

Wer über 60 Jahre alt ist, gehört heute noch nicht unbedingt zum alten Eisen. Für viele Beschäftigte ist die Karriere in diesem Alter noch lange nicht beendet. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hatte jetzt über einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu entscheiden, mit dem ein älterer Beamter durchsetzen wollte, dass sein Dienstherr ihn zum Auswahlverfahren für die Übernahme in die nächsthöhere Laufbahn zulässt. Bei einem solchen „Laufbahnaufstieg“ handelt es sich um eine Besonderheit aus dem Beamtenrecht. Was hat es damit auf sich?
Das Beamtenrecht ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze zu regeln
Nach der Befreiung vom Faschismus gab es im Parlamentarischen Rat lange Diskussionen, ob in der Bundesrepublik Deutschland überhaupt ein Berufsbeamtentum in der traditionellen Form weiter bestehen soll. Die alliierten Siegermächte hatten den Rat eigentlich damit beauftragt, das Berufsbeamtentum abzuschaffen und ein allgemeines öffentliches Dienstrecht auf arbeitsrechtlicher Basis zu schaffen. Dazu konnten sich die Mütter und Väter des Grundgesetzes indessen nicht durchringen.
Die Weimarer Republik hatte schließlich die Kernregelungen des „Staatsdienerrechts“ als „wohlerworbene Rechte des Berufsbeamtentums“ in die Reichsverfassung übernommen. So ganz wollte man auf diese Rechte in der Bundesrepublik dann doch nicht verzichten. Schließlich hatten viele der Abgeordneten selbst Beamtenstatus.
So beschloss man, dass die wesentlichen Grundsätze des Berufsbeamtentums, die sich über die Jahre herausgebildet hatten, weiter Geltung haben sollten. Art. 33 Abs. 5 GG bestimmt daher, dass das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der „hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums“ zu regeln ist.
Ausführlicher hatten wir zur Geschichte des Berufsbeamtentums berichtet in unserem Artikel „Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums“
Das „Laufbahnprinzip ist ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums
Eines dieser Grundsätze ist das sogenannte „Laufbahnprinzip“, der Grundsatz, alle Ämter im öffentlichen Dienst nach Laufbahnen zu ordnen. Eine Laufbahn umfasst nach dem Gesetz (z.B. § 16 Bundesbeamtengesetz - BBG) alle Ämter, die verwandte und gleichwertige Vor- und Ausbildungen voraussetzen. Je nach Vorbildung können Beamt*innen in verschiedene Laufbahnen einsteigen und aufsteigen. Grundsätzlich gibt es vier Laufbahngruppen:
- Der einfache Dienst. Einstiegsvoraussetzung ist ein Hauptschulabschluss.
- Der mittlere Dienst. Einstiegsvoraussetzung sind mittlere Reife oder Fachhochschulreife
- Der gehobene Dienst. Einstiegsvoraussetzung ist Abitur bzw. Hochschulreife
- Der höhere Dienst. Einstiegsvoraussetzung ist ein abgeschlossenes Hochschulstudium
Die Bundesbesoldungsordnung bzw. die Besoldungsordnungen der Länder regeln Genaueres.
Beamt*innen können aber auch in die nächsthöhere Laufbahngruppe aufsteigen. Der/ die Beamt*in muss sich dafür bewerben, dass sein Dienstherr sie / ihn zum Auswahlverfahren für die Übernahme in die nächsthöhere Laufbahn zulässt.
Die Bundeslaufbahnverordnung bestimmt für den Aufstieg ein Höchstalter
Um einen solchem Laufbahnaufstieg ging es in dem Verfahren vor dem VG Düsseldorf. Ein 61-jähriger Bundesbahnbetriebsinspektor (mittlerer Dienst, Besoldungsgruppe A9) hatte bei seiner Dienstherrin, der Bundesrepublik Deutschland, beantragt, ihn zum Auswahlverfahren für die Übernahme in die nächsthöhere Laufbahn des gehobenen Dienstes zuzulassen. Das hatte die Bundesrepublik jedoch abgelehnt mit der Begründung der Beamte sei zu alt. Gemäß der Bundeslaufbahnverordnung sei nämlich eine Altersgrenze von 58 Jahren für den Aufstieg vorgesehen.
Diese Regelung hielt das VG Düsseldorf für verfassungswidrig, weil die Altersgrenze durch bloße Rechtsverordnung festgelegt worden ist.
Wenn man ältere Beamte von der Möglichkeit des Aufstiegs in eine höhere Laufbahn mit entsprechenden Beförderungsoptionen ausschließe, greife in das grundrechtsgleiche Recht aus Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes ein, wonach über den Zugang zu öffentlichen Ämtern ausschließlich nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu entscheiden sei.
Das Recht zum Zugang zu öffentlichen Ämtern kann nur der Gesetzgeber beschränken
Dieses Recht könne zwar beschränkt werden, aber nur durch eine Entscheidung des parlamentarischen Gesetzgebers, indem dieser die Grenze entweder selbst festlege oder dem Verordnungsgeber eine hinreichend bestimmte Ermächtigung erteile.
Das sei in Bezug auf Bundesbeamte bislang nicht geschehen. Für die in der Bundeslaufbahnverordnung enthaltene Regelung, dass die Zulassung zum Auswahlverfahren für den Laufbahnaufstieg unter anderem voraussetze, dass die Bewerber das 58. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten, gebe es keine spezifische Ermächtigung im Bundesbeamtengesetz.
Die Festlegung einer Altersgrenze für Bundesbahnbeamte durch Verwaltungsvorschrift genüge ohnehin nicht dem verfassungsrechtlichen Gebot, dass Grundrechtsbeschränkungen nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes vorgenommen werden dürfen.
Der Beschluss ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Die Bundesrepublik Deutschland kann dagegen Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster erheben.
Hier geht es zur Presseerklärung des VG Düsseldorf