Pausen sind in Zeiten ständiger Einsatzbereitschaft schwer zu planen. © Adobe Stock  benjaminnolte
Pausen sind in Zeiten ständiger Einsatzbereitschaft schwer zu planen. © Adobe Stock benjaminnolte

Um Grundsätzliches ging es beim Oberverwaltungsgericht Koblenz. Der Kläger ist Polizeibeamter im Kontroll- und Streifendienst bei der Bundespolizei. Seine Dienstzeiten ergeben sich aus monatlichen Schichtplänen. Nach dem Gesetz finden dort für Zeiten seines Bereitschaftsdienst auch die vorgeschriebenen Ruhepausen Berücksichtigung, sie zählen bei der Arbeitszeit also mit. Ausdrücklich ausgewiesen werden die Ruhepausen im Schichtplan nicht.

 

Der Kläger wollte wissen, ob der Dienstherr diese Ruhepausen auch im Fall der urlaubs- bzw. krankheitsbedingten Abwesenheit als Arbeitszeit berücksichtigen muss. Das geschah nämlich bislang nicht. Gemeinsam mit seinen Prozessbevollmächtigten des DGB Rechtsschutz und der Gewerkschaft der Polizei erhob er Klage beim Verwaltungsgericht. Auch über 1.000 seiner Kolleg*innen machten bundesweit ihre Ansprüche geltend.

 

Die Gerichte sind sich nicht einig

 

Das Verwaltungsgericht Trier gab der Klage des Bundespolizisten statt. Beim Oberverwaltungsgericht Koblenz sahen die Richter*innen die Rechtslage anders, ließen aber die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zu.

 

Der Kläger hatte sich im Verfahren auf das in der Rechtsprechung anerkannte „Ausfallprinzip“ berufen. Die in einem Dienstplan als Arbeitszeit vorgesehene Ruhepause müsse der Dienstherr bei eingeplanten Bereitschaftsdiensten berücksichtigen, auch wenn kein Dienst geleistet werde. Der Dienstherr hielt dem entgegen, nach dem Ausfallprinzip seien nur Zeiten auf dem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben, zu denen der Kläger tatsächlich Dienst hätte leisten müssen. Bei Pausenzeiten sei das nicht der Fall.

 

Das bestätigte nun auch das Oberverwaltungsgericht. Nach dem Gesetz könnten Ruhepausen zwar auf die Arbeitszeit angerechnet werden, wenn die zuständige Behörde ausdrücklich die Anrechnung in Einsatzbereichen mit ständiger Einsatzfähigkeit zulasse. Das solle zusätzliche Belastungen ausgleichen.

 

Die Zulassungsentscheidung hilft dem Kläger nicht weiter

 

Für den Einsatzbereich des Klägers liege eine Zulassungsentscheidung vor. Daraus ergebe sich aber kein Anspruch, Ruhepausen auf die Arbeitszeit anzurechnen, wenn der Kläger keinen Dienst leiste.

 

Nach dem Bundeserlass sei es möglich, Ruhepausen „generell in den Dienstgruppen bei den Bundespolizeiinspektionen während des Regeldienstes“ anzurechnen  - so der Wortlaut der Bestimmung. Im Fall des Klägers praktiziere der Dienstherr das entsprechend.

 

Das Bundesministerium habe eine Anrechnung von Ruhepausen jedoch nur allgemein zugelassen. Diese solle die Ausnahme bilden und nur an Tagen erfolgen, an denen es zu einer tatsächlichen arbeitstäglichen Erschwernis gekommen sei. 

 

Beamt*innen müssen tatsächlich Dienst leisten
 

Im Übrigen setze die „Anrechnung“ von Ruhepausen „auf" die Arbeitszeit voraus, dass es zu Arbeitszeiten gekommen sei. Ruhepausen auch an dienstfreien Tagen anzurechnen, widerspreche den rechtlichen Vorgaben. Die Vorschrift knüpfe an Begriffe wie „operative Tätigkeiten“, die Gewährleistung „ständiger Einsatzfähigkeit“ und die damit „verbundenen Belastungen“ an. Daraus ergebe sich, dass der Beamte tatsächlich Dienst leisten müsse, um eine Ruhepause angerechnet zu bekommen.

 

Die Arbeitszeitverordnung beziehe sich insoweit nicht auf eine abstrakte Belastungssituation, sondern auf die konkreten Schwierigkeiten der Ruhepause bei operativen Tätigkeiten unter ständiger Einsatzbereitschaft. Pausen seien dort nicht planbar. Dem solle besonderes Gewicht beigemessen werden. Der Unterschied zwischen Ruhepausen und Arbeitszeiten bliebe dabei generell bestehen.

 

Weitere Anspruchsgrundlagen sah das Oberverwaltungsgericht nicht

 

Weder aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn noch aus gesundheitlichen Aspekten heraus vermochte das Oberverwaltungsgericht einen Anspruch des Klägers zu erkennen. 

 

Leiste ein Beamter Schichtdienst, konkretisiere der Dienstplan die Dienstleistungspflicht nach Zeit und Ort. Bleibe der Beamte ohne Genehmigung schuldhaft dem Dienst fern, verliere er für die Zeit des Fernbleibens seine Bezüge. Das Gesetz gehe davon aus, dass der Anspruch auf Besoldung ansonsten bestehen bleibe, wenn kein Dienst geleistet würde. Arbeitszeitrechtlich lasse sich daraus folgern, dass wegen Krankheit versäumte Arbeitszeit zu behandeln sei, als sei der Dienst geleistet worden. Das gelte auch für den Fall des Urlaubs.

 

Dem Kläger gehe es aber nicht um „versäumte Arbeitszeiten“. Er streite um „anzurechnende Ruhepausen“. Die Schichtpläne wiesen zwar keine konkreten Pausen auf, arbeitszeitrechtlich sei der Dienstherr aber verpflichtet, diese zu gewähren.

 

Der Unterschied zwischen Arbeitszeit und Ruhepause bleibt bestehen

 

An Tagen, in welchen kein Dienst geleistet worden sei, komme es allein auf die formale Dienstplangestaltung an. Die konkreten Bedingungen der Pausengewährung kämen nicht zum Tragen. Es bleibe beim Unterschied zwischen Ruhepause und Arbeitszeit. Eine Gleichbehandlung sei nur möglich, wenn tatsächlich Dienst geleistet werde.

 

Das stelle den Kläger nicht ungerechtfertigt schlechter als andere Beamt*innen. Er erhalte zwar eine geringere Zeitgutschrift. Das stelle aber keinen Zeitabzug dar. Lediglich eine mit der Anrechnung von Ruhepausen verbundene Arbeitszeitgutschrift erhalte der Kläger an Abwesenheitstagen nicht. Dienstzeiten müsse er dadurch nicht nachholen, denn während geplante Ruhepausen sei er gerade nicht zur Dienstleistung verpflichtet.

 

Das Bundesverwaltungsgericht ist nun gefragt

 

Allerdings gebe es zu dieser Frage eine höchstrichterliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts noch nicht - so das Oberverwaltungsgericht. Weil bundesweit über 1.000 vergleichbare Anträge vorliegen, ließ das Gericht die Revision zu. Das Revisionsverfahren wird beim Gewerkschaftlichen Centrum für Revision und Europäisches Recht geführt werden. Für Betroffene bleibt es weiter spannend.

Hier geht es zum Urteil des Oberverwaltungsgerichts Koblenz

 

 

Rechtliche Grundlagen

§ 5 Arbeitszeitverordnung

(1) Die Arbeit ist spätestens nach 6 Stunden durch eine Ruhepause von mindestens 30 Minuten zu unterbrechen. Nach mehr als 9 Stunden beträgt die Ruhepause mindestens 45 Minuten. Ruhepausen können in Zeitabschnitte von jeweils 15 Minuten aufgeteilt werden.
(2) Ruhepausen werden nicht auf die Arbeitszeit angerechnet, es sei denn, dass
1. die Voraussetzungen des § 17a der Erschwerniszulagenverordnung mit der Maßgabe erfüllt sind, dass im Kalendermonat mindestens 35 Nachtdienststunden geleistet werden, oder
2. die zuständige Behörde die Anrechnung bei operativen Tätigkeiten in Einsatzbereichen, in denen die ständige Einsatzfähigkeit gewährleistet werden muss, zum Ausgleich der damit verbundenen Belastungen zulässt.
Bei Teilzeitbeschäftigung verringern sich die nach Satz 1 Nummer 1 erforderlichen Nachtdienststunden entsprechend dem Verhältnis zwischen der ermäßigten und der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit.

(3) Pro 24-Stunden-Zeitraum ist eine Mindestruhezeit von 11 zusammenhängenden Stunden zu gewähren. Pro 7-Tage-Zeitraum ist zusätzlich eine Mindestruhezeit von 24 zusammenhängenden Stunden zu gewähren. Für die Ruhezeit nach Satz 2 gilt ein Bezugszeitraum von 14 Tagen. Von den Regelungen in den Sätzen 1 bis 3 können Ausnahmen zugelassen werden, wenn dienstliche Belange im Sinne des Artikels 17 Absatz 3 Buchstabe c und e sowie Absatz 4 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. L 299 vom 18.11.2003, S. 9) dies erfordern.