihr lediglich telefonisch angekündigt worden, "damit sie es nicht aus der Presse erfahre". Ihr sei ein unwürdiges Büro zugeteilt worden, bei dem es sich um den nach außen dargestellten Abstieg der Klägerin aus der Führungsebene und damit einen sinnfälligen Ausdruck ihrer Degradierung gehandelt habe. Das übergeordnete Ziel des OB sei aus der Erteilung des Dienstzeugnisses deutlich geworden. Statt der angeforderten Anlassbeurteilung habe er der Klägerin das Ende ihres Beamtenverhältnisses bescheinigt.
 
Hier finden Sie Pressemitteilung der Verwaltungsgerichts Halle vom 25.4.2019

Das sagen wir dazu:

Die Entscheidung des Haller Verwaltungsgerichts ist zu begrüßen!

Ärgerlich indes ist es, dass der OB der beklagten Stadt, der sich als „Mobber par excellence“ erwies, seine gegen die Beamtin gerichteten Attacken auf Kosten der Stadtkasse ausleben kann und nicht persönlich zur Rechenschaft gezogen wird.

Wenn auch nur eine Nebenerscheinung, so stellt sich dem Autor doch die Frage, was einen Personalrat veranlassen kann, eine Presseerklärung abzugeben, die sich ersichtlich gegen die Beamtin richtete?

Da kaum anzunehmen ist, das die Personalratsmitglieder in der Lage sind, ärztliche Diagnosen zu widerlegen, kann der Gang an die Öffentlichkeit nur als solcher gesehen werden, wie er wohl auch gemeint gewesen sein mag. Denn durch die völlig unnötige Presseerklärung wurde die vom Verwaltungsgericht als Schikane bezeichnete Vorgehensweise des Oberbürgermeisters offenkundig unterstützt.