Der Arbeitgeber darf fragen, welche Vermittlungsvorschläge sein früherer Arbeitnehmer erhalten hat. Copyright by Adobe Stock / vegefox.com
Der Arbeitgeber darf fragen, welche Vermittlungsvorschläge sein früherer Arbeitnehmer erhalten hat. Copyright by Adobe Stock / vegefox.com

Arbeitgeber werden diese Entscheidung begrüßen, denn das Bundesarbeitsgericht hat darin ganz klar bekräftigt, dass ein Arbeitgeber Auskunft über Vermittlungsvorschläge der Arbeitsverwaltung verlangen darf. Dies soll immer dann gelten, wenn der Arbeitnehmer im Anschluss an einen gewonnenen Kündigungsschutzprozess beantragt, ihm auch den Lohn zu zahlen, der ihm während des Prozesses vom Arbeitgeber vorenthalten wurde.



Gekündigte Arbeitnehmer haben auch Pflichten

Dazu muss man wissen, dass jeder Arbeitnehmer, der gegen seine Kündigung klagt, nicht zur Untätigkeit verdammt ist. Er hat immer auch die Pflicht, das Risiko des Arbeitgebers zu minimieren, Lohn nachzahlen zu müssen. Arbeitgeber wissen jedoch nicht, welche Vermittlungsvorschläge die Agentur für Arbeit oder das Jobcenter dem Betroffenen gemacht haben.

Das Bundesarbeitsgericht hat nun festgelegt, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber diese Vermittlungsvorschläge nennen muss. Doch was steckt hinter dieser Entscheidung? Und warum hat das Bundesarbeitsgericht seine Meinung geändert? Denn so deutlich wurde Arbeitgebern noch kein Anspruch zugesprochen, Auskünfte ihrer Arbeitnehmer zu erhalten.

Arbeitslose erhalten Vermittlungsvorschläge

Meldet sich ein entlassener Arbeitnehmer arbeitssuchend, macht die Agentur für Arbeit ihm Vorschläge zur Vermittlung. Gleiches gilt für die Jobcenter als Träger der Grundsicherung. Im Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht hatte die frühere Arbeitgeberin vom Kläger schriftliche Auskunft darüber verlangt, welche Vermittlungsangebote die Agentur für Arbeit bzw. das Jobcenter ihm gemacht hatten.

Der Kläger hatte nämlich Lohnzahlungen geltend gemacht, die ihm von seiner bisherigen Arbeitgeberin im Kündigungsschutzprozess zunächst vorenthalten worden waren. Diesen Prozess hatte er nämlich gewonnen und wollte nun durchsetzen, auch noch seinen Lohn nachträglich zu bekommen.

Arbeitgeber müssen sich äußern können

Das Bundesarbeitsgericht führt hierzu aus, die Arbeitgeberin habe einen Anspruch darauf, dass der Kläger ihr mitteile, welche Vermittlungsvorschläge er erhalten habe. Dieser Anspruch versetze die Arbeitgeberin nämlich erst in die Lage, sich zu der vom Kläger gewünschten Nachzahlung von Lohn zu äußern. Sie erhalte damit ein Hilfsmittel, um gegen die Zahlungsklage des Klägers argumentieren zu können.

Grundsätzlich müsse niemand einem anderen über seine Belange Auskunft erteilen. Davon könne es allerdings Ausnahmen geben. Das sei zum Bespiel der Fall, wenn ein Mensch von einem anderen etwas verlangen könne, aber nicht wisse, in welchem Umfang, weil nur der andere ihn darüber aufklären könnte. Wäre es einer Partei in einem solchen Fall möglich, eine notwendige Auskunft ohne große Probleme zu erteilen, müsse sie es auch tun. Dadurch dürfe die Beweislast im Prozess aber nicht anders verteilt werden.

Eine besondere rechtliche Beziehung muss vorliegen

Das setze jedoch voraus, dass es eine besondere rechtliche Beziehung zwischen beiden Parteien gebe. Diese ergebe sich hier aus dem Arbeitsvertrag bzw. dessen Abwicklung.

Der Anspruch müsse auch wahrscheinlich existieren. Derjenige, der Auskunft fordere, müsse durch das Verhalten des anderen bereits in seinem bestehenden Recht so betroffen sein, dass für ihn nachteilige Folgen eintreten könnten. Der Anspruch müsse allerdings nicht schon vollständig feststehen. Es genüge, wenn derjenige, der Auskunft erhalten wolle, dadurch Informationen erhalte, die er zur Begründung in einem gerichtlichen Verfahren verwerten könne.

Die Unwissenheit muss entschuldbar sein

Des Weiteren fordere der Anspruch auf Auskunft, dass der Berechtigte nicht wissen könne, wieviel er von dem anderen verlangen könne, ohne dass ihn dafür eine Schuld treffe. Er dürfe nicht selbst zu vertreten haben, dass er im Ungewissen ist. Dazu gehöre auch, dass er selbst nicht in der Lage sei, sich die notwendige Information zu beschaffen.

Dem Kläger müsse es sodann auch zumutbar sein, die gewünschte Auskunft zu erteilen. Hiervon sei auszugehen, wenn die damit verbundenen Belastungen nicht ins Gewicht fielen. Auch bei gravierenden Beeinträchtigungen sei die Erteilung einer Auskunft zumutbar, wenn die Auskunft für den Berechtigten bedeutend sei und der Kläger damit über Gebühr belastet werde.

Im Lohnprozess besteht eine Auskunftspflicht

Angesichts dessen sei der Kläger verpflichtet, seiner früheren Arbeitgeberin die gewünschte Auskunft zu erteilen. Die Arbeitgeberin könne dem Beschäftigten im Lohnprozess nämlich entgegenhalten, er habe sich während des früheren Kündigungsschutzprozesses gar nicht um eine andere Arbeit bemüht. Über konkrete Informationen dazu könne der Arbeitgeber nämlich selbst nicht verfügen

Sozialgeheimnis steht einer Auskunft der Arbeitsverwaltung entgegen

Der gekündigte Arbeitnehmer müsse das Risiko für die Arbeitgeberin minimieren, Lohn nachzahlen zu müssen. Ob er das jedoch getan habe, könne die Arbeitgeberin nicht wissen. Sie sei damit nicht in der Lage, zu beweisen, dass der Kläger es bewusst unterlassen habe, eine andere Arbeit aufzunehmen. Die Agentur für Arbeit und das Jobcenter müssten ihr hierzu auch keine Auskunft erteilen. Dem stehe das Sozialgeheimnis entgegen.

Die Auskunft durch den Arbeitnehmer verändert die Beweissituation nicht

Der Kläger könne die Auskunft auch unschwer geben. Dem stünden auch keine schützenswerten Interessen des Klägers entgegen. Erteile er Auskünfte über Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit bzw. des Jobcenters, werde die Beweissituation im Prozess auch nicht unzulässig verändert.

Selbst wenn er die gewünschte Auskunft erteile, bedeute dies nämlich nicht zwangsläufig, dass er es pflichtwidrig versäumt habe, andere Arbeit zu finden. Die Arbeitgeberin bleibe auch in dieser Situation immer noch verpflichtet, ihre Einwendungen im Verfahren ausführlich zu begründen.

Die alte Rechtsprechung gilt nicht mehr

Das Bundesarbeitsgericht führt abschließend aus, dass die Rechtsprechung zu dieser Frage früher anders war. Zwischenzeitlich habe sich jedoch die Zuständigkeit beim Bundesarbeitsgericht geändert. An der bisherigen Rechtsprechung halte das Gericht nun ausdrücklich nicht mehr fest. Die Rechtslage sei damals anders gewesen.

Heute müsse der Arbeitnehmer im Bereich der Arbeitslosenversicherung aktiv mitwirken. Er müsse sich unverzüglich und persönlich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellen und zwar schon dann, wenn er Kenntnis davon erhalte, dass sein Arbeitsverhältnis ende. Wirke er nicht aktiv mit, führe dies zu erheblichen Sanktionen von Seiten der Arbeitsverwaltung. Diese Pflichten hätten früher in diesem Umfang nicht bestanden.

Die Pflicht zur Auskunftserteilung betrifft nur Vermittlungsvorschläge

Ausgehend hiervon sei der Kläger verpflichtet, seiner früheren Arbeitgeberin Auskunft darüber zu erteilen, welche Vermittlungsvorschläge er von der Agentur für Arbeit bzw. dem Jobcenter erhalten habe. Einen weitergehenden Anspruch, eine Auskunft zu erteilen, hatte die Arbeitgeberin im Verfahren nicht geltend gemacht. Insofern hat das Bundesarbeitsgericht darüber auch nicht entscheiden müssen.

Das sagen wir dazu:

Bislang konnten die Arbeitgeber in einem Gerichtsprozess, in dem es um Verzugslohn geht, nicht verpflichten, Auskunft darüber zu erteilen, welche Vermittlungsvorschläge diese erhalten hatten. Das ist nun anders. Sicher schränkt das etwaiges prozesstaktisches Verhalten der Arbeitnehmer ein. Sie können sich nicht einfach auf die Behauptung zurückziehen, keine andere Stelle bekommen zu haben.

Im Regelfalle wird nach Ablauf der Kündigungsfrist Arbeitslosengeld beantragt und auch gezahlt. Die Pflicht der Arbeitsvermittlung gegenüber, sich um Arbeit zu bemühen, macht die Zahlung des Arbeitslosengeldes nach dem Gesetz erst möglich ansonsten kommt es zu Sperrzeiten.

Von Bedeutung ist nur das böswillige Unterlassen einer Arbeitsaufnahme

Ob und wann ein Arbeitnehmer es böswillig unterlassen hat, eine Beschäftigung aufzunehmen, hat das Bundesarbeitsgericht nicht entschieden. Schlägt er Arbeitsangebote aus, die ihm nicht zumutbar sind, wird es Sanktionen der Arbeitsagentur sicher nicht geben können. Das dürfte dann im Umkehrschluss bedeuten, dass auch der Arbeitgeber im Prozess keine Folgen ableiten kann, die für seinen Arbeitnehmer nachteilig sind.

Fakt ist allerdings, dass sich durch dieses nun vorliegende Urteil des Bundesarbeitsgerichts die Risiken von Arbeitgebern, Lohn aus Annahmeverzug zahlen zu müssen, reduzieren. Vielleicht hilft das, die Vergleichsbereitschaft beider Parteien im Prozess etwas zu fördern.