Mit Urteil vom 10.12.2015 hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) entschieden, dass Regelungen zur rückwirkenden Anerkennung von Berufskrankheiten nicht für Beamt*innen gelten.

Bei Beamt*innen sei eine Krankheit nur dann als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn sie zum Zeitpunkt der Erkrankung bereits in der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) gelistet war.

Kläger war schädlichen Lösungsmitteln ausgesetzt

Der Kläger, über dessen Revision entschieden wurde, war ein im Ruhestand befindlicher ehemaliger Bediensteter einer Justizvollzugsanstalt.


Der Kläger beaufsichtigte den 1990er Jahren während eines Zeitraum von circa zweieinhalb Jahren Gefangene in einem Werksbetrieb, die Bürosessel fertigten. Bei dieser Tätigkeit wurden zwei lösungsmittelhaltige Klebstoffe verwendet. Fest stand, dass der Kläger spätestens im November 1997 an Polyneuropathie erkrankte.


Diese Erkrankung wurde bei Exposition zu organischen Lösungsmitteln zum 1. Dezember 1997 in die Liste der Berufskrankheiten der BKV aufgenommen. Der Kläger begehrt die Anerkennung seiner Erkrankung als Berufskrankheit. Das Verwaltungsverfahren wie auch die Klage blieben erfolglos.

Keine rückwirkende Anerkennung von Berufskrankheiten für Beamte.

Ebenso wie die Vorinstanzen kam auch das BVerwG zu dem Ergebnis dass der Klage des Klägers kein Erfolg beschieden sein kann. Das BVerwG wies die Revision des Klägers zurück. 


Die Begründung stützte sich im Wesentlichen auf die gesetzlichen Regelungen, wonach nur solche Krankheiten als Berufskrankheiten anerkannt werden, die schon zum Zeitpunkt der Erkrankung als Berufskrankheit in der Anlage 1 zur BKV aufgenommen sind.

Eine rückwirkende Anerkennung von Berufskrankheiten, wie sie die Regelungen der gesetzlichen Unfallversicherung vorsehen, auf die sich der Kläger berief, , seien auf ihn als Beamten nicht anwendbar.


Diese Ungleichbehandlung sei insbesondere deswegen gerechtfertigt, weil dem Beamten auch im Falle der vollständigen Dienstunfähigkeit lebenslange Versorgungsansprüche zustehen.

Maßgebend ist der Zeitpunkt der Diagnose der Krankheit.

Der maßgebliche Zeitpunkt, wann bei fortlaufenden kumulativen schädlichen Einwirkungen von dem Beginn der Erkrankung auszugehen ist, bestimmt sich danach, wann die Erkrankung sicher diagnostizierbar ist. Dies war bei dem Kläger wenige Wochen vor der Listung der Krankheit als Berufskrankheit der Fall.


Anmerkung:

Gerechtfertigte Ungleichbehandlung?

Während bei Beamt*innen eine Krankheit nur dann als Berufskrankheit anzuerkennen ist, wenn sie zum Zeitpunkt der Erkrankung bereits in der Anlage zur BKV gelistet war, können Arbeitnehmer*innen, für die die gesetzlichen Unfallversicherungen/ Berufsgenossenschaften zuständig sind, im Rahmen einer  rückwirkenden Anerkennung die Anerkennung einer Berufskrankheit durchsetzen. 

Wie das BVerwG richtig erkennt, liegt insoweit eine Ungleichbehandlung vor. Begründet wird diese durch den Gesetzgeber damit, dass Beamten auch im Falle der vollständigen Dienstunfähigkeit lebenslange Versorgungsansprüche zustehen. 

Fragwürdige Ungleichbehandlung

Da Berufskrankheiten nicht in jedem Fall zur vollständigen Dienstunfähigkeit führen, erscheint die Ungleichbehandlung von Beamt*innen zumindest fragwürdig, wonach die Anerkennung einer Berufskrankheit nur dann durchsetzbar ist, wenn diese schon zum Zeitpunkt der Erkrankung als Berufskrankheit in Anlage 1 zur BKV anerkannt war.

Zur Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgericht vom 10.12.2016 (Urteil vom 10.12.2015, Az: BVerwG 2 C 46.13 -)