Bundesministerium benachteiligt Gleichstellungsbeauftragte. Copyright by Adobe Stock/pusteflower9024
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Mit einer von ihr 2017 beim Verwaltungsgericht (VG) Berlin erhobenen Klage rügt die Gleichstellungsbeauftragte nicht zur Leitungsklausur des Ministeriums im Jahr 2016 eingeladen worden zu sein. Sie sah hierin eine Verletzung ihres Beteiligungsrechts.

2018 erhob sie eine weitere Klage beim VG. Mit dieser wendet sie sich dagegen, als Gleichstellungsbeauftragte bei der Besetzung der Leitung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes nicht beteiligt worden zu sein. Diese Stelle ist direkt beim BMFSFJ angebunden. Die Klägerin selbst hatte sich als Beamtin auf diese Position beworben.

Zuvor hatte das BMFSFJ die Klägerin vom Stellenbesetzungsverfahren ausgeschlossen. Begründet wurde der Ausschluss damit, dass sie nach 17 Jahren Tätigkeit als Gleichstellungsbeauftragte nicht mehr als Beamtin beurteilt werden könne. Als Gleichstellungsbeauftragte wurde die Klägerin vor dieser Entscheidung jedoch nicht beteiligt.
 

Beteiligungsrechte verletzt

Die Klägerin war in beiden Streitsachen erfolgreich. Die unterlassene Einladung der Gleichstellungsbeauftragten zur jährlichen Leistungsklausur der Führungskräfte des BMFSFJ, so das Gericht, verletzte ihre Beteiligungsrechte. Nach dem Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG) sei die Gleichstellungsbeauftragte grundsätzlich auch an Dienstbesprechungen der Führungsebene ihrer Dienststelle zu beteiligen. Dies gelte insbesondere für solche Besprechungen, für die im Vorfeld nicht ausgeschlossen werden könne, dass sie Entscheidungsprozesse in personellen, organisatorischen oder sozialen Angelegenheiten wesentlich steuerten.

Wird ein Thema, das die inneren Angelegenheiten des Ministeriums betreffe, für so wichtig erachtet, dass es auf der jährlichen Leitungsklausur vorgestellt werde, ist davon auszugehen, dass von dieser Leitungsklausur steuernde Impulse ausgingen. Eine nachträgliche Information sei nicht ausreichend. Denn hierdurch werde die gesetzliche Maßgabe, die Gleichstellungsbeauftragte zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu beteiligen, nicht mehr erreicht.

Auch schließe der teilweise politische Charakter der Leitungsklausur die Einladung der Klägerin nicht aus. Hieraus könne sich lediglich eine Beschränkung des Rechts auf Teilnahme an einzelnen Tagesordnungspunkten ergeben.
 

Unzulässige Nichtbeteiligung der Klägerin am Stellenbesetzungsverfahren

Die unterbliebene Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten im Stellenbesetzungsverfahren der Leitung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes verletzt nach Feststellungen des VG ebenfalls die Rechte der Gleichstellungsbeauftragten.

Das vom BMFSFJ durchgeführte Auswahlverfahren sei eine beteiligungspflichtige personelle Angelegenheit im Sinne des BGleiG. An solchen Angelegenheiten sei die Gleichstellungsbeauftragte frühzeitig zu beteiligen, das heißt zu einem Zeitpunkt, zu dem die Angelegenheit noch gestaltungsfähig sei.

Eine nachträgliche Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten werde dem Zweck des BGleiG nicht gerecht: Dieses versuche, gleichstellungspolitische Belange im Behördenhandeln nicht durch Entscheidungsbefugnisse, sondern durch Verfahrensrechte der Gleichstellungsbeauftragten zu sichern.
 

Eigene Bewerbung schließt Beteiligung als Gleichstellungsbeauftragte nicht aus

Die Bewerbung der Klägerin um die Stelle“ Leitung der Antidiskriminierungsstelle“, habe das Ministerium nicht von der Verpflichtung entbinden können, das gleichstellungsrechtliche Verfahren durchzuführen.

Die Klägerin sei selbst zu beteiligen gewesen und nicht etwa ihre Stellvertreterin, auch wenn sie als Bewerberin von der Personalangelegenheit direkt betroffen gewesen sei. Das BGleiG treffe keine Regelungen über den Ausschluss oder die Befangenheit der Gleichstellungsbeauftragten bei Betroffenheit in eigener Sache, sondern belasse die Lösung etwaiger Interessenskonflikte im Bereich abstrakter Organisationsregelungen.

Dies sei nicht zu beanstanden, weil die Gleichstellungsbeauftragte nur das Recht auf Mitwirkung, Beteiligung oder Unterrichtung habe, nicht aber über Mitentscheidungs- oder Zustimmungsrechte verfüge, und damit Richter in eigener Sache nicht sein könne.
Gegen die Urteile kann der Antrag auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gestellt werden.
 
Hier geht es zur Entscheidung des Verwaltungsgericht Berlin vom 27.4.2020 - VG 5 K 50.17

Hier geht es zur Entscheidung des Verwaltungsgericht Berlin vom 27.4.2020 - VG 5 K 237.18