Beamte müssen ihre Bezüge auf „Herz und Nieren“ überprüfen. Das gilt aber nicht für das Einkommen des Ehegatten. Copyright by Adobe Stock/Schwier
Beamte müssen ihre Bezüge auf „Herz und Nieren“ überprüfen. Das gilt aber nicht für das Einkommen des Ehegatten. Copyright by Adobe Stock/Schwier

Über 2000 € verlangte der Dienstherr von seinem Beamten, einem saarländischen Polizeihauptkommissar, zurück. Er habe diesen Betrag zu viel erhalten. Seine Ehefrau sei ebenfalls im öffentlichen Dienst beschäftigt und beziehe nach dem Ende ihrer Elternzeit selbst den hälftigen Betrag. Es sei versäumt worden, bei dem betroffenen Beamten den Familienzuschlag zu kürzen, als seine Frau noch mal begonnen habe, zu arbeiten.
 

Verschärfte Haftung des Beamten

Der Kläger habe so über Jahre hinweg das Doppelte dessen bezogen, was ihm eigentlich zustand. Beamte hafteten verschärft, weshalb der Kläger zurückzahlen müsse, was ihm nicht zustünde. Der Polizist war damit allerdings nicht einverstanden. Er teilte mit, er habe überhaupt nicht gewusst, dass seine Frau zwischenzeitlich noch einmal selbst den Familienzuschlag hälftig erhalte.
 
Die Kläger bemerkte außerdem im Verfahren, seine Bezügemitteilungen seien hinsichtlich des Familienzuschlag bereits seit Jahren nicht verständlich. Die Formulierung habe häufig gewechselt. Er habe auch schon einmal nachgefragt, was eine bestimmte Bezeichnung bedeute. Mehr könne von ihm nicht verlangt werden.
 

Ehepartner tauschen sich aus

Der Dienstherr beharrte insbesondere darauf, dass der Kläger habe wissen müssen, dass seine Ehefrau ebenfalls Familienzuschlag erhalte. In einer Ehe könne man davon ausgehen, dass sich die Ehepartner hinsichtlich des jeweiligen Einkommens austauschen. Der Beamte hafte deshalb sehr wohl verschärft und könne sich nicht darauf berufen, dass Geld bereits verbraucht zu haben.
 
Das Verwaltungsgericht sah demgegenüber keinen Grund dafür, den Kläger verschärft haften zu lassen. Er habe nämlich nicht wissen müssen, dass er den vollen Familienzuschlag nicht erhalten dürfe, wenn seine Frau ebenfalls Familienzuschlag erhalte. Zumindest sei das für ihn nicht offensichtlich gewesen.
 

Die Sorgfaltspflichten der Beamte

Das Gesetz bestimme, dass zu viel gezahlte Bezüge dann zurückgezahlt werden müssen, wenn der*die Betroffene den zugrunde liegenden Fehler in der Zahlung bereits durch Nachdenken oder logische Schlussfolgerung hätte erkennen müssen. Zu den Sorgfaltspflichten eines Beamten aufgrund der beamtenrechtlichen Treuepflicht gehöre, die Besoldungsmitteilungen auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen und auf Überzahlungen zu achten.
 
Offensichtlich sei eine fehlerhafte Zahlung dann, wenn der Empfänger ohne weiteres erkennen bzw. ihm aufgrund seiner individuellen Kenntnisse auffallen müsse, dass der ausgewiesene Betrag nicht stimmen könne. Das müsse sich ihm sozusagen aufdrängen. Es reiche nicht aus, wenn Zweifel bestünden oder eine Nachfrage notwendig werde.
 

Nur den eigene Anspruch auf Besoldung muss man kennen

Der Beamte müsse seinen eigenen Anspruch auf Besoldung kennen. Dies beinhalte seine eigene Einstufung und die ihm zustehenden Besoldungsbestandteile wie Grundgehalt und Familienzuschlag. Dies gelte insbesondere dann, wenn sich die konkreten Verhältnisse jeweils änderten, sei es in beruflicher wie auch in privater Hinsicht. Spezielle Kenntnisse im Besoldungsrecht brauche der Kläger demgegenüber nicht zu haben. Das könne der Dienstherr nur von solchen Beamten verlangen, die juristisch oder besoldungsrechtlich vorgebildet seien.
 
Der Kläger hafte unter Berücksichtigung dieser Vorgaben nicht verschärft. Für ihn sei es nicht offensichtlich gewesen, dass er den Familienzuschlag nicht in voller Höhe beziehen durfte. Von ihm könne auch nicht verlangt werden, dass er die konkrete Betragshöhe des Familienzuschlag kenne, der ihm an sich zugestanden habe. Als Polizeivollzugsbeamter habe er keine besonderen Kenntnisse im Besoldungsrecht. Dies müsse der Dienstherr beachten.
 

Die Zahlbeträge variierten über die Jahre hinweg

Hinzu komme, dass der Dienstherr im Laufe der Jahre auf den Bezügemitteilungen unterschiedliche Bezeichnungen für den Familienzuschlag aufführte. Auch die Beträge hätten variiert. All das habe den Kläger nicht veranlassen müssen, der Zahlung im einzelnen auf den Grund zu gehen.
 
Der Dienstherr meine zwar, die Sorgfaltspflicht eines Beamten gehe so weit, auch die Besoldungsmitteilungen seiner Ehefrau in den Blick zu nehmen. Dem stimme das Gericht jedoch nicht zu. Zwar hätte es dem Kläger durchaus auffallen können, dass seine Ehefrau genau die Hälfte des Betrages erhalte, den er selbst beziehe. Daraus hätte er auch schließen können, selbst zu viel zu bekommen.
 

Der Kläger muss Bezüge der Ehefrau nicht überprüfen

Allerdings habe der Kläger keine Pflicht, die Besoldungsmitteilungen seiner Ehefrau zu überprüfen. Es sei auch nicht lebensfremd, wenn eine solche Überprüfung tatsächlich nicht stattgefunden habe.
 
Auch die eigenen Besoldungsmitteilungen hätten es dem Kläger allenfalls aufdrängen müssen, beim Dienstherrn nachzufragen, ob die ausgewiesenen Beträge richtig seien. Das reiche jedoch nicht aus, anzunehmen, es sei für ihn offensichtlich gewesen, dass die Berechnungen falsch waren.
 
Der Kläger habe sich daher darauf berufen können, dass Geld bereits verbraucht zu haben. Einer verschärften Haftung unterliege er nicht. Angesichts dessen könne der Dienstherr den Betrag nicht mehr zurückfordern, den der Kläger zu viel erhalten habe.

 

Hier geht es zum Urteil

Das sagen wir dazu:

Mal Hand aufs Herz: wer prüft denn nun wirklich die Gehaltsmitteilungen des Ehepartners nach? In einer Ehe sollte man einander vertrauen, aber endet das Vertrauen manchmal in der Praxis nicht schon dann, wenn der jeweils andere sich die Bezügemitteilungen des Partners genau durchliest?

Sicher, auch das gibt es selbstverständlich und völlig ohne Probleme. Selbst wenn man das also nicht als unbedingt außergewöhnlich empfindet, eine Pflicht dazu kann es aber sicher nicht geben. Insofern spiegelt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts des Saarlandes durchaus die Lage in der Praxis wieder und ist daher zu begrüßen

Rechtliche Grundlagen

§ 818 BGB

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.
(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.
(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.
(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.