Besuch der Tochter im australischen „Dschungelcamp“ kann zur Entlassung aus dem Beamtenverhältnis führen.
Besuch der Tochter im australischen „Dschungelcamp“ kann zur Entlassung aus dem Beamtenverhältnis führen.


Antrag auf unbezahlten Urlaub abgelehnt. Lehrerin meldet sich krank und reist nach Australien

Um ihre Tochter zu dem sog. „Dschungelcamp“ nach Australien begleiten zu können, beantragte die Studienrätin Sonderurlaub für die Zeit vom 11. bis zum 27.01.2016. Die Landesschulbehörde lehnte diesen Antrag ab.

Nach den Weihnachtsferien reichte die Lehrerin eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit vom 07. bis zum 29.01.2016 bei ihrem Dienstherrn ein. 

Nach Videobotschaft aus Australien Einleitung eines Disziplinarverfahrens 

Eine Videobotschaft der Lehrerin und ihrer Tochter aus Australien lief im Fernsehen. Hieraufhin leitete die Landesschulbehörde ein Disziplinarverfahren gegen die Antragstellerin ein. 

Vorläufige Entfernung aus dem Dienst  - Kürzung der Dienstbezüge

Mit Verfügungen vom 10.01.2017 enthob die Schulbehörde die Lehrerin vorläufig des Dienstes. Gleichzeitig hat sie die Einbehaltung der Hälfte ihrer Dienstbezüge angeordnet. Der Grund dafür war, dass die Studienrätin wahrheitswidrige Angaben über ihren Gesundheitszustand gemacht habe. Damit sei sie dem Dienst trotz Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung unentschuldigt ferngeblieben. Es komme erschwerend hinzu, dass die Antragstellerin öffentlichkeitswirksam eine Reise nach Australien unternommen habe. Hierdurch sei das Vertrauen in ihre Zuverlässigkeit und Integrität erschüttert.

Gegen diese Verfügungen wandte sich die Lehrerin an das Verwaltungsgericht Lüneburg.

Amtsgericht Soltau verurteilt die Lehrerin wegen Gebrauchs eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses zur Geldstrafe

Das Verwaltungsgericht (VG) Lüneburg gab einem Eilantrag der Lehrerin statt, mit dem sie sich gegen die Anordnung der Landesschulbehörde über die vorläufige Dienstenthebung und die Einbehaltung eines Teils ihrer Dienstbezüge gewandt hatte. Der Eilantrag kam zeitlich vor der Gerichtsentscheidung.

Im Verlauf des Verfahrens vor dem VG Lüneburg hat das Amtsgericht (AG) Soltau die Antragstellerin mit Urteil vom 30. März 2017 wegen des Gebrauchs eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses zu einer Geldstrafe verurteilt. Gegen die Entscheidung des Soltauer AG hat die Lehrerin Berufung eingelegt. Das Berufungsverfahren läuft noch. 

Auf die Beschwerde der Landesschulbehörde hat das Niedersächsische OVG den Beschluss des VG Lüneburg abgeändert. Das OVG folgte der Rechtsauffassung der Schulbehörde. Hiernach darf die Lehrerin bis zum Abschluss des sie betreffenden Disziplinarverfahrens keinen Dienst mehr ausüben. Zusätzlich verfügte das OVG die Kürzung der Dienstbezüge.  

OVG erklärt Entlassung aus dem Beamtenverhältnis für wahrscheinlich

Anders als das VG war das OVG der Auffassung, dass nach derzeitigem Sachstand in dem Disziplinarklageverfahren gegen die Lehrerin mit überwiegender Wahrscheinlichkeit deren Entlassung aus dem Beamtenverhältnis ausgesprochen werden wird.

In seinen Entscheidungsgründen geht der 3. Senat des OVG davon aus, dass die Studienrätin geplant und berechnend vorgegangen war, um ein unrichtiges Gesundheitszeugnisses zu bekommen. Außerdem lasse ihre fehlende Einsicht in ihr Fehlverhalten derzeit nicht darauf schließen, dass sie in Zukunft die Gewähr dafür biete, ihren Dienstpflichten als Beamtin nachzukommen. Nach derzeitiger Würdigung werde die Lehrerin ihrer Vorbildfunktion nicht gerecht. Im Übrigen sei im Rahmen einer Gesamtabwägung erschwerend zu Ungunsten der Studienrätin zu berücksichtigen, dass sie während des laufenden Beschwerdeverfahrens einer bundesweit erscheinenden Zeitung ein Interview gegeben hat, obwohl die Landesschulbehörde dies untersagt hatte.

Hier geht es zur vollständigen Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts, Beschluss vom 9. Februar 2018, 3 ZD 10/17

Zum Thema „Entfernung von Beamtinnen und Beamten aus dem Dienst“

Das sagen wir dazu:

Entfernung aus dem Dienstverhältnis und die sozialen Folgen

Beamte, die aus dem Dienstverhältnis entfernt werden und denen das Ruhegehalt aberkannt wird, droht der soziale Abstieg. 

Sollte die Studienrätin endgültig aus dem Beamtenverhältnis entlassen werden, was nach der Entscheidung des Niedersächsischen OVG vom 09.02.2018 nicht auszuschließen ist, so gilt folgendes:

Scheidet ein Beamter ohne Versorgungsansprüche aus dem Dienstverhältnis aus, so wird er für die Dauer des Beamtenverhältnisses in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert. Die ansonsten übliche zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes wird jedoch nicht gewährt (§ 8 Sozialgesetzbuch (SGB) VI).

Nach § 181 Absatz 5 SGB VI hat der Dienstherr die Beiträge für die Nachversicherung, also Arbeitnehmer-und Arbeitgeberanteil, allein zu tragen. 

Dies alles gilt auch dann, wenn der Beamte von dem Disziplinargericht aus dem Dienst entfernt wird.

Auch bei Aberkennung des Ruhegehalts im Disziplinarverfahren ist der Pensionär nachzuversichern. 

Probleme werden die Betroffenen trotz der Nachversicherung haben. Es kann schwierig bis unmöglich werden Mitglied der gesetzliche Krankenversicherung zu werden, da die Aufnahme als freiwillig versichertes Mitglied an bestimmte Voraussetzungen gebunden ist.

In Form der gesetzlichen Rente, die aus dem Dienstverhältnis ausgeschiedene Beamte erwartet, geht die Versorgung im Alter nicht völlig verloren. Sie unterscheidet sich jedoch hinsichtlich der zu erwartenden Höhe erheblich von den Pensionsansprüchen. Denn als Pension können maximal 71,75 % des Bruttogehalts, das während der letzten zwei Jahre vor dem Ruhestand bezogen wurde, erreicht werden, was aber in der Realität selten der Fall ist. Derzeit liegt das durchschnittliche Pensionsniveau bei „nur“ 68,1 %.

Von einer solchen Altersversorgung können Rentner nur träumen. Gemessen am Einkommen liegt das Versorgungsniveau der Rentner um über 20 Prozentpunkte niedriger. Nicht einmal 50% ihres letzten Lohns bekommen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte als Rente.

Rechtliche Grundlagen

§ 8 SGB VI und § 181 Absatz 5 SGB VI


§ 8 Sozialgesetzbuch (SGB) VI
Nachversicherung, Versorgungsausgleich und Rentensplitting
(1) Versichert sind auch Personen,
1.
die nachversichert sind oder
2.
für die aufgrund eines Versorgungsausgleichs oder eines Rentensplittings Rentenanwartschaften übertragen oder begründet sind.
Nachversicherte stehen den Personen gleich, die versicherungspflichtig sind.

(2) Nachversichert werden Personen, die als
1.
Beamte oder Richter auf Lebenszeit, auf Zeit oder auf Probe, Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit sowie Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst,
2.
sonstige Beschäftigte von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts, deren Verbänden einschließlich der Spitzenverbände oder ihrer Arbeitsgemeinschaften,
3.
satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen oder Angehörige ähnlicher Gemeinschaften oder
4.
Lehrer oder Erzieher an nicht-öffentlichen Schulen oder Anstalten
versicherungsfrei waren oder von der Versicherungspflicht befreit worden sind, wenn sie ohne Anspruch oder Anwartschaft auf Versorgung aus der Beschäftigung ausgeschieden sind oder ihren Anspruch auf Versorgung verloren haben und Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung (§ 184 Abs. 2) nicht gegeben sind. Die Nachversicherung erstreckt sich auf den Zeitraum, in dem die Versicherungsfreiheit oder die Befreiung von der Versicherungspflicht vorgelegen hat (Nachversicherungszeitraum). Bei einem Ausscheiden durch Tod erfolgt eine Nachversicherung nur, wenn ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente geltend gemacht werden kann.




§ 181 Sozialgesetzbuch (SGB) VI
Berechnung und Tragung der Beiträge
(1) 1Die Berechnung der Beiträge erfolgt nach den Vorschriften, die im Zeitpunkt der Zahlung der Beiträge für versicherungspflichtige Beschäftigte gelten. 2Als Zeitpunkt der Zahlung gilt der Tag der Wertstellung des Gegenwerts der Beiträge auf dem Konto des Rentenversicherungsträgers.
(2) 1Beitragsbemessungsgrundlage sind die beitragspflichtigen Einnahmen aus der Beschäftigung im Nachversicherungszeitraum bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze. 2Ist die Gewährleistung der Versorgungsanwartschaft auf eine weitere Beschäftigung erstreckt worden, werden für diesen Zeitraum auch die beitragspflichtigen Einnahmen aus der weiteren Beschäftigung, bei Entwicklungshelfern und Personen, die für eine begrenzte Zeit im Ausland beschäftigt sind, der sich aus § 166 Absatz 1 Nummer 4 und 4a ergebende Betrag bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze zugrunde gelegt.
(2a) 1Bei nachzuversichernden Soldaten auf Zeit sind abweichend von Absatz 2 Satz 1 Beitragsbemessungsgrundlage die um 20 vom Hundert erhöhten beitragspflichtigen Einnahmen. 2Bei der Erhöhung der beitragspflichtigen Einnahmen sind abweichend von § 157 auch beitragspflichtige Einnahmen über der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigen, höchstens bis zu einem Betrag der um 20 vom Hundert erhöhten Beitragsbemessungsgrenze.
(3) 1Mindestbeitragsbemessungsgrundlage ist ein Betrag in Höhe von 40 vom Hundert der jeweiligen Bezugsgröße, für Ausbildungszeiten die Hälfte dieses Betrages und für Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung der Teil dieses Betrages, der dem Verhältnis der ermäßigten zur regelmäßigen Arbeitszeit entspricht. 2Mindestbeitragsbemessungsgrundlage für die dem Grundwehrdienst entsprechenden Dienstzeiten von Zeit- oder Berufssoldaten ist der Betrag, der für die Berechnung der Beiträge für Grundwehrdienstleistende in dem jeweiligen Zeitraum maßgebend war.
(4) Die Beitragsbemessungsgrundlage und die Mindestbeitragsbemessungsgrundlage werden für die Berechnung der Beiträge um den Vomhundertsatz angepasst, um den das vorläufige Durchschnittsentgelt für das Kalenderjahr, in dem die Beiträge gezahlt werden, das Durchschnittsentgelt für das Kalenderjahr, für das die Beiträge gezahlt werden, übersteigt oder unterschreitet.
(5) 1Die Beiträge werden von den Arbeitgebern, Genossenschaften oder Gemeinschaften getragen. 2Ist die Gewährleistung der Versorgungsanwartschaft auf eine weitere Beschäftigung erstreckt worden, werden die Beiträge für diesen Zeitraum von den Arbeitgebern, Genossenschaften oder Gemeinschaften getragen, die die Gewährleistung erstreckt haben; Erstattungsvereinbarungen sind zulässig.