Da mag der Adler noch so grimmig schauen: das Deutsche Reich ist zum Glück Geschichte! © Adobe Stock - Von Christos Georghiou
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Beamt*innen müssen anders als alle anderen Beschäftigten keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlen. Sie sind hinsichtlich ihres rechtlichen Status auch nicht mit Arbeitnehmer*innen zu vergleichen. Während letztere in einem Dauerschuldverhältnis zu einem Arbeitgeber stehen, das einen Arbeitsvertrag zur Grundlage hat, befinden sich Beamt*innen in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis zum Dienstherrn.


Ein Arbeitsverhältnis kann eine der Parteien wie jedes Dauerschuldverhältnis durch Kündigung beenden. Das geht beim Beamtenverhältnis nicht. Grundsätzlich werden Beamt*innen auf Lebenszeit ernannt. Deshalb endet das öffentlich-rechtlichen Treueverhältnis auch nicht mit der Pensionierung. Beamt*innen versetzt der Dienstherr vielmehr in den Ruhestand, etwa weil er die Altersgrenze erreicht hat oder dienstunfähig ist.

Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der „hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums“ zu regeln

Während also Arbeitnehmer*innen nicht mehr an den Arbeitgeber gebunden sind, wenn sie aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, stehen Beamt*innen also grundsätzlich bis an ihr Lebensende in einem rechtlichen Verhältnis zum Dienstherrn. Deshalb gibt es auch nach der Versetzung in den Ruhestand Pflichten sowohl für ihn als auch für Ruhestandsbeamt*innen.


Art. 33 Absatz 5 Grundgesetz bestimmt, dass das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der „hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums“ zu regeln ist. Das haben wir ausführlich und vertieft dargestellt in unserem Artikel „Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums“:

Wenn Beamt*innen schuldhaft gegen Pflichten aus dem Dienstverhältnis verstoßen, kann ein Verwaltungsgericht sie aus dem Dienst entfernen

 

Im vorliegenden Fall geht es insoweit vor allem um zwei dieser Grundsätze:

 

  • Der/die Beamt*in muss jederzeit für den Staat und seine verfassungsmäßige Ordnung eintreten und
  • Der/die Beamt*in hat ein Recht auf lebenslange Zahlung amtsangemessener Bezüge, als Ruhestandsbeamt*in allerdings nur in Form der niedrigeren Ruhestandsbezüge (Alimentationsprinzip).

Wenn Beamt*innen schuldhaft gegen Pflichten aus dem Dienstverhältnis verstoßen, kann ein Verwaltungsgericht sie aus dem Dienst entfernen. Entsprechend kann Ruhestandsbeamt*innen das Ruhegehalt aberkannt werden. Auch das erfolgt in aller Regel durch ein Verwaltungsgericht. Das Gericht entscheidet natürlich nicht von sich aus. Es ist der Dienstherr, der zuvor in einem Disziplinarverfahren ausführlich ermittelt und dann beim Verwaltungsgericht „Disziplinarklage“ erhoben hat. In manchen Bundesländern kann der Dienstherr die Ruhestandsbezüge auch durch eine Disziplinarverfügung aberkennen. Im Landesdisziplinargesetz Baden-Württemberg ist das etwa in § 33 vorgesehen.

Der Dienstherr muss ehemalige Beamt*innen, die aus dem Dienst entfernt werden, in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichern

Wird ein/e Beamt*in aus dem Dienst entfernt oder ein/em Beamt*in die Ruhestandsbezüge aberkannt, endet das öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis. Letztere, denen das passiert, fallen indes nicht bodenlos: für eine Übergangsfrist von einem halben Jahr zahlt der Staat einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 70 Prozent des Ruhegehaltes. Sodann muss sie der Dienstherr in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichern, sodass sie nunmehr Anspruch auf die gesetzliche Rente haben. Diese ist indessen viel niedriger als die Pension.


Im vorliegenden Fall geht es um eine Beamtin, die als Lehrerin im Dienst des Landes Rheinland-Pfalz stand, bevor sie im Jahr 2006 in den Ruhestand versetzt wurde. Etwa zehn Jahre später äußerte die Ruhestandsbeamtin in zwei von ihr veröffentlichten Büchern sowie in mehreren Schreiben an Behörden Äußerungen, die das Land Rheinland-Pfalz veranlasst haben, gegen sie disziplinarisch zu ermitteln und Disziplinarklage vor dem Verwaltungsgerichts Trier (VG) zu erheben.

Eine Lehrerin hatte sich im Ruhestand aktiv gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigt

Das VG hat der ehemaligen Lehrerin das Ruhegehalt aberkannt, weil sie sich im Ruhestand aktiv gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigt habe. Dabei könne dahinstehen, ob sie der sog. Reichsbürgerbewegung angehöre, da die ihr vorgehaltenen Äußerungen jedenfalls szenetypisch und inhaltlich gezielt gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet seien.


Gegen das Urteil des VG Trier legte die ehemalige Lehrerin Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz ein. Sie habe die vorgehaltenen Äußerungen als Wissenschaftlerin und „kritische Demokratin“ getätigt, wandte sie zu ihrer Verteidigung ein. Das OVG wies die Berufung jedoch zurück.

Die ehemalige Lehrerin zeigte, dass sie den Staat und seine Institutionen verachtet

In den von der Ruhestandsbeamtin getätigten Äußerungen komme geradezu eine Verachtung für den deutschen Staat und seine Institutionen zum Ausdruck, so das Gericht. So sei darin in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland mehrfach von einem Scheinstaat bzw. Nichtstaat und von einem angeblichen Unternehmen mit Firmenstrukturen die Rede. Außerdem habe sie einen ehemaligen Bundespräsidenten als „Geschäftsführer“ und das demokratische Wahlsystem als „Partei-Wahldiktatur“ bezeichnet.


Die Verfassungsordnung habe sie als „ungültig“ abgelehnt. Hierdurch habe die Beamtin gegen ihre Treuepflicht verstoßen, die - auch über das aktive Dienstverhältnis hinaus - einen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums darstelle. Die Ruhestandsbeamtin habe den Staat und seine Institutionen herabgesetzt und diffamiert. Das stelle eine schwerwiegende Verletzung der Treuepflicht dar, die sich auch nicht mit Verweis auf die Meinungs- oder die Wissenschaftsfreiheit rechtfertigen lasse.

Hier geht es zur Pressemitteilung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz:
siehe auch unsere Artikel:
„Identifikation mit Reichsbürgern begründet Dienstentfernung“
„I bin a Bayer und koa Deutscher - Regierungsobersekretär beim BND muss gehen“: 

Das sagen wir dazu:

Das Urteil des OVG Rheinland-Pfalz ist zu begrüßen. Zwar ist es schon grenzwertig, wenn man in unserem Land mit derart harten Konsequenzen aufgrund von Meinungsäußerungen rechnen muss. Aber hier geht es gar nicht nur darum, eine Meinung kundzutun.


Mitglieder der Szene, die sich als „Reichsbürger“ bezeichnen sind keine harmlosen, wenn auch skurrile Mitbürger. Durchweg lehnen sie den demokratischen Staat ab. Rechtsextremismus, Geschichtsrevisionismus, Antisemitismus und die Leugnung des Holocausts sind unter den Reichsbürgern stark verbreitet. Viele besitzen Waffen und sind bereit, von ihnen Gebrauch zu machen, wenn sie es für nötig halten. Harmlos ist das alles nicht.



Was Reichsbürger eint, ist jedenfalls das Narrativ, dass es die Bundesrepublik Deutschland als Völkerrechtssubjekt gar nicht gibt. Stattdessen schwadronieren sie von einem „Deutschen Reich in den Grenzen 31. Dezember 1937“. Wohlbemerkt: von einem Deutschland zu einer Zeit, als der Nationalsozialismus auf seinem Höhepunkt war. Einen historisch evidenten Anlass, dieses Datum zu wählen, gibt es indessen nicht.



Die alliierten Siegermächte des zweiten Weltkrieges mussten 1945 bestimmen, was mit „Deutschland als Ganzes“ gemeint ist. Diese Definition war wichtig, denn bis zum 2. Oktober 1990 galten nämlich noch die Alliierten Vorbehaltsrechte für „Deutschland als Ganzes“. Die Alliierten hatten sich nur auf einen Zeitpunkt vor dem Anschluss Österreichs an das faschistische Deutschland geeinigt.



Als Jemand, die das Gedankengut der Reichsbürger*innen vertritt und verbreitet, ist die fragliche Lehrerin jedenfalls der Auffassung, dass es den Staat gar nicht gibt, der sie mit einer satten Pension alimentiert. Ein Einkommen, für das sie keinerlei Beiträge entrichten musste. Anders als all jene Beschäftigten, die in einem Arbeitsverhältnis ihre Leistungen erbracht haben. Darf sie erwarten, viel Geld ohne Gegenleistung von einer Institution zu bekommen, die es aus ihrer Sicht gar nicht gibt? Doch wohl nicht.

Rechtliche Grundlagen

§ 10 Landesdisziplinargesetz Rheinland-Pfalz (LDG-RP)

Rechtsgrundlage:
§ 10 Landesdisziplinargesetz Rheinland-Pfalz (LDG-RP)
Aberkennung des Ruhegehalts
(1) Mit der Aberkennung des Ruhegehalts tritt der Verlust der Rechte als Ruhestandsbeamter ein. Der Beamte verliert auch den Anspruch auf Versorgung einschließlich der Hinterbliebenenversorgung und die Befugnis, die Amtsbezeichnung und die im Zusammenhang mit dem früheren Amt verliehenen Titel zu führen.

(2) Der Ruhestandsbeamte, dessen Ruhegehalt aberkannt wird, erhält für die Dauer von sechs Monaten einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 70 v.H. des ihm bei Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung zustehenden Ruhegehalts, soweit nicht in der Entscheidung auf Grund des § 70 etwas anderes bestimmt ist.

(3) Die Aberkennung des Ruhegehalts und ihre Rechtsfolgen erstrecken sich auf alle Ämter, die der Ruhestandsbeamte bei Eintritt in den Ruhestand bei einem rheinland-pfälzischen Dienstherrn (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 LBG) bekleidet hat.

(4) § 8 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.