Höchstrichterlich steht nunmehr fest: Beamtenrechtliche Unfallfürsorge greift auch beim Toilettengang!
Höchstrichterlich steht nunmehr fest: Beamtenrechtliche Unfallfürsorge greift auch beim Toilettengang!


Die Klägerin in der durch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschiedenen Sache ist Beamtin des Landes Berlin. Während ihrer regulären Dienstzeit suchte sie eine im Dienstgebäude gelegene Toilette auf.
 
 

Während der Dienstzeit verwirklichte Risiken sind dem Dienstherrn zuzurechnen


Bei diesem Toilettengang zog sie sich eine stark blutende Platzwunde zu, als sie mit dem Kopfgegen den Flügel eines Fensters stieß. Hieraufhin begehrte sie die Anerkennung der Folgen des Unfallereignisses als Dienstunfall.

Das beklagte Land Berlin lehnte die Anerkennung als Dienstunfall ab, da es sich bei Nutzung der Toilette nicht um Dienst, sondern um eine private Angelegenheit handele.

Gegen diese Entscheidung erhob die Beamtin Klage beim Verwaltungsgericht (VG) Berlin und obsiegte. Das VG Berlin verpflichtete das Land Berlin, das Unfallereignis als Dienstunfall anzuerkennen
 

Landesbeamte stehen bei Unfällen innerhalb des Dienstgebäudes unter Schutz der Unfallfürsorge


Das BVerwG hat die Sprungrevision des Landes zurückgewiesen und hiermit die seit mehr als 50 Jahren bestehende Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zum beamtenrechtlichen Dienstunfallschutz bestätigt.

Insbesondere sei es ihr Ziel, die private Sphäre des Beamten vom dienstlichen Bereich, in dem Dienstunfallschutz zu gewähren ist, an Hand praktikabler Kriterien abzugrenzen. Danach steht der Beamte bei Unfällen, die sich innerhalb des vom Dienstherrn beherrschbaren räumlichen Risikobereichs ereignen, unter dem Schutz der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge.

Dies gilt insbesondere für den Dienstort, an dem der Beamte entsprechend der Vorgaben des Dienstherrn seine Dienstleistung zu erbringen hat, wenn dieser Ort zum räumlichen Machtbereich des Dienstherrn gehört. Risiken, die sich hier während der Dienstzeit verwirklichen, sind dem Dienstherrn zuzurechnen, unabhängig davon, ob die konkrete Tätigkeit, bei der sich der Unfall ereignet hat, dienstlich geprägt ist.

Eine Ausnahme gilt nur für die Fälle, in denen die konkrete Tätigkeit vom Dienstherrn ausdrücklich verboten ist oder dessen wohlverstandenen Interessen zuwiderläuft. Hiervon aber ist bei einem notwendigen Toilettengang während der Dienstzeit im Dienstgebäude nach Auffassung der in der Sache der verunfallten Beamtin zur Entscheidung berufenen Richter*innen des Zweiten Senats des BVerwG nicht auszugehen.
 

Entscheidend ist die Regelung im Landesbeamtenversorgungsgesetz


Maßgeblich für die Entscheidung des Falles ist allein die Regelung im Landesbeamtenversorgungsgesetz Berlin, die § 31 Abs. 1 Gesetzes über die Versorgung der Beamten und Richter des Bundes (Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG), entspricht.

Auf die Rechtsprechung der Sozialgerichte, die zum anderslautenden Recht der Gesetzlichen Unfallversicherung ergangen ist und die die Nutzung der Toilettenanlage - anders als den Weg dorthin - vom Unfallschutz ausnimmt, kommt es für die Auslegung der beamtenrechtlichen Bestimmungen nicht an.


Hier geht es zur Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.11.2016:

Hier geht es zu unserem Beitrag über die erstinstanzliche Entscheidung dieser Sache:


Lesen Sie auch andere Beiträge:

Sturz im Hotelzimmer während Dienstreise ist kein Arbeitsunfall:

Versicherungsschutz in der Mittagspause nur für Wege zur Nahrungsaufnahme

Bundessozialgericht bestätigt: Kein Versicherungsschutz auf selbst organisierter Weihnachtsfeier!:

Das sagen wir dazu:

Höchstrichterlich steht nunmehr fest, dass das Land Berlin Dienstunfallschutz gewähren muss. Da die Entscheidung grundsätzliche Bedeutung haben dürfte, ist davon auszugehen,  dass diese für alle Beamten der Bundesländer und des Bundes gilt.

Angestellte, die im Dienst eines Bundeslandes oder des Bundes stehen, sind indes bei ihren Toilettengängen weniger geschützt. Ein Unfallversicherungsschutz besteht für diese nur für den Weg zur Toilette. Die Nutzung einer Toilettenanlage während er Dienstzeit im Dienstgebäude wird aus sozialrechtlicher Sicht als privatwirtschaftlich angesehen.

Rechtliche Grundlagen

§ 31 Abs. 1 Satz 1 Landesbeamtenversorgungsgesetz Berlin

§ 31 Abs. 1 Satz 1 Landesbeamtenversorgungsgesetz Berlin hat folgenden Wortlaut:

(1) Dienstunfall ist ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist.