Maria kann sich in die Säumnis flüchten. Das bedeutet, dass Maria absichtlich ein Versäumnisurteil in Kauf nimmt.
Was ist ein Versäumnisurteil?
Ein Versäumnisurteil ergeht, wenn eine der Parteien nicht zum Termin der mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung unentschuldigt nicht erscheint. Je nachdem, welche der Parteien nicht kommt, hat die Säumnis unterschiedliche Folgen.
Der Arbeitgeber erscheint nicht
In diesem Fall prüft das Gericht, ob Marias Klage erfolgreich wäre, wenn man allein ihren Sachvortrag zugrunde legt und Argumente des Arbeitgebers unberücksichtigt lässt. Ist das so, gibt das Gericht der Klage statt, wenn Maria es beantragt. Ist das nicht so, weist das Gericht Maria darauf hin. Beantragt sie dann trotzdem ein Versäumnisurteil, wird das Gericht die Klage abweisen.
Maria erscheint nicht
Wenn Maria nicht kommt, erlässt das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers ein Versäumnisurteil und weist die Klage ab.
Wieso kann ein abweisendes Versäumnisurteil für Maria günstig sein?
Weil Maria im Hinblick das Argument „Fehlerhafte Anhörung des Betriebsrats“ nicht fristgerecht vorgebracht hat, läuft sie Gefahr, dass das Gericht es als verspätet zurückweist. Es dürfte dann für das erstinstanzliche Urteil keine Rolle mehr spielen. Aber auch in der zweiten Instanz könnte sich Maria nicht mehr darauf berufen. Denn Argumente, die das Gericht der ersten Instanz zu Recht als verspätet zurückgewiesen hat, darf nach dem Arbeitsgerichtsgesetz auch das Landesarbeitsgericht nicht mehr berücksichtigen.
Geht Maria aber nicht zur mündlichen Verhandlung, ergeht auf Antrag des Arbeitgebers ein Versäumnisurteil. Dagegen kann Maria innerhalb einer Woche Einspruch einlegen. Nach einem Einspruch geht das Verfahren weiter, und Maria kann ihr Argument „Fehlerhafte Anhörung des Betriebsrats“ noch anbringen. Das Gericht kann es dann aber nicht mehr als verspätet zurückweisen. Denn dafür ist Voraussetzung, dass es durch die Verspätung zu einer Verzögerung des Rechtsstreits kommt. Hätte das Gericht Marias Vortrag noch berücksichtigt, und der Arbeitgeber hätte diesen Vortrag bestritten, wäre ein weiterer Termin für eine Beweisaufnahme erforderlich gewesen. Die Erledigung des Rechtsstreits hätte sich also verzögert. Das ist aber bei einem Einspruch gegen das Versäumnisurteil gerade nicht der Fall. Denn dann muss es unabhängig von Marias Fristversäumnis einen neuen Verhandlungstermin geben. Der Rechtsstreit dauert also nicht länger als er gedauert hätte, wenn Maria rechtzeitig mit dem Argument „Fehlerhafte Anhörung des Betriebsrats“ gekommen wäre.
So gelingt es Maria, dass das Gericht sich auch mit der Betriebsratsanhörung befassen muss, obwohl Maria dieses Argument erst nach Ablauf der Frist eingefallen ist, die das Gericht gesetzt hatte.
Rechtliche Grundlagen
§§ 330, 331, 251 a Zivilprozessordnung (ZPO) und §§ 61 a, 59 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG)
Versäumnisurteil gegen den Kläger
Erscheint der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht, so ist auf Antrag das Versäumnisurteil dahin zu erlassen, dass der Kläger mit der Klage abzuweisen sei.
§ 331 ZPO
Versäumnisurteil gegen den Beklagten
(1) 1Beantragt der Kläger gegen den im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Beklagten das Versäumnisurteil, so ist das tatsächliche mündliche Vorbringen des Klägers als zugestanden anzunehmen.
(2) Soweit es den Klageantrag rechtfertigt, ist nach dem Antrag zu erkennen; soweit dies nicht der Fall, ist die Klage abzuweisen.
§ 251a ZPO
Säumnis beider Parteien; Entscheidung nach Lage der Akten
(1) Erscheinen oder verhandeln in einem Termin beide Parteien nicht, so kann das Gericht nach Lage der Akten entscheiden.
(2) 1Ein Urteil nach Lage der Akten darf nur ergehen, wenn in einem früheren Termin mündlich verhandelt worden ist. 2Es darf frühestens in zwei Wochen verkündet werden. 3Das Gericht hat der nicht erschienenen Partei den Verkündungstermin formlos mitzuteilen. 4Es bestimmt neuen Termin zur mündlichen Verhandlung, wenn die Partei dies spätestens am siebenten Tag vor dem zur Verkündung bestimmten Termin beantragt und glaubhaft macht, dass sie ohne ihr Verschulden ausgeblieben ist und die Verlegung des Termins nicht rechtzeitig beantragen konnte.
(3) Wenn das Gericht nicht nach Lage der Akten entscheidet und nicht nach § 227 vertagt, ordnet es das Ruhen des Verfahrens an.
§ 61a Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG)
Besondere Prozeßförderung in Kündigungsverfahren
(1) Verfahren in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind nach Maßgabe der folgenden Vorschriften vorrangig zu erledigen.
(2) Die Güteverhandlung soll innerhalb von zwei Wochen nach Klageerhebung stattfinden.
(3) Ist die Güteverhandlung erfolglos oder wird das Verfahren nicht in einer sich unmittelbar anschließenden weiteren Verhandlung abgeschlossen, fordert der Vorsitzende den Beklagten auf, binnen einer angemessenen Frist, die mindestens zwei Wochen betragen muss, im Einzelnen unter Beweisantritt schriftlich die Klage zu erwidern, wenn der Beklagte noch nicht oder nicht ausreichend auf die Klage erwidert hat.
(4) Der Vorsitzende kann dem Kläger eine angemessene Frist, die mindestens zwei Wochen betragen muss, zur schriftlichen Stellungnahme auf die Klageerwiderung setzen.
(5) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf der nach Absatz 3 oder 4 gesetzten Fristen vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögert oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.
(6) Die Parteien sind über die Folgen der Versäumung der nach Absatz 3 oder 4 gesetzten Fristen zu belehren.
§ 56 ArbGG
Vorbereitung der streitigen Verhandlung
(1) 1Der Vorsitzende hat die streitige Verhandlung so vorzubereiten, daß sie möglichst in einem Termin zu Ende geführt werden kann. 2Zu diesem Zweck soll er, soweit es sachdienlich erscheint, insbesondere
1. den Parteien die Ergänzung oder Erläuterung ihrer vorbereitenden Schriftsätze sowie die Vorlegung von Urkunden und von anderen zur Niederlegung bei Gericht geeigneten Gegenständen aufgeben, insbesondere eine Frist zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte setzen;
2. Behörden oder Träger eines öffentlichen Amtes um Mitteilung von Urkunden oder um Erteilung amtlicher Auskünfte ersuchen;
3. das persönliche Erscheinen der Parteien anordnen;
4. Zeugen, auf die sich eine Partei bezogen hat, und Sachverständige zur mündlichen Verhandlung laden sowie eine Anordnung nach § 378 der Zivilprozessordnung treffen.
3Von diesen Maßnahmen sind die Parteien zu benachrichtigen.
(2) 1Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 gesetzten Frist vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. 2Die Parteien sind über die Folgen der Versäumung der nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 gesetzten Frist zu belehren.
§ 59 ArbGG
Versäumnisverfahren
1Gegen ein Versäumnisurteil kann eine Partei, gegen die das Urteil ergangen ist, binnen einer Notfrist von einer Woche nach seiner Zustellung Einspruch einlegen. 2Der Einspruch wird beim Arbeitsgericht schriftlich oder durch Abgabe einer Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt. 3Hierauf ist die Partei zugleich mit der Zustellung des Urteils schriftlich hinzuweisen. 4§ 345 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt.