In Zukunft nur noch gute Arbeitsbedingungen und glückliche Tiere in der Fleischbranche? Copyright by Adobe Stock/Kadmy
In Zukunft nur noch gute Arbeitsbedingungen und glückliche Tiere in der Fleischbranche? Copyright by Adobe Stock/Kadmy

Der Corona-Ausbruch in vier Unternehmen der Fleischindustrie vor ein paar Tagen hat für viel Aufsehen gesorgt. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil anlässlich einer aktuellen Stunde im Bundestag eine emotionale Rede gehalten und erklärt, dass Kern des Übels eine Art von Sub-Sub-Sub-Unternehmertum sei, das er nicht akzeptieren würde. Er kündigte weitgehende Konsequenzen an, die das Korona-Kabinett schon in dieser Woche beschließen würde.
Wir hatten darüber berichtet in unserem Artikel „Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie sind entsetzlich, beschämend und nicht zu tolerieren“
Unser Artikel war gerade auf der Homepage, als die nächste Meldung über einen Corona-Ausbruch in einem Betrieb der Fleischindustrie gemeldet wurde. In einem Schlachtbetrieb in Dissen bei Osnabrück wurden 92 mit dem Coronavirus infizierte Mitarbeiter festgestellt.

Der Bundesarbeitsminister will schnell alle Missstände beseitigen

Arbeitsminister Heil hatte bereits am Montag, den 18. Mai 2020, einen Antrag in das Corona-Kabinett eingebracht, mit dem er Werkezeuge schaffen wollte, gegen die brutalen und menschenunwürdigen Sitten in der Branche vorzugehen. Es gab Informationen, dass der Minister grundsätzlich Werkverträge und Subunternehmertum in der Fleischindustrie verbieten will. Das Corona-Kabinett konnte sich derweil am Montag nicht einigen. Heute tagte es erneut und verabschiedete Eckpunkte eines Arbeitsschutzprogramms.
Es sieht unter anderem folgende Punkte vor:

  • Zoll und Arbeitsschutzbehörden sowie kommunale Ordnungs- und Gesundheitsämter sollen zusätzliche Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die Arbeits-, Infektions- und Gesundheitsschutzstandards eingehalten werden.
  • Ab dem 1. Januar 2021 sollen das Schlachten und die Verarbeitung von Fleisch nur noch durch Beschäftigte des eigenen Betriebes zulässig sein. Werkverträge und Arbeitnehmerüberlassung wären damit nicht mehr möglich. Handwerksbetriebe sind von dieser Regelung ausgenommen.
  • Der Bußgeldrahmen bei Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz wird auf 30.000 Euro verdoppelt.
  • Die Bundesregierung prüft zudem, wie die Unternehmen verpflichtet werden können, Mindeststandards bei der Unterbringung sicherzustellen.

Interessensvertreter der Fleischindustrie hatten sofort nach der Ankündigung des Ministers letzte Woche versucht, auf die zu erwartende Entscheidung des Kabinetts Einfluss zu nehmen.

Auch wenn es der Branche nicht passt: Gesundheit geht vor!

So hatte ein bekannter Fleischfabrikant und Fußballfunktionär aus NRW Heil vor Abschaffung von Werkverträgen in der Fleischindustrie gewarnt. Ein generelles Verbot von Werkverträgen in der Fleischwirtschaft hätte massive, strukturell-negative Veränderungen für die Agrarwirtschaft zur Folge.

Von derartigen Versuchen, auf die Politik Einfluss zu nehmen, ließ sich das Kabinett indessen nicht beirren. "Diese Infektionen gefährden die erkrankten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Und sie gefährden die lokalen Lockerungen, die wir gemeinsam erreicht haben - und damit das Leben in den betroffenen Regionen", erklärte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil. Schon deshalb seien schärfere Auflagen für die Fleischindustrie erforderlich.

Ausländische Arbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer spielten in der Fleischwirtschaft eine wichtige Rolle. Sie müssten besonders geschützt werden, da sie sich meist nur temporär in Deutschland aufhielten, über allenfalls eingeschränkte Sprachkenntnisse verfügten und keine realistische Möglichkeit hätten, auf dem Wohnungsmarkt eine Wohnung zu finden. In Teilen der Fleischbranche würden bereits seit Jahren und wiederholt Missstände bei Arbeits- und Unterkunftsbedingungen festgestellt. "Diese Missstände sind unwürdig und gefährlich. Wir wollen sie schnell und gründlich beheben", so Bundesarbeitsminister Heil.