Eigenblutbehandlung: Stärkung durch eigenes Blut? Copyright by Adobe Stock/ inews77
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Die Ruhestandsbeamtin hatte bei ihrer Beihilfestelle die Kostenübernahme für eine Eigenblutbehandlung und eine Schmerztherapie mittels Infusion beantragt. Die Beihilfestelle lehnte den Antrag jedoch ab. Die Behandlungen entsprächen nicht den wissenschaftlich allgemein anerkannten Behandlungsmethoden, so die Beihilfestelle.
 

Das Verwaltungsgericht bestätigte die Rechtsauffassung der Beihilfestelle

Diese Rechtsauffassung bestätigte nun das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom April 2020.Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die gewünschte Beihilfe. Dies gelte, obwohl sie für entsprechende Behandlungen vorher und auch nachher schon mehrfach Geld erhalten habe.
 
Nach den saarländischen Beihilfevorschriften seien notwendige Aufwendungen in angemessenem Umfang erstattungsfähig. Zwar gäben die Beihilfevorschriften vor, dass grundsätzlich alle Aufwendungen beihilfefähig seien, die aus Anlass einer Krankheit entstünden. Allerdings dürfe der Gesetzes- oder Verordnungsgeber solche Aufwendungen begrenzen oder ausschließen, die wissenschaftlich nicht anerkannt seien.
 

Das gilt auch dann, wenn Ärzte in der Praxis die Behandlungsform oder das Mittel anwenden

Das gelte auch dann, wenn Ärzte in der Praxis die Behandlungsform oder das Mittel anwenden würden. Eine Beihilfe zu den Aufwendungen setze grundsätzlich voraus, dass die Behandlung oder das Mittel aus therapeutischer Sicht allgemein anerkannt und darüber hinaus durch Erfahrung erprobt sei. Sei das nicht der Fall, könnte der*die Beamte*in keine Kostenerstattung erhalten.
 
Die saarländischen Beihilfevorschriften enthielten im Übrigen einen ausdrücklichen Negativkatalog. Dieser enthalte verschiedene Behandlungsformen, die wissenschaftlich nicht anerkannt seien. Dafür gebe es keine Kostenerstattung. Dazu zähle auch die Eigenblutbehandlung.
 

Dem steht nicht entgegen, dass die Gebührenordnung für Ärzte eine Eigenblutbehandlung vorsieht

Dem stehe nicht entgegen, dass die Gebührenordnung für Ärzte eine Eigenblutbehandlung vorsehe. Die Gebührenordnung habe nur eine Bedeutung für die Höhe der Abrechnung. Sie sage nichts darüber aus, ob die jeweilige Behandlung wissenschaftlich anerkannt sei.
 
Dass die Beihilfestelle vorher und nachher entsprechende Aufwendung schon mehrfach erstattet habe, führe nicht dazu, dass dies weiter geschehen müsse. Es bestehe nämlich kein Vertrauensschutz. Die Beihilfe werde nur für die Aufwendungen, die der* die Beamte*in konkret gehabt habe, bewilligt. Die Entscheidung beziehe sich nicht auf künftige Fälle.
 

Zu Eigenblutbehandlungen liegen schon andere verwaltungsgerichtliche Entscheidungen vor

Zu Eigenblutbehandlungen liegen auch schon andere verwaltungsgerichtliche Entscheidungen vor. So hatte sich beispielsweise das Verwaltungsgericht Gießen 2017 damit befasst.
 
Es verwies darauf, dass Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz die Fürsorgepflicht des Dienstherrn vorgebe. Mit dieser Fürsorgepflicht sei es vereinbar, wenn es keine Beihilfe gäbe für Aufwendungen, die wissenschaftlich nicht anerkannt seien.
 

Die Fürsorgepflicht gebietet es nicht, Beihilfen zu wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methoden zu gewähren

Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gebiete es nämlich nicht, Beihilfen zu wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methoden zu gewähre. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn werde hierdurch auch nicht in ihrem Wesensgehalt verletzt.
 
Bei der Beihilfe handele es sich lediglich um eine ergänzende Hilfeleistung des Dienstherrn, die zu den Dienstbezügen hinzukomme. Nicht für alle Aufwendungen, die krankheitsbedingt anfallen, müsse der Staat Beihilfe zahlen.
 

Im Rahmen der Fürsorgepflicht hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum

Im Rahmen seiner Fürsorgepflicht habe der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum. Er dürfe insbesondere auch haushaltspolitische Erwägungen mit einbeziehen. Das berechtige ihn, bestimmte Behandlungsmethoden generell von der Beihilfezahlung auszunehmen.
 
Dem schließt sich das Verwaltungsgericht Saarlouis an. Die Beihilfe werde aus Steuergeldern finanziert. Die Öffentlichkeit habe ein Interesse daran, dass Steuergelder effektiv und sparsam verwendet würden. Das habe der Gesetzgeber zu beachten. Deshalb sei es gerechtfertigt, die Beihilfe auf erfolgversprechende Heilbehandlungen zu begrenzen
 

Wegen ihrer Schmerzen erhielt die Klägerin auch spezielle Infusionen

Wegen ihrer Schmerzen erhielt die Klägerin auch spezielle Infusionen. Diese seien im Negativkatalog der Beihilfevorschriften nicht enthalten. Grundsätzlich käme dafür eine Kostenübernahme in Betracht. Ebenso wie die Eigenblutbehandlung handele es sich jedoch bei der gewählten Therapie mittels Infusionen um keine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode.
 
Wissenschaftlich allgemein anerkannt seien nur diejenigen Methoden, deren Wirksamkeit von der Wissenschaft positiv eingeschätzt werde. Dazu müssten kontrollierte, wissenschaftliche Standards einer Studie vorliegen. Bloße Erfahrungsberichte von Ärzten reichten dazu nicht aus. Im Falle der Klägerin fehle dies.
 

Bei Außenseitermethoden könne Kosten unter gewissen Voraussetzungen erstattet werden

Bei Außenseitermethoden könnten Kosten jedoch unter gewissen Voraussetzungen erstattet werden, so das Verwaltungsgericht. Beihilfe müsse nämlich „dem Grunde nach“ für die notwendigen Aufwendungen geleistet werden. Hier ergebe sich aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, in Ausnahmefällen auch für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Methoden zu zahlen.
 
Dies gelte für lebensbedrohlich erkrankte Menschen. Es sei nämlich mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, diese von ärztlichen Behandlungsmethoden auszuschließen, wenn für sie eine anerkannte, dem medizinischen Stand entsprechende Behandlung nicht mehr zur Verfügung stehe.
 

Aufwendungen für Außenseitermethoden sind in dem Fall erstattungsfähig

Aufwendungen für Außenseitermethoden seien in dem Fall erstattungsfähig. Dies gelte zumindest dann, wenn es zumindest eine geringe Aussicht gebe, dass die/der Beamt*in durch die Methode geheilt werden könne oder wenn zumindest eine spürbare positive Einwirkung auf den Verlauf der Krankheit möglich sei.
 
Da die Klägerin nicht lebensbedrohlich erkrankt war und die von ihr gewählten Behandlungsmethoden nicht dem allgemeinen Stand wissenschaftlicher Erkenntnis entsprachen, lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag der Klägerin ab.

Verwaltungsgericht des Saarlandes, Urteil vom 21. April 2020

VG Gießen, Urteil vom 26. Juni 2017
 
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Wenn Schulmedizin an Grenzen kommt

Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums