Jurist*innen dürfen nur dann als Rechtsanwält*innen vor Gericht auftreten, wenn sie dafür zugelassen sind. Copyright by Adobe Stock/Yanukit
Jurist*innen dürfen nur dann als Rechtsanwält*innen vor Gericht auftreten, wenn sie dafür zugelassen sind. Copyright by Adobe Stock/Yanukit

Viele Unternehmen beschäftigen Leiharbeitnehmer*innen, um ihr wirtschaftliches Risiko zu minimieren. Auch Jurist*innen werden vielfach im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung an Kanzleien verliehen. Dort fangen sie Arbeitsspitzen ab und unterstützen die fest angestellten Anwält*innen bei deren Schriftsätzen.
 

Der Bedarf an Leihjurist*innen wächst

 
Die Arbeitnehmerüberlassung von Jurist*innen ist gar nicht mehr so selten. Sie arbeiten in den Kanzleien meist als sogenannte „Projektjurist*innen“. Eine deutsche Kanzlei in Düsseldorf wollte es nun wissen: Darf der von ihr ausgeliehene Jurist auch vor Gericht als Rechtsanwalt auftreten?
 
Ein klares „Nein" meinte die Rechtsanwaltskammer Nordrhein-Westfalen dazu. Sie wies den Antrag des Mannes auf Zulassung zum Rechtsanwalt ab. Als Rechtsanwalt dürfe nur derjenige tätig werden, der auch als solcher angestellt sei.
 

Das Gesetz sieht keine Arbeitnehmerüberlassung für Anwaltstätigkeiten vor

 
Die gesetzlichen Regelungen für Anwaltstätigkeiten seien abschließend. Das Gesetz sehe nicht vor, dass die geplante Tätigkeit im Wege der Arbeitnehmerüberlassung erfolge. Die Rechtsanwaltskammer müsse die beantragte Zulassung deshalb versagen.
 
Die Kanzlei wollte das nicht hinnehmen und beschritt den Rechtsweg zum Anwaltsgerichtshof Nordrhein-Westfalen. Die Richter*innen aus Hamm teilten die Auffassung der Kanzlei nicht. Es gebe Neuregelungen im Recht der Syndikusanwaltschaft. Diese Neuregelungen seien abschließend. Sie befassten sich mit möglichen Angestelltentätigkeiten von Rechtsvertreter*innen.
 

Rechtsanwält*innen müssen fest angestellt sein

 
Das Gesetz sehe ganz eindeutig nicht vor, dass Jurist*innen für Kanzleien nach außen als Prozessvertreter*innen auftreten, jedoch nicht bei der Kanzlei fest angestellt seien. Der Anwaltsgerichtshof sehe auch überhaupt keinen Grund dafür, so vorzugehen. Wünsche die Kanzlei einen Außenauftritt, könne sie den*die Jurist*in schließlich auch befristet beschäftigen, also selbst fest anstellen. Möglich sei auch eine Tätigkeit in Untervollmacht, etwa bei der Wahrnehmung von Gerichtsterminen.
 
Das schränkte das Recht auf Berufsfreiheit nach dem Grundgesetz nicht ein. Kanzleien dürften Juristen durchaus auch im Wege der Arbeitnehmerüberlassung beschäftigen. Diese hätten dann aber nicht das Recht,  bei Gericht aufzutreten.
 
Arbeitnehmerüberlassung in der Rechtsanwaltschaft gibt es daher nicht.

Anwaltsgerichtshof Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Januar 2021 – 1 AGH 10/20